Einleitung Mit einer Jahresprävalenz von 11% sind Schwindelsyndrome sehr häufig, können jedoch nur in unter 20% der Fälle spezifisch diagnostiziert werden. Zudem trägt insbesondere die Fehlallokation kranialer Bildgebungen zu einer immensen sozioökonomischen Belastung bei. Apparative Diagnostika wie die Videookulographie (VOG) zeichnen sich oft durch veraltete und teure Sensortechnologie sowie geringe Verfügbarkeit aus. In aktuellen Smartphones sind hochentwickelte Kamerasysteme integriert, die ein robustes Tracking der Augen- und Kopfbewegungen erlauben und somit breit verfügbare wie günstige Alternativen für die neurootologische Diagnostik in Aussicht stellen.
Material & Methoden Es wurde ein nativer App-Prototyp für das mobile Betriebssystem iOS entwickelt, der die TrueDepth-Kamera aktueller iPhones nutzt, um zweidimensionale Zeitseriendaten von Augen- und Kopfbewegungen mit einer temporalen Auflösung von 60 Hz aufzuzeichnen und darzustellen. Zudem wurde die Wiedergabemöglichkeit von standardisierten Reizen (optokinetischer Nystagmus, Blickfolgetest) mit variabler Geschwindigkeit integriert.
Ergebnisse Mit dem App-Prototypen konnten bei gesunden Probanden Messungen der Okulomotorik und von Kopfbewegungen mit hoher spatiotemporaler Präzision durchgeführt werden. Die Provokation des optokinetischen Nystagmus erlaubte eine suffiziente Intensitäts- und Richtungsbestimmung der Nystagmen. Darüber hinaus war es möglich, eine kalorische Testung der Vestibularorgane mit Darstellung entsprechender Reiznystagmen durchzuführen.
Diskussion Unsere Ergebnisse demonstrieren, dass die Smartphone-basierte neurootologische Diagnostik das Potential hat, mobile, präzise und kosteneffiziente Lösungen auf Basis quantitativer Daten in verschiedenen Szenarien realisieren zu können.