Der Klinikarzt 2016; 45(12): 640
DOI: 10.1055/s-0042-122829
Forum der Industrie
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Vorbehandelte Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom

Trifluridin/Tipiracil bietet Chance auf verbessertes Gesamtüberleben
Petra Ortner
1   München
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Publication Date:
30 December 2016 (online)

 

Dank der Therapiefortschritte der letzten 15 Jahre könne man heute für Patienten mit mCRC von einem medianen Gesamtüberleben von etwa 30 Monaten ausgehen, berichtete Prof. Per Pfeiffer, Odense, Dänemark. Ziel sei, möglichst vielen Patienten eine Therapie über die dritte Therapielinie hinaus zukommen zu lassen. Allerdings sei die Toxizität der Therapien nach der Second Line Therapie der häufigste Grund für einen Therapieabbruch so die Meinung des Auditoriums. Gemäß der aktuellen ESMO-Leitlinien sollten 50-60 % der als fit eingestuften Patienten eine Drittlinientherapie erhalten [1].

Seit kurzem steht in Deutschland nun mit Lonsurf® (Trifluridin/Tipiracil) eine Option für Patienten mit intensiv vorbehandeltem mCRC zur Verfügung, die auch Eingang in verschiedene Leitlinien wie die Consensus Guidelines der European Society for Medical Oncology (ESMO), die Empfehlungen des National Institute for Health and Care Excellence (NICE) des Vereinigten Königreichs und des National Comprehensive Carcer Network (NCCN) der USA gefunden hat, berichtete Prof. Eric van Cutsem, Leuven, Belgien. Die aktive Substanz ist der Antimetabolit Trifluridin, der eigentlich rasch enzymatisch abgebaut wird. Das beigefügte Tipiracil inhibiert diesen zu raschen Abbau und erhält somit einen längeren pharmakodynamischen Wirkspiegel des Trifluridin.

RECOURSE-Studie: Signifikant längeres Gesamtüberleben

In der randomisierten Phase-III-Studie RECOURSE erreichte Trifluridin/Tipiracil bei Patienten, die refraktär zur Standardtherapie waren oder diese nicht vertrugen, eine klinisch relevante Verbesserung im progressionsfreien und im Gesamtüberleben im Vergleich zu Placebo [2]. Primärer Endpunkt der Studie war das Gesamtüberleben. Die Patienten mit einem ECOG-Status von 0-1 mussten mindestens 2 Standardchemotherapien erhalten und innerhalb von 6 Monaten ein Rezidiv oder innerhalb von 3 Monaten einen Krankheitsprogress erlitten haben. Sie erhielten über 2 Wochen Best Supportive Care (BSC) und entweder zweimal täglich Trifluridin/Tipiracil (35 mg/m2) oder Placebo an 5 aufeinanderfolgenden Tagen mit 2 Tagen Pause. Diese Behandlung wurde alle 4 Wochen wiederholt. Alle 800 Patienten hatten zuvor eine Fluoropyrimidin-, Oxaliplatin- bzw. Irinotecan-basierte Chemotherapie sowie Bevacizumab erhalten, Patienten mit KRAS-Wildtyp waren mit Cetuximab oder Panitumumab behandelt worden. Das mediane Alter lag bei 63 Jahren. Trifluridin/Tipiracil verlängerte das Gesamtüberleben von 5,3 Monaten in der BSC+Placebo-Gruppe auf 7,1 Monate signifikant. Dies entsprach einer Reduktion des Sterberisikos um 32 % (HR 0,68; p < 0,001). Die finale Analyse der Überlebensdaten zeigten eine weitere leichte Verbesserung des Gesamtüberlebens auf 7,2 Monate unter Trifluridin/Tipiracil gegenüber 5,2 Monaten im Placebo-Arm (p < 0,0001). Die 1-Jahres-Überlebensrate verbesserte sich absolut um 10,5 % [3]. Der Überlebensvorteil trat gleichermaßen bei älteren und jüngeren Patienten auf. Aufgrund seiner guten Effektivitäts-/ Toxizitätsrelation biete sich Trifluridin/Tipiracil auch als Kombinationspartner für Biologicals in früheren Therapielinien des CRC an.

Die Zeit bis zur Verschlechterung des Allgemeinzustandes der Patienten von ECOG 0 und 1 auf einen ECOG-Status ≥2 war in der RECOURSE-Studie unter Trifluridin/Tipiracil mit 5,7 Monaten signifikant länger als unter alleiniger BSC (4,0 Monate; HR 0,66; p < 0,001). „42 % der mit Trifluridin/Tipiracil plus BSC behandelten Patienten blieben fit und konnten anschließend noch eine weitere Therapie erhalten“, so Van Cutsem. Die Verträglichkeit der Chemotherapie mit Trifluridin/Tipiracil war gut, im Vergleich zur alleinigen BSC traten v.a. mehr geringgradige gastrointestinale und hämatologische Ereignisse auf. „So kam es beispielsweise bei 48 % der Patienten zu Nausea, aber nur bei 2 % der Patienten war diese von Grad 3 oder höher“, berichtete Van Cutsem. Auch höhergradige Diarrhoen traten mit 3 % nur selten auf. Bei jeweils 77 % der Patienten, bei welchen es zu einer Leukopenie oder Anämie kam, waren diese hämatologischen Nebenwirkungen nur bei 21 % bzw. 18 % der Patienten von Grad 3 oder höher. Prof. Julien Taieb, Paris, unterstrich, dass nur sehr wenige Patienten die Behandlung aufgrund von Unverträglichkeiten abbrachen. So brachen im Verum-Arm 4 % der Patienten die Studie aufgrund unerwünschter Ereignisse ab, im Placebo-Arm waren es 2 %. Dosisreduktionen waren nur bei 14 % der mit Trifluridin/Tipiracil plus BSC behandelten Patienten notwendig, sodass die meisten Patienten die volle geplante Dosis erhalten konnten was für den Therapieerfolg wichtig ist, so Taieb.


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Patienten bleiben unter Trifluridin/ Tipiracil fit

Fitte Patienten mit gutem Performance Status (PS) vertragen aggressive Therapien besser, haben weniger Nebenwirkungen und Dosisreduktionen seien seltener notwendig, was wiederum Auswirkungen auf den Outcome habe, erklärte Taieb. „Patienten mit einem Performance Status von 2 haben ein schlechteres progressionsfreies und Gesamtüberleben als Patienten mit einem Performance Status von 0-1“ [4]. In der RECOURSE-Studie hatten 65 % der mit Trifluridin/Tipiracil behandelten Patienten, die zu Studienbeginn einen PS 0 hatten, auch bei Studienende noch einen PS 0, 28 % dieser Patienten hatten einen PS 1. Von den Patienten im Verum-Arm, die zu Beginn einen PS 1 hatten, hatten 70 % bei Studienende weiterhin einen PS 1 [5]. „84 % der mit Trifluridin/Tipiracil behandelten Patienten hatten bei Studienende immer noch einen ECOG-PS von 0 oder 1“, berichtete Taieb. Man könne davon ausgehen, dass Trifluridin/Tipiracil weder PS noch Lebensqualität der Patienten negativ beeinträchtige, selbst eine Rechallenge sei nach der Therapie möglich, so Taieb.

Quelle: Satellitensymposium „Enhancing new possibilities in the metastatic colorectal cancer patient“ am 9. Oktober 2016 im Rahmen des ESMO-Kongresses in Kopenhagen. Veranstalter: Servier Deutschland GmbH.


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