Gesundheitswesen 2022; 84(08/09): 753
DOI: 10.1055/s-0042-1753687
Abstracts | DGSMP/DGMS
Vorträge
Thema: Prävention und Gesundheitsförderung

Betriebliche Gesundheitsförderung in Deutschland: Verbreitung, Inanspruchnahme und soziale Disparitäten in der BIBB-/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2018

A Hollederer
 
 

    Einleitung Die Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) umfasst nach der Luxemburger Deklaration des Europäischen Netzwerks für Betriebliche Gesundheitsförderung „alle gemeinsamen Maßnahmen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Gesellschaft zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz.“ Die Sekundäranalyse zielt darauf, die Verbreitung und Inanspruchnahme der BGF in Deutschland zu analysieren.

    Methoden Datenbasis ist die BIBB-/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2018. Sie ist eine randomisierte repräsentative CATI-Erhebung von 20.012 Erwerbstätigen ab 15 Jahren in Deutschland. Der Datenzugang erfolgte über einen Scientific-Use-File des Forschungsdatenzentrums im BIBB (BIBB-FDZ). Es werden Anteilswerte zwischen verschiedenen Gruppen nach sozio-demografischen, betrieblichen und wirtschaftlichen Merkmalen verglichen und eine binäre logistische Regressionsanalyse multivariat kalkuliert.

    Ergebnisse Knapp die Hälfte (47 %) der Erwerbstätigen gibt an, dass in ihrem Betrieb in den letzten zwei Jahren Maßnahmen der BGF durchgeführt wurden. Davon hat die Mehrheit (59 %) an einem Angebot zur BGF in den letzten zwei Jahren teilgenommen. Mit der Betriebsgröße steigen stark die Anteile der Erwerbstätigen, die ein BGF-Angebot im Betrieb bestätigen, aber die Inanspruchnahmequoten sinken. Die BGF variiert ebenfalls beträchtlich nach Wirtschaftsbranchen. Die Erwerbstätigen in Betrieben mit Betriebs-/Personalrat berichten überproportional häufig eine Durchführung der BGF.

    Die Auswertungen belegen soziale Disparitäten zwischen verschiedenen Erwerbstätigengruppen in der BGF. Erwerbstätige mit niedrigem sozio-ökonomischen Status bekunden in relativ geringem Ausmaß BGF-Angebote. BGF wird besonders wenig in Betrieben von Erwerbstätigen ohne Berufsabschluss, in einem befristeten Arbeitsverhältnis, mit Entlassungsgefahr sowie von Leiharbeitnehmern umgesetzt. Erwerbstätige mit ausländischer Staatsangehörigkeit haben im Verhältnis zu deutschen Erwerbstätigen eine geringere Chance, dass in ihrem Betrieb BGF durchgeführt wird.

    Ein sehr guter oder ausgezeichneter Gesundheitszustand geht mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für BGF im Betrieb einher. In Betrieben, in denen die Erwerbstätigen mit der Arbeit insgesamt sehr zufrieden sind, wird deutlich mehr BGF im Betrieb angeboten.

    Schlussfolgerung Die BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2018 gibt Aufschluss über die BGF in Deutschland, die derzeit nur bei knapp der Hälfte der Erwerbstätigen und bei einer Minderheit der Betriebe umgesetzt wird. Die Studie zeigt jedoch große Disparitäten in der BGF nach Betriebsmerkmalen, sozio-demografischen Charakteristika und beruflicher Qualifikation auf. Der Vergleich mit früheren Erhebungswellen deutet auf einen moderaten Ausbau der BGF bei zurückgehenden Inanspruchnahmequoten in Deutschland hin. Es braucht zielgruppenspezifische Handlungsstrategien in der BGF, um sowohl Kleinbetriebe als auch innerhalb von Betrieben die Erwerbstätigen mit niedrigem sozio-ökonomischen Status besser zu erreichen.


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    Publication History

    Article published online:
    22 August 2022

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