Aktuelle Dermatologie 2017; 43(04): 128-130
DOI: 10.1055/s-0043-103372
State of the Art
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ästhetische Dermatologie[*]

C. Bayerl
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med Christiane Bayerl
Klinik für Dermatologie und Allergologie, Hauttumorzentrum Wiesbaden
HSK, Dr. Horst Schmidt Kliniken, Helios Verbundklinik
Ludwig-Erhard-Straße 100
65199 Wiesbaden

Publication History

Publication Date:
11 April 2017 (online)

 

In Asien sind es nicht in erster Linie die Falten, die bei der Hautalterung gefürchtet werden. Es ist das Pigment und die unerwünschte fleckige Pigmentierung. Nirgendwo wird daher der Sonnenschutz so konsequent praktiziert wie in Asien, sei es durch Sonnenschutzpräparate oder durch den Einsatz eines Sonnenschirmes.


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In der Tat wurde gezeigt, dass ein Gesicht mit fleckiger Pigmentierung bei gleichem Faltenbild von Beobachtern bis zu 10 Jahre älter geschätzt wird als dasselbe Gesicht mit gleichmäßigem Hautbild. Unerwünscht sind das Melasma, „Altersflecken“/Lentigines sowie postentzündliche Hyperpigmentierungen. Genetische Faktoren, Antikontra­zeptiva und der neue Trend zurück zur Hormonersatztherapie erweitern den Markt für pigmentregulierende Externa gerade in Asien. Nach Objektivierung der Karzinogenese und Myokardinfarkt-Daten aus den US-amerikanischen epidemiologischen Studien wird die Hormonersatztherapie bei Frauen in und nach den Wechseljahren wieder häufiger eingesetzt. Hyperpigmentierungen treten nach dermatokosmetischen Maßnahmen auf und sind der häufigste Grund für postentzündliche Hyperpigmentierungen. Sie werden beobachtet nach Chemical Peeling oder Laser, wenn die Compliance zum Lichtschutz fehlt und besonders bei dunkler Haut vom Fitzpatrick-Phototyp III und IV. Das Proopiomelanocortin (POMC)-Gen kodiert einen Vorläufer in der Hypophyse, in Keratinozyten und in Melanozyten, der in α-MSH, ACTH und β-Endorphin prozessiert wird. Keratinozyten haben die Fähigkeit, beide Melanokortine, α-MSH und ACTH, nach UV-Exposition aus POMC autonom zu bilden.

Kosmetisch störende Hyperpigmentierungen sind charakterisiert durch eine Vermehrung von Melanozyten intraepidermal, im Stratum basale, im oberen Korium und in den Melanophagen. Zu den erworbenen fazialen Hyperpigmentierungen zählen das Melasma, die Riehl-Melanose/Berloque-Dermatitis/pigmentierte Kontaktdermatitits, die Poikilodermie Civatte, die pigmentierte peribukkale Erythrose (Broque), die Erythromelanosis follikularis des Gesichts und des Halses sowie die Epheliden. Epheliden sind aktuell wieder im Trend und werden auf den Laufstegen der Modewelt sogar bewusst „gefälscht“ aufgetragen. Sie verleihen den Eindruck von Jugendlichkeit und Sorglosigkeit analog der Hauptfigur Pippi Langstrumpf aus den Kinderbüchern von Astrid Lindgren.

Pigment und Hautalterung

Hyperpigmentierung ist eine Komponente des Alterungsprozesses. Neben der Guttata Amelanose, die die Heterogenität der Melanozyten kennzeichnet, sind es vor allem die Lentigines, die der Hautalterung zugesprochen werden. Diese sind gut umschriebene, homogen pigmentierte Maculae in Regionen chronisch UV-pigmentierter Haut wie den Armen, dem Stamm, Nacken und Gesicht als erste Zeichen der Photoalterung. Es findet sich eine erhöhte Zahl von Melanozyten proportional zu den verlängerten Reteleisten und konsekutiv eine erhöhte Melaninproduktion vor allem bei hellhäutigen Menschen vom Hauttyp I und II.

An extrinsischen Faktoren ist neben UV vor allem die Rußbelastung gefunden worden. Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs) durchdringen aufgrund ihrer lipophilen Eigenschaften die Hautbarriere. Das Auftreten von Lentigines an Stirn und Wangen ist mit erhöhter Luftverschmutzung assoziiert. PAKs regen als Liganden des Arylhydrokarbon-Rezeptors die Melanozytenproliferation an und rufen im Mausexperiment Hauthyperpigmentierungen hervor.


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Diagnostik

Zur Vorhersage des Therapieansprechens kann das Wood-Licht hilfreich sein. Die Wood-Licht-Diagnostik basiert auf Lagerungscharakteristika des Pigments in Epidermis/Dermis. So zeigt sich hellbraunes epidermales Pigment im Wood-Licht stärker pigmentiert, während aschefarben/blaugraues Pigment in der Dermis im Wood-Licht nicht deutlicher erscheint. Fokale Hyperpigmetierungen können mit der Chromametrie oder der quantitativen Image-Analyse untersucht werden.


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Therapie

Sitzt das Pigment im Zytoplasma des Melanozyten, sind antioxidative präventive Maßnahmen, Tyrosinase-Inhibitoren und das Abschälen der oberflächigen Epidermis indiziert. Bei tief gelegenem Pigment in den Melanophagen der Dermis ist das Ansprechen fraglich.

Bis therapeutische Maßnahmen greifen, ist Camouflage (frz. Tarnung) eine Option, die die Lebensqualität erhöht und sozialer Ausgrenzung vorbeugt.

Tyrosinase-Inhibitoren

Da der Weg vom Tyrosin über Dopaquinon zu Phaeomelanin oder Eumelanin an vielen Stellen über Tyrosinase metabolisiert wird, werden Tyronisase-Inhibitoren therapeutisch eingesetzt. Hydrochinon ist das kompetitive Substrat der Tyrosinase-Enzyme und blockiert die Synthese von Melanozyten-DNA und -RNA. Hydrochinon ist der Goldstandard in Studien zu Bleichcremes. Die „Triple-Therapie“ vereint 4 % Hydrochinon, Tretinoin und ein Steroid in einer Rezeptur. Topische Steroide wirken dabei über eine Verzögerung der Melanozytenproliferation, der Sekretion der Melanozyten und aufgrund ihres antientzündlichen Effektes. Das Tretinoin unterstützt den abschälenden Effekt. Diese Rezeptur ist zwar sehr effektiv, aber auch irritativ.

Einen Pferdefuß hat auch das Hydrochinon: die exogene Ochronose bei dunkelhäutigen Patienten. Tritt diese unerwünschte dunkelgraue Verfärbung der Haut auf, muss auf Alternativen gewechselt werden, wie z. B. den Tyrosinase-Inhibitor 4-n-Butylresorcinol, Rucinol, Lakritzextrakt (Liquiritin), Arbutin oder Kojisäure. Azelainsäure ist eine physiologische Dicarbonsäure, die aus Pityrosporon ovale gewonnen wird und freie Sauerstoffradikale unterdrückt. Dicarboxylsäuren können Tyrosinase kompetitiv hemmen. Zudem inhibiert Azelainsäure die mitochondrialen Enzyme und hat damit zytotoxische Effekte in den Melanozyten. Die Wirkung ist schwächer als Hydrochinon 4 %, dafür ist die Substanz weniger irritativ.


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Vitamin-A-Säurederivate

Vitamin-A-Säurederivate werden sowohl wegen ihrer keratolytischen Wirkung als auch wegen der Herunterregulierung der Tyrosinase eingesetzt. Retinol (Vitamin-A-Alkohol), Retinal (Retinaldehyd), Retinsäure (Vitamin-A-Säure, Tretinoin), Tazarotene und Adapalen erhöhen zudem die Verteilung der Pigmentgranula in den Keratinozyten. Da Tretinointeratogen, sehr lichtempfindlich und irritativ ist, beträgt die obere Richtkonzentration 0,1 %. Adapalen zeigt weniger Irritationen als Tretinoin.


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Chemical Peeling

Pigment in oberflächigen Hautschichten kann durch Chemical Peeling entfernt werden. Hierbei wird der epidermale Zellumsatz gesteigert und die melanisierten Keratinozyten werden abgeschält mit z. B. Alpha-Hydroxy-Säuren (Glykolsäure, Milchsäure), Beta-Hydroxy-Säuren (Salizylsäure, β-Lipohydroxy-Säure [LHA]), Trichloressigsäure oder Rezepturen (Jessner’sche Formulierung, Phenol-Peel). Bei dunkelhäutigen Patienten kann bei fehlendem UV-Schutz eine postentzündliche Hyperpigmentierung auftreten.


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Multimodale Therapie

Unter Multimodaler Therapie versteht man eine sinnvolle Kombination mehrerer Agenzien auch botanischer Herkunft, die die Pigmentierung zurückdrängen, begleitet von konse­quentem UV-Schutz mit Sonnenschutzmitteln. Solche Präparate mit mehreren Inhaltsstoffen kombinieren z. B. Antioxidantien (Vitamin C, Vitamin E, Alpha-Liponsäure, Glutathion, Ubiquinon, Idebenon, Ellagsäure, Resveratrol, N-acetyl-Glucosamin, DNA-Reparatur-Enzyme, Beta-Carotin, 2,5-dimethyl-4-hydroxy-3 (2H)-furanon [DMHF]), Hemmung des Melanosomentransfers über Hemmung von proteaseaktiviertem Rezeptor-2 (PAR-2), Niacinamid als UV-protektive Substanz, Soja-Trypsin-Inhibitoren und zuletzt und umstritten die Plasmin-Inhibitoren.

Diese hemmen die Bindung von Plasmin an die Keratinozyten. Es entsteht daher weniger freie Arachidonsäure und Prostaglandine, was zu einer reduzierten Tyrosinase-Aktivität führt. Tranexamsäure wird topisch oder intradermal appliziert. Tranexamsäure wurde in Studien auch bei Hyperpigmentierungen oral eingesetzt. Die Substanz ist ein synthetischer, dem Lysin verwandter Stoff und ein Fibrinolysehemmer. Entsprechend birgt orale Tranexamsäure ein Thromboserisiko. Bei Melasma zeigte Tranexamsäure 2-mal 250 mg pro Tag gute Wirkung; bei der Prophylaxe postinflammatorischer Hyperpigmentierung nach Q-switched Rubinlaserbehandlung in Japan waren die Effekte enttäuschend.


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Einsatz von Quecksilber

Mitunter werden extreme Wege beschritten, um ein Melasma wieder zu entfernen, wie der Einsatz von Quecksilber als melanotoxische Substanz. Bei chronischen Quecksilbervergiftungen wird ein Symptomenkomplex (Mikromercuralismus) beschrieben mit sporadischer Müdigkeit, Abgeschlagenheit, gastrointestinalen Beschwerden und Intentionstremor (Tremor mercuralis). Quecksilber findet sich in Bleichcremes aus nicht kontrollierten Quellen. Nach Information der Aufsichtsbehörden sind das keine Einzelfälle in Deutschland. Die FDA hat die Konzentration auf unter 1 ppm Hg in Kosmetika limitiert.

Stichproben von Bleichcremes aus USA, China, Taiwan, Japan, Sri Lanka und aus mehreren europäischen Ländern zeigten bei 45 % der Proben Hg-Werte von über 10 000 ppm. Der Einsatz von Quecksilber in Bleichcremes ist ein globales Problem.


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Minimalinvasive Therapieoptionen

Zu den minimalinvasiven Therapieoptionen zählt die Applikation von flüssigem Stickstoff. Anwendung über wenige Sekunden kann die Pigmentintensität reduzieren, da Melanozyten kälteempfindlicher sind als Keratinozyten. Es besteht jedoch das Risiko der Hypopigmentierung. Die Indikation zur Dermabrasion muss wegen des Risikos der Narbenbildung zurückhaltend gestellt werden. Aufgrund des möglichen Risikos einer erneuten oder postentzündlichen Pigmentierung sollten Laser und Blitzlampe erst als letzte Therapieoption nach den Lokaltherapien erwogen und nie ohne Lichtschutz und pigmentreduzierende Folgetherapie geplant werden.

Literatur bei der Autorin.


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Erstveröffentlichung

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in Kompendium Dermatologie 2016; 12: 12 – 15.


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Interessenkonflikt

Die Autorin gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

* Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in Kompendium Dermatologie 2016; 12: 12 – 15.



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Prof. Dr. med Christiane Bayerl
Klinik für Dermatologie und Allergologie, Hauttumorzentrum Wiesbaden
HSK, Dr. Horst Schmidt Kliniken, Helios Verbundklinik
Ludwig-Erhard-Straße 100
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