Aktuelle Rheumatologie 2016; 41(06): 439
DOI: 10.1055/s-0042-119966
Buchbesprechung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kunst und Rheuma

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Publication Date:
03 January 2017 (online)

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Die Rheumatologen beschäftigen sich, ähnlich wie wir Dermatologen, seit langem auch mit den Krankheiten ihrer Fächer in der bildenden Kunst. Dies ist verständlich, da wir die Symptome sehen und die funktionellen Folgen ahnend ableiten können. Diese Bemühungen sind in der Literatur verankert. Nun kommt ein neuer, reich bebilderter Band „Kunst und Rheuma“ hinzu, in französischer und auch in deutscher Sprache. Die Autoren sind André G. Aeschlimann, Ärztlicher Direktor der Rheumatologie an der RehaClinic im schweizerischen Bad Zurzach und Beat A. Michel, Direktor der Universitäts-Rheumaklinik Zürich. Herausgegeben wird das wertvolle Buch von „Rheuma Schweiz“.

Sie schreiben liebevoll und präzise für interessierte Laien und für Fachleute, für Patienten und deren Angehörige. Dies geschieht in 13 Geschichten über betroffene Künstler und deren Erkrankungen im Leben wie auch in ihren Bildern. Es sind Begegnungen mit Rubens, Renoir, Dufy und Jawlensky, und solche über Klee, Niki de Saint-Phalle und Toulouse-Lautrec. Leben, Werk und Krankheit wird aus der Sicht des Arztes sehr einfühlsam und erfreulicherweise ohne kunsthistorische Ambitionen dargestellt. Über Rheuma und Gicht wird erzählt, über das antientzündliche „Wundermedikament“ Cortison ebenso wie über umweltbedingte Erkrankung wie Bleivergiftung und kunststoffinduzierte systemische Sklerose mit Lungenbeteiligung. Auffällig erscheint die Häufung der entzündlichen rheumatischen Arthritis mit chronisch-schubweisem Verlauf und assoziierten Symptomen bei vielen Malern. Sie lässt Vermutungen über Zusammenhänge mit den Farben und den Lösungsmitteln aufkommen. Toxizität und Dosisprobleme spielen eine Rolle und die Besonderheiten der chronischen, meist unterschwelligen Exposition werden hervorgehoben. Hier kommt die Mitwirkung des Kunststoffchemikers Wolfgang Kaiser zum Tragen. Bei der Systemischen Sklerodermie von Paul Klee wird auf den umfassenden Arbeiten des Thuner Dermatologen und Berner Ehrendoktors Hans Suter abgestützt und zudem die Frage aufgeworfen, ob der schubweise Verlauf der Erkrankung nicht nur zeitlich mit Schaffensphasen zusammenhängt und ob die Kunst ohne Krankheit die gleiche wäre.

Zur Bewertung der angeborenen Missbildung von Henri de Toulouse-Lautrec wird die Hilfe der Kinderärztin Florence A. Aeschlimann beigezogen.

Das Werk ist mit prächtigen Bildern ausgestattet und gut dokumentiert. Bildergeschichten in jeder Beziehung und sehr ansprechend präsentiert – ein Genuss!

Prof. Dr. Ernst G. Jung, Heidelberg