Zeitschrift für Phytotherapie 2016; 37(06): 267
DOI: 10.1055/s-0042-121239
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Die 31. Südtiroler Herbstgespräche in Meran

Bernhard Uehleke
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Publication Date:
25 January 2017 (online)

 

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Prof. Dr. Wolfgang Kubelka und Prof. Dr. Sabine Glasl-Tazreiter begrüßten am 22.Oktober 2016 die über 100 Teilnehmer der traditionsreichen Veranstaltung ­„Phytotherapie und Phytopharmaka – ­Praxis und Wissenschaft“ mit dem dies­jährigen Schwerpunkt Gynäkologie.

Bei der pharmakobotanischen Exkursion zeigten die Leiter PD Dr. Reinhard Länger und Prof. Dr. Johannes Saukel zahlreiche Pflanzen mit Bedeutung für die Phytotherapie und gaben Hintergrundinformationen. Während der ausgiebigen Wanderung kamen die Teilnehmer in zwanglose Fachgespräche.

Frau Prof. Dr. Liselotte Krenn führte in die präklinischen Grundlagen der Pflanzen in der Frauenheilkunde und deren Wirkmechanismen ein. Die präklinische Forschung unterscheidet Phytöstrogene mit Bindung an α- und β-Östro­gen­re­zep­toren von SERMs, die wahrscheinlich nicht über Östrogenrezeptoren wirken. Frau Doz. DDr. Ulrike Kastner stellte bei ihrem Thema „Phytotherapie in Schwangerschaft und Stillzeit“ heraus, dass einschlägige Heilpflanzen unter entsprechender Indikationsstellung bei Unruhe und Schlafstörungen, Verdauungsstörungen, Hyperemesis gravidarum, Venenbeschwerden, Depressionen und zur Anregung des Milchflusses eingesetzt werden können. Das Heranziehen der ­Datenbank http://embryotox.dewurdeempfohlen.

Mönchspfeffer: gute Evidenz

Die Frauenärztin Dr. Ruth Illing berichtete über traditionelle pflanzliche Arzneimittel, wobei sie das spezielle Modell nach Jeremy Ross vorstellte, bei dem westliche Pflanzen nach den Kriterien der TCM ­eingeordnet und für Kombinationstees ausgewählt werden. Prof. DDr. Bernhard Uehleke zeigte auf, dass die klinische Evidenz zu Mönchspfeffer bei zyklusabhängigen Beschwerden dank überzeugender Studien bis hin zum klinischen Vergleich unterschiedlicher Dosierungen als sehr gut einzustufen ist. Hingegen zeigen mehrere hochrangig publizierte Metaanalysen zu klimakterischen Beschwerden eine ungenügende Evidenz. Im krassen Gegensatz dazu kommen iranische Experten in ihrer Metaanalyse zur Schlussfolgerung, dass eine recht umfangreiche Liste von sog. „iranischen Heilpflanzen“ als gut belegt einzustufen sei.

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PD Dr. Reinhard Länger bei der pharma­ko­botanischen Exkursion oberhalb von Meran.

Prof. Dr. Karl-Heinz Wagner brachte in seinem Vortrag „Genderernährung als ­Baustein für Antiaging“ Beispiele für geschlechtsabhängiges Ernährungsverhalten, woraus sich Ansätze für gesundheitsrelevantes Verhalten ableiten. Prof. Dr. Elke Heiß stellte in ihrem Vortrag „Molekulare Mechanismen von Naturprodukten – Forschungsspielerei oder Praxisrelevanz“ modernste Forschungsmethoden vor, mit denen auch aus Vielstoffgemischen relevante Mechanismen erkannt werden können. ­Somit gefundene aktive Prinzipien kön- nen sowohl zur Verbesserung von Phytopharmaka als auch zur Leitstrukturentwicklung neuer Medikamente genutzt werden. Vorsicht sei allerdings angebracht bei der Übertragung präklinischer Ergebnisse auf die Klinik, da viele Stoffe erst verändert in die Zielgewebe gelangen.

Univ-Doz. Dr. Länger berichtete „Neues zur Risikobewertung von Arzneipflanzen“. Er beschrieb das Vorgehen mit Sicherheits­abständen bei in entsprechenden Tiermodellen auffälligen Stoffen. Aber auch alte Indikationen werden bei entsprechen­den Entwicklungen revidiert.


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Integrative Gynäkologie im Krankenhaus Meran

Dr. Christian Thuile führte mit einer Übersicht über die im Modell der integrativen Gynäkologie des Krankenhauses Meran die dabei verwendet Heilpflanzen auf. In dem anschließenden Workshop mit Fallpräsentationen wurden interaktiv mit den Teilnehmern phytotherapeutische Konzepte vorgestellt und diskutiert.

Alle Beiträge wurden recht kritisch und teilweise sehr kontrovers diskutiert. Es ist bemerkenswert, dass es dank des Engagements der Veranstalter noch solche Veranstaltungen in einer solch schönen Atmosphäre gibt.

Dr. Dr. Bernhard Uehleke, Berlin


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PD Dr. Reinhard Länger bei der pharma­ko­botanischen Exkursion oberhalb von Meran.