Nuklearmedizin 2022; 61(02): 153
DOI: 10.1055/s-0042-1745986
Abstracts | NuklearMedizin 2022
Leuchtturm
Neurologie

Dopaminerge Mechanismen der kognitiven Flexibilität

I. Miederer
1   Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Mainz
,
H. Buchholz
1   Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Mainz
,
C. Eckart
2   Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Psychologie, Frankfurt
,
L. Rademacher
2   Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Psychologie, Frankfurt
,
D. Kraft
2   Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Psychologie, Frankfurt
,
B. Tzanova
1   Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Mainz
,
M. Piel
3   Institut für Kernchemie, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
,
C. Fiebach
2   Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Psychologie, Frankfurt
,
M. Schreckenberger
1   Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Mainz
› Author Affiliations
 

Ziel/Aim Unter kognitiver Flexibilität versteht man u. a. die Fähigkeit, das eigene Verhalten flexibel an eine sich ändernde Umgebung anzupassen. Experimentell wird diese Fähigkeit mit dem schnellen Wechsel zwischen zwei konkurrierenden Aufgabenregeln operationalisiert. Auf neuronaler Ebene konnte in präklinischen und klinischen Studien gezeigt werden, dass die dopaminerge Neurotransmission dabei eine wichtige Rolle spielt. Ziel dieser Studie ist die direkte Untersuchung der dopaminergen Vermittlung von kognitiver Flexibilität im präfrontalen Kortex mittels Positronen-Emissions-Tomographie (PET).

Methodik/Methods 17 Probanden (8 m, 9 w; mittleres Alter: 31 Jahre) wurden in einer PET-Studie mit 172±10 MBq des D2/3-Rezeptorliganden [18F]Fallyprid gemessen, während sie im ersten Teil an einem Computer-Bildschirm nur je einen Aufgabentyp ohne Regelwechsel bearbeiteten (Baseline-Block, 69 min) und im zweiten Teil nach 100 min p. i. zwischen der Bearbeitung von zwei Aufgabenregeln wechselten (Task-Block, 60 min; Stimuli: Ziffern von 1–9 ohne 5; Aufgaben: gerade-ungerade-Entscheidungen sowie>/<5-Entscheidungen). Die Dopaminausschüttung (γ) wurde anhand des LSRTM (linearized simplified reference region model) mit PMOD V 4.2 quantifiziert. Als Verhaltensmaß für kognitive Flexibilität wurden die mittleren Reaktionszeiten während des Aufgabenwechsels in Bezug zu dem Baseline-Block gesetzt (mixing costs).

Ergebnisse/Results Wie erwartet, zeigen sich mixing costs im Sinne einer Verlangsamung der Reaktionszeiten im Task-Block (Aufgabenwechsel) relativ zum Baseline-Block. Aus der vorläufigen statistischen Auswertung der parametrischen γ-Bildern geht hervor, dass der kognitive Prozess des Wechsels zwischen Aufgabenregeln eine Verdrängung des D2/3-Rezeptorliganden [18F]Fallyprid im ventro-medialen präfrontalen Kortex induzierte (γmean=0.022 min-1, Tmax=16.4, Clustergröße: 1.850 Voxels, pkorrigiert<0.001).

Schlussfolgerungen/Conclusions Dies ist die erste experimentelle PET-Studie, die eine direkte Beteiligung von Dopamin im ventro-medialen präfrontalen Kortex bei einem Aufgabenwechsel-Paradigma zeigt und somit Modellannahmen zu den neurochemischen Grundlagen der kognitiven Flexibilität direkt bestätigt.



Publication History

Article published online:
14 April 2022

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