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DOI: 10.1055/s-0042-1754108
„Ein ganz besonderes Geschenk“: Qualitative Inhaltsanalyse von Interviews mit Patientinnen und Patienten im Rahmen einer randomisierten Studie zur Wirksamkeit einer biografischen Musiktherapie-Intervention („Song of Life“)
Hintergrund Beim „Song of Life“, einer biografischen musiktherapeutischen Intervention, sucht der Patient mit der Musiktherapeutin ein Lied mit lebensbiografischer Bedeutung. Die Musiktherapeutin trägt dieses Lied in der nächsten Sitzung in einem ruhigen Wiegenliedcharakter vor. In der dritten Sitzung erhält der Patient eine CD mit dem „Song of Life“ und das Erlebte wird reflektiert. In einer multizentrischen randomisierten Studie konnten wir im quantitativen Fragebogenteil zeigen, dass diese Intervention im Vergleich zur Kontrollgruppe zu signifikanter Verbesserung von spirituellem Wohlbefinden und Ego-Integrität sowie signifikanter Minderung von Distress führt. Die vorliegende Arbeit vertieft diese Ergebnisse durch die Analyse von Patient:inneninterviews, die im Rahmen der dritten Sitzung geführt wurden.
Methode Es wurden 37 von insgesamt 52 Interviews der Experimentalgruppe mittels qualitativer Inhaltsanalyse kodiert und kategorisiert.
Ergebnisse Bei der Analyse der Interviews ergaben sich drei Themenbereiche: Wahrnehmungen der Patient:innen (Kategorien: Gedanken, Gefühle, körperliche Reaktion), Wirkungen der Intervention auf die Patient:innen (Kategorien: Bedeutung des Liedes, Bedeutung der CD, Perspektiven am Lebensende, Dankbarkeit für Intervention) sowie Stärken und Schwächen der „Song of Life“-Intervention. Ausdrücke der Berührtheit/Ergriffenheit waren: „unter die Haut gehen“, „Glücksmoment“, „wie ein Wunder“; „wirklich ein ganz besonderes, intimes Geschenk.“ Patient:innen empfanden Gelöstheit/Freiheit durch ein Gefühl der Leichtigkeit oder Wärme: „Man kommt in eine Ruhe und merkt gar nichts mehr drumherum. Es ist alles weg, unwichtig. Man hört zu, wird leicht, also wunderschön.“; „Einfach eine Art von Wärme und Nähe, obwohl nichts da war, was warm und nah war, aber das Lied an sich hat Wärme und Nähe ausgestrahlt.“ Oder das Lied wirkte wie ein Katalysator für die eigene Emotionalität, auch für Traurigkeit „Dass ich auf jeden Fall auch mal heulen sollte, dass ich mal Gefühle zeigen sollte. […] Und dass ich es vielleicht auch mal rauslasse innerhalb von meiner Familie, nicht immer nur die coole starke Seite zeige.“
Schlussfolgerung Durch die „Song of Life“-Intervention werden bei Patient:innen vielfältige Reaktionen hervorgerufen. Der überwiegend positive und stark emotionale Charakter dieser Reaktionen trägt zum besseren Verständnis der positiven Wirkungen der Intervention auf spirituelles Wohlbefinden, Ego-Integrität und Distress bei.
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
31. August 2022
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