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DOI: 10.1055/s-0042-1754051
Übereinstimmung von Behandlungsentscheidungen mit dem Behandlungswillen – Entwicklung eines Erhebungsinstruments
Hintergrund Die Übereinstimmung von Behandlungsentscheidungen mit dem Behandlungswillen ist ein Qualitätsmerkmal in der Patientenversorgung – auch und besonders in der Palliativmedizin. Dieses komplexe Outcome zu messen, erweist sich international als methodische Herausforderung. Im Rahmen der BEVOR-Studie mit Bewohnern von Pflegeeinrichtungen wurde ein Instrument zur retrospektiven Untersuchung der Behandlungskongruenz in lebensbedrohlichen Krisen sowie der Qualität der vorausgegangenen Entscheidungsprozesse entwickelt und auf seine Reliabilität untersucht.
Methode Eine Expertengruppe definierte häufige Behandlungsentscheidungen (BE) in potentiell lebensbedrohlichen Ereignissen von Bewohnern in Pflegeeinrichtungen sowie vier Qualitätskriterien des Entscheidungsprozesses im Sinne des Shared Decision Making (SDM). Mittels eines komplexen excel-gestützten Instruments werden BE retrospektiv hinsichtlich der Entscheidungsfähigkeit, Behandlungskongruenz sowie der vier SDM-Prozesskriterien ermittelt. Die Erhebung erfolgt mittels Aktenrecherche und Kurzbefragung der Bewohner, Vertreter und Pflegenden; die 4 Quellen werden für jede BE zu einer Fallakte zusammengeführt. Durch eine Synthese der gemäß Plausibilität gewichteten Informationen wird ein globales Urteil zur Frage der Behandlungskongruenz und Qualität des Entscheidungsprozesses gebildet. Die Reliabilität wurde zwischen 5 Ratern von insgesamt 27 BE überprüft. Für die statistische Auswertung der insgesamt 135 Urteile (5x27) wurde Randolph´s κ berechnet.
Ergebnisse Bei der Beurteilung des Items „Behandlungskongruenz“ liegt eine gute Interrater-Reliabilität vor (κ=0.71 [KI:0.55-0.86]), bei den SDM-Items „Erläuterung der Entscheidungssituation“ und „Erläuterung der Handlungsmöglichkeiten“ eine akzeptable (κ=0.45 [0.28-0.62]; κ=0.43 [0.25-0.62]) und bei den SDM-Items „Gelegenheit der Abwägung von Handlungsmöglichkeiten“ und „Unterstützung bei der letztendlichen Entscheidung“ eine unzureichende (κ=0.37 [KI: 0.24-0.50]; κ=0.32 [KI: 0.19-0.45]).
Schlussfolgerung Auf der Basis von vordefinierten BE ist eine Einschätzung der vordergründigen Behandlungskongruenz möglich. Die Pilot-Untersuchung liefert wichtige Hinweise auf Potenzial und Schwierigkeiten bei der Bewertung der Entscheidungsqualität und auf Möglichkeiten, das Instrument zu optimieren. Eine erneute Reliabilitätstestung des weiterentwickelten Instruments anhand einer größeren Stichprobe ist geplant.
Encore-Abstract: Der Abstract wurde in ähnlicher Weise beim EBM-Kongress 2022 eingereicht und angenommen.
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Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
31. August 2022
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