physiopraxis 2017; 15(01): 8-12
DOI: 10.1055/s-0042-119480
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Spitzenaustausch – Forschungssymposium Physiotherapie

Physiotherapeutische Forschung ist in Deutschland angekommen. Das ließ sich im Herbst in Bochum beobachten: Sich austauschen, vernetzen, aktuelle Forschungsprojekte kennenlernen – Wissenschaftler aus dem Bereich Physiotherapie, Vertreter der Berufsverbände, in Kliniken und Reha-Einrichtungen tätige Therapeuten und Ärzte sowie Studierende der Physiotherapie nutzen die Chance, diese drei Ziele zu vereinen. 250 von ihnen waren am 17. und 18. November 2016 zum Forschungssymposium Physiotherapie gekommen, das die Hochschule für Gesundheit (hsg) gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Physiotherapiewissenschaften (DGPTW) organisiert hatte.

Vorab hatte die DGPTW zu ihrer ersten öffentlichen Mitgliederversammlung geladen. Der Vorstand der DGPTW, die sich Anfang 2016 gegründet hat (PHYSIOPRAXIS 4/16, S. 14), warb mit Herzblut um Mitglieder. Viele Teilnehmer unterzeichneten gleich vor Ort den Mitgliedsantrag, um an der Entwicklung einer eigenständigen Physiotherapiewissenschaft mitzuarbeiten und die Professionalisierung der Physiotherapie voranzubringen.

Ein Highlight war die Keynote Lecture von Prof. Dr. Geert Verheyden, der humorvoll aufzeigte, was Therapeuten tun (und lassen) sollten, wenn sie eine wissenschaftliche Laufbahn anstreben. Verheyden hat als klinisch und wissenschaftlich tätiger Physiotherapeut in England, Deutschland und Belgien gearbeitet. Derzeit forscht und lehrt er an der Universität im belgischen Leuven, ist nach wie vor ein paar Stunden am Patienten tätig und verantwortet als Herausgeber die Zeitschrift „Physiotherapy Research International“. Er motivierte die Nachwuchsforscher, sich von Beginn an breit zu vernetzen und Veranstaltungen wie diese ebenso zu nutzen wie Auslandsaufenthalte an Universitäten und Kliniken – und seien sie noch so kurz. Nationale und internationale Netzwerke seien das A und O, und auch die Wahl des Forschungsschwerpunktes sei nicht zu unterschätzen. Denn wer zitiert werden wolle, müsse wirklich Relevantes erforschen.

Was derzeit im deutschsprachigen Raum erforscht wird, zeigten die Kurzvorträge. 21 Arbeitsgruppen stellten ihre Forschungsschwerpunkte und Ergebnisse vor. Dabei wurde deutlich, dass in einigen Bereichen die Vernetzung schon intensiv gelebt wird.

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ABB. 1 Angeregte Gespräche auf dem Forschungssymposium Physiotherapie an der Hochschule für Gesundheit in Bochum
Abb.: hsg
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ABB. 2 Prof. Dr. Geert Verheyden blickte unter dem Titel „A story of Belgian beer, chocolate and physiotherapy research“ humorvoll auf die physiotherapeutische Forschung.
Abb.: hsg
Internet – Abstractband und Mitgliedsantrag

Wer diesmal nicht dabei sein konnte, aber einen Einblick in die derzeitigen Forschungsprojekte in Deutschland und der Schweiz erhalten möchte, dem sei der ausführliche Abstractband zum Symposium empfohlen. Das PDF ist zugänglich unter http://bit.ly/Abstractband_Bochum . Informationen zur DGPTW sowie den Mitgliedsantrag gibt es unter www.dgptw.org .


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Pfegestufen werden zu Pfegegraden – Neu ab Januar 2017

Durch das zweite Pfegestärkungsgesetz, das am 1. Januar 2016 in Kraft trat, wurden die Weichen für einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff gestellt: Zum 1. Januar 2017 wurden die drei Pflegestufen durch fünf neue Pflegegrade ersetzt. Bisher wurde zwischen Pflegebedürftigen mit körperlichen Einschränkungen sowie Pflegebedürftigen mit kognitiven und psychischen Einschränkungen unterschieden. Diese Differenzierung soll künftig wegfallen. Entscheidend sollen allein die persönlichen Beeinträchtigungen und Fähigkeiten jedes Einzelnen sein: Was kann er noch alleine und wobei benötigt er Unterstützung? Das soll den individuellen Bedürfnissen Pflegebedürftiger besser gerecht werden, vor allem Menschen mit Demenz. Die Unterstützung setzt deutlich früher an, so werden beispielsweise in Pflegegrad 1 Menschen eingestuft, die noch keine erheblichen Beeinträchtigungen haben, aber schon in gewissem Maß – zumeist körperlich – eingeschränkt sind. Bei schwerster Beeinträchtigung der Selbstständigkeit, die eine besondere pflegerische Versorgung erfordert, gilt Pflegegrad 5.

NEU PFLEGERRADE 1 BIS 5

Werden Betroffene von Angehörigen gepflegt, können sie Pflegegeld in Anspruch nehmen, das sie auch mit Leistungen der ambulanten Pflege kombinieren können. Zudem erhalten Pflegebedürftige aller Pflegegrade, die im häuslichen Umfeld gepflegt werden, einen zweckgebundenen Entlastungsbetrag. Dieser soll beispielsweise bei der hauswirtschaftlichen Versorgung unterstützen.

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www.pflegestaerkungsgesetz.de


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Stolperfalle Zertifizierung? – Neue Arztpraxis-Software für Heilmittelverordnungen

Verordnen Ärzte über ihr Praxisverwaltungssystem Heilmittel, dürfen sie für das Ausstellen der Rezepte ab dem 1. Januar 2017 nur noch eine von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zertifizierte Software benutzen. Diese soll die Ärzte dabei unterstützen, die Verordnungen korrekt auszustellen. Die Software enthält alle wichtigen Informationen der Heilmittel-Richtlinie und eine frühzeitige Fehlerwarnung. Sie zeigt an, wenn die Verordnung einen besonderen Verordnungsbedarf begründet, und soll so vor Wirtschaftlichkeitsprüfungen schützen.

Als Haken scheint sich für viele Ärzte der Zertifizierungsprozess zu entpuppen. Bis zum Redaktionsschluss war weniger als die Hälfte der Arztpraxisverwaltungssysteme zertifiziert. Verheerend für die Patienten und Therapeuten wäre es, wenn der Arzt aufgrund der fehlenden Zertifizierung keine Verordnungen ausstellt. Als Hintertür für die Ärzte dient der Hinweis im Informationsschreiben der KBV: „Die Neuregelung gilt bundesweit für alle Ärzte, die Heilmittel mittels Praxissoftware verordnen. Wer Vordrucke per Hand ausfüllt, weil er nur sehr wenige Heilmittelverordnungen ausstellt, kann dies auch weiterhin tun.“

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Wissenschaft von der Pike auf – Physio Science Tag in Neustadt

Mit ihrem „Physio Science Tag“ geht die Akademie für Gesundheitsfachberufe Pfalz AG einen ungewöhnlichen, aber äußerst spannenden Weg. Einmal im Jahr lädt sie Referenten ein, die für Schüler und Studierende Vorträge halten und Workshops geben. Die Akademie möchte so ihre Schüler und Studierenden breit informieren und ihnen bereits von der Pike auf den Besuch von Symposien und Kongressen nahebringen. Der Physio Science Tag am 9.11.2016 stand unter dem Motto „Intervention in der Physiotherapie – Worauf reagiert der Organismus?“. Hier ein Auszug aus den äußerst spannenden Vorträgen:

Sportwissenschaftler Dr. Martin Keller aus Fribourg referierte zum Thema „Gleichgewicht – welche Trainingsform bringt was?“. Er zeigte, dass die Anpassungen beim Koordinationstraining entgegen der weit verbreiteten Meinung sehr spezifisch sind: Wer auf einem Therapiekreisel oder einer Slackline trainiert, wird dabei zwar besser, steht aber danach zum Beispiel nicht zwangsläufig auch im Einbeinstand auf festem Boden stabiler.

Das Thema von Sportwissenschaftler Dr. Christian Baumgart aus Wuppertal war die derzeit sehr beliebte „Blackroll“. Er betonte, dass die Wirkung dieses Therapiegerätes keinesfalls belegt ist. Geschweige denn ist klar, auf welchen Mechanismen die mögliche Wirkung genau beruht bzw. beruhen soll. Zudem wies er darauf hin, dass der regelmäßige Gebrauch womöglich zu Störungen des venösen Rückflusses und ungewünschten, adaptationsbedingten Verdickungen des Bindegewebes führen könnte.

Physiotherapeut Dr. Konstantin Beinert sprach zum Thema Vibrationstraining. Die Wirksamkeit des Ganzkörpertrainings auf Vibrationsgeräten ist derzeit nocht nicht eindeutig belegt. Beinert stellte in einer Studie dessen Wirkung der lokalen Applikation von Vibrationen bei chronischen HWS-Beschwerden gegenüber. Er konnte dabei zeigen, dass die Efekte einer einmaligen lokalen Vibrationsapplikation bis zu 24 Stunden nachweisbar sind, im Gegensatz zur Ganzkörpervibration.

Im kommenden Jahr soll bei erfolgreicher Akkreditierung der neuen Hochschule für Gesundheitsorientierte Medizin und Bewegungswissenschaft in Mannheim der Physio Science Tag dort in einem größeren Rahmen stattfinden.

Dr. Konstantin Beinert und Joachim Schwarz


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Weichen für interprofessionelles Lernen stellen – Nationales Mustercurriculum

Es steht außer Frage: Die interprofessionelle Zusammenarbeit spielt bei der Gesundheitsversorgung von Patienten eine wichtige Rolle und beeinflusst die Qualität. Doch die berufsübergreifende Zusammenarbeit ist häufig Wunschgedanke und wird noch zu wenig gelebt. Damit sich das ändert, empfiehlt beispielsweise der Wissenschaftsrat, der Bund und Länder in der Hochschulpolitik berät, das interprofessionelle Lernen und Arbeiten zum Bestandteil der medizinischen Ausbildung zu machen. Kooperationen müssen vorbereitet werden und ihren Platz in der Ausbildung finden. Der Impuls wurde nun aufgegriffen. Auf Einladung von Prof. Dr. Jana Jünger, Direktorin des Instituts für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP), kamen zu einem Kick-off-Meeting am 16. November 2016 rund 50 Personen aus den Gesundheitsfachberufen, der Pflege und der Medizin in Mainz zusammen. Ihr Ziel: in den nächsten zwei Jahren ein „Nationales Mustercurriculum Interprofessionelle Zusammenarbeit und Kommunikation“ im Bereich Medizin und Pflege zu erarbeiten (Ziele, Kompetenzen, Lehrbeispiele, …). Die Robert-Bosch-Stiftung fördert dieses Projekt finanziell.

Mitstreiter gesucht

Wer sich bei den Curricula engagieren möchte, nehme Kontakt auf zu Prof. Heidi Höppner: hoeppner@ash-berlin.eu.

Ein weiterer Ansatz sind die ebenfalls von der Robert-Bosch-Stiftung unterstützten 16 Einzelprojekte im Rahmen des Programms „Operation Team“. Es fördert Kooperationen mit Medizinischen Fakultäten, die interprofessionelle Lehr- und Lernprojekte konzipieren und erproben.

Bei dem Kick-off-Meeting wurden die Physiotherapeuten unter anderem durch Prof. Dr. Heidi Höppner von der Alice Salomon Hochschule Berlin vertreten. Sie und die Vertreterinnen der Ergotherapie und Logopädie möchten die Therapeuten jetzt dazu aufordern, die interprofessionelle Zusammenarbeit ebenfalls in Curricula künftiger Ausbildung zu integrieren. Es ist jetzt die Zeit für Vorschläge, um die Curricula in den Therapieberufen um interprofessionelle Kompetenzziele und konkrete Lehr-Lerneinheiten zu erweitern.

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Neues zu Modellvorhaben, Osteopathie und Heilpraktikerprüfung – Drittes Pflegestärkungsgesetz beschlossen

Am 1. Dezember 2016 hat der Deutsche Bundestag das dritte Pflegestärkungsgesetz (PSG) III verabschiedet, das auch für die Therapieberufe bedeutende Themen diskutierte und eine relevante Neuerung mit sich bringen wird: Die Modellphase der primärqualifizierenden Studiengänge in der Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Hebammenkunde wird nur auf vier Jahre verlängert. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) wollte sie ursprünglich auf weitere zehn Jahre ausdehnen.

Seit 2009 können die Bundesländer für die Ausbildung von Ergotherapeuten, Logopäden, Physiotherapeuten und Hebammen aufgrund der Einführung einer Modellklausel in die Berufsgesetze ein grundständiges Studium an Hochschulen erproben. Zum 31. Dezember 2017 wäre die Modellphase ausgelaufen. Als im August 2016 das BMG für eine Verlängerung um zehn Jahre plädierte, hagelte es Protest von den Berufsverbänden, Hochschulen und manchen Politikern, beispielsweise dem Bundestagsabgeordneten Dr. Roy Kühne. Mit Erfolg.

Das zweite für Therapeuten interessante Thema bezieht sich auf die Osteopathie. Ein Änderungsantrag des PSG III sah vor, dass die Osteopathie als krankengymnastische Behandlungstechnik mit 60 Stunden Ausbildungsumfang in die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Physiotherapeuten intergriert werden sollte. Physiotherapeuten mit Weiterbildungen in Osteopathie hätte das ermöglicht, auch ohne selektive Heilpraktikerprüfung osteopathisch behandeln zu dürfen. Doch die Absicht, die Osteopathie in den Ausbildungs- und damit Tätigkeitsbereich der Physiotherapeuten zu integrieren, ist vorerst vom Tisch.

Vom Bundestag in den Blick genommen wird hingegen die Heilpraktikerprüfung. Er möchte eine rechtliche Grundlage schaffen, um die Ausbildung der Heilpraktiker qualitativ besser überprüfen zu können. Geplant ist die Einführung von Leitlinien.

ba


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Kassen versuchen einzuschüchtern – AOK-Schreiben an Zahnärzte

Im Oktober 2016 erhielten einige Zahnärzte in Baden-Württemberg ein informelles Schreiben der AOK bzgl. der Verordnung von Physiotherapie. Die AOK bat darin die Zahnärzte, „Heilmittel in Anlehnung an die Heilmittel-Richtlinie zu verordnen, auch wenn Sie als Zahnarzt nicht unmittelbar an diese gebunden sind. Der Heilmittelkatalog der Heilmittel-Richtlinie legt die wirtschaftliche Verordnungsweise transparent fest und soll Ihnen als Grundlage in der Umsetzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes dienen. Die Heilmittel-Richtlinie beschränkt die Heilmitteltherapie auf ein primäres Heilmittel wie z.B. Krankengymnastik, Manuelle Therapie oder Massage. Bei medizinischer Notwendigkeit kann zusätzlich ein ergänzendes Heilmittel wie Wärme-, Kälte- oder Elektrotherapie verordnet werden“.

Durch das Schreiben versucht die AOK – wie auch andere Krankenkassen – meines Erachtens bewusst bei Zahnärzten Unsicherheit zu schüren, um Kosten zu sparen. Dabei berücksichtigt sie nicht die Beschwerden des Patienten, welche die Kassen selten objektiv beurteilen kann. Die Heilmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses gilt derzeit nur für Vertragsärzte und ist für Vertragszahnärzte deshalb nicht verbindlich. An dieser Tatsache hat sich bis zum heutigen Tag nichts geändert. Auch wenn aktuell an einem Gesetzesentwurf gearbeitet wird, nach dem auch Zahnärzte dem Heilmittelkatalog untergeordnet werden sollen. Es ist aber noch ein Entwurf und kein verabschiedetes Gesetz.

Die Zahnärzte müssen bei der Verordnung von Heilmitteln die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit feststellen, sind aber bei der Wahl der Heilmittel völlig frei. Aus physiotherapeutischer Sicht spricht bei der Erstverordnung viel für eine Kombination aus 10 x Manuelle Therapie, 10 x Krankengymnastik und 10 x Wärme (Fango). Manuelle Therapie sind passive Maßnahmen wie Gelenkmobilisation, Weichteiltechniken etc., wohingegen es sich bei Krankengymnastik um aktive Maßnahmen durch den Patienten (Haltungsschulung, Selbstbehandlung, Kräftigung, Edukation und Aufklärung) handelt. Bei der Behandlung von Patienten mit Kopf-, Kiefer- und Gesichtsschmerzen ist diese Behandlung nicht nur „notwendig“ und „zweckmäßig“, sondern unabdingbar. In den meisten Fällen haben wir es nämlich mit einem sehr komplexen Beschwerdebild zu tun. Hier wäre zudem eine Behandlungszeit von 15 min schlichtweg nicht ausreichend.

Zahnärzte in freier Praxis fürchten häufig Regressforderungen, wenn sie die Kombinationstherapie beibehalten. Auch das ist ein Druckmittel der Krankenkassen. Ich hoffe, dass die Zahnärzte sich der Angst nicht beugen, sondern das verordnen, was sie für die Behandlung des Patienten als medizinisch notwendig erachten.

Dr. Claus Beyerlein


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Zu viele Bildaufnahmen bei Schmerzen im Rücken – Faktencheck Rücken

Der von der Bertelsmann Stiftung beauftragte Faktencheck Rücken kam zu Erkenntnissen, die Therapeuten für die Patientenedukation bei Rückenschmerzen nutzen können. Die wesentlichen Aspekte dabei sind:

  • Patienten haben falsche Erwartungen und wollen den Grund für Rückenschmerzen sehen (Bildgebung).

  • Ärzte rücken falsche Erwartungen oft nicht zurecht, verstärken zum Teil das Krankheitsgefühl und weichen von wissenschaftlichen Empfehlungen ab.

  • Ärzte sollten mehr reden und körperlich untersuchen statt röntgen.

In Zahlen ausgedrückt ist jeder Zweite davon überzeugt, dass er bei Rückenschmerzen einen Arzt aufsuchen muss. Mehr als zwei Drittel der Befragten glauben, dass der Arzt über Röntgen-, CT- und MRT-Aufnahmen die genaue Schmerzursache findet. Nach Aussage der Bertelsmann-Studie ist das jedoch nur bei maximal 15 Prozent der Betroffenen möglich. Beide Fehlannahmen würden von den Ärzten nicht zurechtgerückt und erzeugen negative Effekte. „Oft werden die Befunde der Bildgebung überbewertet“, sagt Prof. Jean-François Chenot, medizinischer Experte für den Faktencheck. „Dies führt zu unnötigen weiteren Untersuchungen und Behandlungen, zur Verunsicherung des Patienten und kann sogar zur Chronifizierung der Beschwerden beitragen.“

Die Studie zitiert, wie andere Länder versuchen, der Lage Herr zu werden: In Teilen Kanadas erhalten Ärzte keine Vergütung mehr, wenn sich herausstellt, dass sie Bildaufnahmen veranlassten, obwohl kein gefährlicher Verlauf der Rückenschmerzen erkennbar war. In den Niederlanden setzt man auf striktere Zugangsbeschränkungen zu Röntgen, CT und MRT.

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Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
07. Januar 2017

© Georg Thieme Verlag
Stuttgart – New York

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ABB. 1 Angeregte Gespräche auf dem Forschungssymposium Physiotherapie an der Hochschule für Gesundheit in Bochum
Abb.: hsg
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ABB. 2 Prof. Dr. Geert Verheyden blickte unter dem Titel „A story of Belgian beer, chocolate and physiotherapy research“ humorvoll auf die physiotherapeutische Forschung.
Abb.: hsg