Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(01): 31-35
DOI: 10.1055/s-0042-122160
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Medizinische Beratung – Gut gerüstet? Ärztliche Beratung im Kontext genetischer Pränataldiagnostik in Deutschland

Dagmar Schmitz
,
Wolfram Henn
,
Vasilija Rolfes
,
Tim Ohnhäuser
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
30. Januar 2017 (online)

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Fazit

Die hier vorgestellte Untersuchung ging der Frage nach, ob die in der Pränatalmedizin tätigen Ärzte auch durch die neuen formalen Regulierungen ihres Arbeitsbereichs gut gerüstet für den Umgang mit den neuen Technologien im Bereich der Pränataldiagnostik sind. Während die Ergebnisse nun einer aktuellen Kontextualisierung aus der Schwangerenperspektive bedürfen, können doch erste Schlüsse gezogen werden.

Mit Blick auf die ärztliche Qualifikation sind die Ergebnisse ernüchternd. Die neuen nicht invasiven Verfahren der Pränataldiagnostik wurden 2014 bereits von etwa der Hälfte der Teilnehmer eingesetzt. Über die nach GenDG erforderliche Qualifikation verfügten jedoch nicht alle Anbieter
und eine Mehrheit der Befragten lehnt darüber hinaus den Einbezug externer humangenetisch-beraterischer Expertise ab. Es bestehen große individuelle Unterschiede in der Praxis der Aufklärung und Beratung, ebenso wie in der Inanspruchnahme von Fortbildungs- und Informationsquellen.

Entscheidungsprozesse im Kontext von genetischer Pränataldiagnostik jedoch benötigen gut ausgebildete und informierte Ärzte, da nur sie die informationelle Selbstbestimmung der Schwangeren ermöglichen und den Schutz der informationellen Selbstbestimmung des zukünftigen Kindes gewährleisten können. Ausbildungs- und Wissensdefizite aufseiten der beratenden Ärzte können im pränataldiagnostischen Kontext besonders dramatische Auswirkungen haben, denen unbedingt vorgebeugt werden sollte. Der ganz aktuelle Regelungsbedarf im Bereich der fachgebundenen genetischen Beratung bietet eine Chance, den für viele Ärzte unübersichtlichen Zugang zu unterschiedlichsten Qualifizierungsangeboten zu systematisieren und zu vereinheitlichen und sie so besser auf die neuen beraterischen Herausforderungen im Umgang mit pränataldiagnostischen Verfahren vorzubereiten.