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DOI: 10.1055/s-0042-1753717
Hitzeindizierte Gesundheitsbeeinträchtigungen und Hitzeschutz für Menschen mit Beeinträchtigung: Stand der Forschung, Herausforderungen und Bedarfe für die Klimafolgenanpassung in Deutschland
Einleitung Aufgrund des Klimawandels werden Hitzeperioden zunehmen. Diese Hitzeperioden weisen gesundheitsschädliche Folgen für Bevölkerungsgruppen mit erhöhter Krankheitslast und Multimorbidität auf, zu denen Menschen mit Beeinträchtigung zweifelsohne zählen. Während die gesundheitlichen Folgen von Hitze auf den menschlichen Organismus weltweit gut belegt sind, werden hitzeindizierte Folgen für die Gesundheit von Menschen mit Behinderung kaum erforscht und es liegen bislang kaum Handlungsempfehlungen für diese Bevölkerungsgruppe vor. Der Beitrag hat zum Ziel 1) hitzebedingte Folgen für die Gesundheit und mögliche Wechselwirkungen bspw. durch Medikation und Polypharmazie aufgrund von Hitze aufzuzeigen. 2) werden Ergebnisse einer qualitativen Interviewstudie mit Fachpersonen zum Kenntnisstand von Hitzefolgen und Hitzeschutz, Wechselwirkungen und präventiven Maßnahmen in Einrichtungen der Behindertenhilfe vorgestellt. Schließlich werden 3) Handlungsempfehlungen für Klient*innen und Angehörige sowie Fachpersonen abgeleitet.
Methoden Zunächst wird relevante internationale Literatur zur Abschätzung hitzebedingter Folgen für die Gesundheit gesichtet. Daneben wurden qualitative Leitfaden gestützte Interviews (N= 4) mit Leitungs- und Fachpersonal in Wohneinrichtungen und Werkstätten für Menschen mit Behinderung in Hessen geführt, um deren Praxis im Umgang mit Hitze und dessen Folgen für die Klient*innen sowie Maßnahmen zum Hitzeschutz zu erfassen.
Ergebnisse Insgesamt liegen weltweit nur wenige Studien für hitzebedingte Folgen für die Gesundheit von Menschen mit Behinderung und Wechselwirkungen aufgrund von Multimorbidität und Polypharmazie sowie Maßnahmen zum Hitzeschutz vor. Ein ähnliches Muster zeigt sich auch in den qualitativen Interviews: Einrichtungen führen zwar bereits Maßnahmen zur Reduzierung von Hitze in Gebäuden und hitzebedingten Folgen für die Gesundheit durch, diese erweisen sich allerdings nicht als ausreichend. Sowohl bauliche Maßnahmen als auch Weiterbildungsmaßnahmen für das Fachpersonal sind nicht vorhanden, um Hitzeschutz für Klient*innen und Fachpersonal künftig zu gewährleisten.
Schlussfolgerung Der Zugang zur individuellen Risikoerkennung ist Voraussetzung für eine professionelle (pflegerische) Strategie zur Prävention von hitzeindizierten Gesundheitsbeeinträchtigungen. Einrichtungen der Pflege und Behindertenhilfe sind gut beraten, wenn sie ihr Fachpersonal in der Kenntnis und in Maßnahmen zur Vermeidung von Hitzeschäden schulen, das Raumklima anpassen und weitere einrichtungsbezogene Maßnahmen zum Hitzeschutz durchführen (z. B. Wohnräume beschatten oder klimatisieren, ausreichende Gabe von Mineralwasser). Daneben besteht Handlungsbedarf auf übergeordneter Ebene, um Hitzeschutz in den Aktionsplänen von Städten und Kommunen auf Menschen mit Beeinträchtigung auszuweiten. Auch ist empfehlenswert, deutschlandweit Erfahrungen der Wohneinrichtungen und Werkstätten für Menschen mit Behinderung im Umgang mit Hitze zu sammeln.
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Publication History
Article published online:
22 August 2022
© 2022. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag
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Germany