Gesundheitswesen 2022; 84(08/09): 747
DOI: 10.1055/s-0042-1753672
Abstracts | DGSMP/DGMS
Vorträge
Thema: Prävention und Gesundheitsförderung

Verläufe des Alkoholkonsums bei Menschen mit risikoarmem vs. riskantem Konsum: 3-Jahres-Ergebnisse der randomisiert-kontrollierten Studie PRINT

S Baumann
1   Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Abteilung Methoden der Community Medicine, Greifswald, Deutschland
,
A Staudt
1   Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Abteilung Methoden der Community Medicine, Greifswald, Deutschland
2   Technische Universität Dresden, Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Dresden, Deutschland
,
J Freyer-Adam
3   Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Medizinische Psychologie, Greifswald, Deutschland
4   Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung, Standort Greifswald, Greifswald, Deutschland
,
G Bischof
5   Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Lübeck, Deutschland
,
C Meyer
4   Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung, Standort Greifswald, Greifswald, Deutschland
6   Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Abteilung Präventionsforschung und Sozialmedizin, Greifswald, Deutschland
,
U John
4   Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung, Standort Greifswald, Greifswald, Deutschland
6   Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine, Abteilung Präventionsforschung und Sozialmedizin, Greifswald, Deutschland
› Author Affiliations
 

Einleitung Selbst geringe Trinkmengen sind mit erhöhten Erkrankungsrisiken verbunden. Wir wissen bisher kaum etwas darüber, wie sich der Konsum bei Menschen mit geringen Trinkmengen über die Zeit entwickelt und wie gut Interventionen zur Reduktion von Alkoholkonsum bei ihnen wirken. Ziel der Arbeit war, Subpopulationen mit unterschiedlichen zeitlichen Verläufen des Alkoholkonsums in einer Allgemeinbevölkerungsstichprobe zu identifizieren und den Effekt einer Intervention zur Reduktion des Alkoholkonsums auf die Verläufe zu untersuchen.

Methoden In einem Bürgeramt wurden 1646 Menschen im Alter von 18 bis 64 Jahren und mit Alkoholkonsum in den letzten 12 Monaten proaktiv rekrutiert (56% weiblich, M = 31 Jahre, Teilnahmerate: 67%) und erhielten entweder Befragungen und computergenerierte individualisierte Feedbackbriefe zu Baseline, nach 3 und 6 Monaten (Interventionsgruppe) oder nur Befragungen (Kontrollgruppe). Nach 1 und 3 Jahren wurden Follow-Up-Befragungen durchgeführt. Outcome war die Anzahl pro Woche konsumierter alkoholischer Getränke. Verschiedene Verläufe des Alkoholkonsums bei Personen mit risikoarmem vs. riskantem Konsum nach dem Alcohol Use Disorders Identification Test-Consumption (AUDIT-C) und der Einfluss der Intervention wurden mit Hilfe von Mehrgruppen-Mischverteilungsmodellen geschätzt. Ein AUDIT-C-Summenscore von 1 bis 3 bei Frauen und von 1 bis 4 bei Männern wurde als risikoarmer Alkoholkonsum, ein Summenscore von 4 bis 12 bei Frauen und von 5 bis 12 bei Männern als riskanter Alkoholkonsum gewertet. Menschen mit Hinweis auf eine Alkoholgebrauchsstörung (AUDIT-Summenscore von 20 oder höher, n = 8) wurden nicht in die Analyse einbezogen.

Ergebnisse Unter den Studienteilnehmenden waren 1085 Menschen mit risikoarmem und 533 mit riskantem Alkoholkonsum zu Baseline. Bei Menschen mit risikoarmem Alkoholkonsum wurden die zeitlichen Verläufe „sehr gering–steigend“ (52%), „konstant nahe Null“ (32%) und „gering-steigend“ (16%) identifiziert, bei Menschen mit riskantem Alkoholkonsum „gering-stabil“ (47%), „moderat-stabil“ (45%) und „hoch-sinkend“ (8%). Nach 3 Jahren bewirkte die Intervention bei Menschen mit gering–stabilem Verlauf eine signifikante Reduktion in der Anzahl pro Woche konsumierter alkoholischer Getränke (Inzidenzratenverhältnis = 0,50; 95% Konfidenzintervall = 0,28–0,88; p = 0,017).

Schlussfolgerung Zwei Drittel der Menschen mit risikoarmem Alkoholkonsum erhöhten ihre durchschnittliche Trinkmenge über die Zeit. Die große Mehrheit der Menschen mit riskantem Konsum zeigte ohne Intervention ein zeitlich stabiles Trinkmuster. Unsere Daten weisen darauf hin, dass in dieser Gruppe langfristig besonders Menschen mit geringen durchschnittlichen Trinkmengen von computergenerierten individualisierten Feedbackbriefen profitieren könnten.



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Article published online:
22 August 2022

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