Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2016; 23(05): 239
DOI: 10.1055/s-0042-119209
DTG-Mitteilungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Weiterhin nicht empfehlenswert: DHA/PPQ für notfallmäßige Selbsttherapie

DTG-Empfehlungen zur Malariaprophylaxe und DHA/PPQ
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Publication Date:
19 October 2016 (online)

 

In den Empfehlungen zur Malariaprophylaxe der DTG 2016 wird – wie schon bisher – erwähnt, dass Dihydroartemisinin/Piperaquin (DHA/PPQ) für die notfallmäßige Selbsttherapie nicht zu empfehlen sei. Dieses wird inhaltlich begründet mit dem Hinweis auf mögliche QTc-Verlängerungen und formaljuristisch mit dem Hinweis auf die Vorgaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).

Es gibt private Wirtschaftsunternehmen, die DHA/PPQ für die notfallmäßige Selbsttherapie empfehlen. Begründet wird dies einerseits damit, dass die Verlängerung der QTc-Zeit unter DHA/PPQ klinisch nicht relevant sei. Andererseits damit, dass die WHO Artemisinin-Kombinationstherapien als Mittel der ersten Wahl zur Therapie der unkomplizierten Malaria tropica empfiehlt und auch DHA/PPQ aufführt, und dass nur in Deutschland diese Einschränkungen zu finden seien.

Es soll hier daher kurz begründet werden, warum die DTG bei der Empfehlung bleibt, DHA/PPQ nicht für die notfallmäßige Selbstbehandlung zu empfehlen.

Besonders hohe Sicherheitsansprüche an Notfallmedikament

Es ist richtig, dass die QTc-Verlängerung unter DHA/PPQ derjenigen unter Chloroquin vergleichbar ist und im Allgemeinen klinisch irrelevant ist. Die Studien hierzu sind in der Fachinformation von Eurartesim® aufgeführt, nur selten wurden QT-Zeiten über 500 msec gesehen. Reisende mit Fieber, die sich selbst mit DHA/PPQ behandeln, sind aber eine besondere Gruppe von Patienten:

  • Sie könnten unter anderem kardiologische Vorkrankheiten haben oder Medikamente einnehmen, welche die QTc-Zeit verlängern.

  • Sie nehmen die Notfallmedikation häufig ein, obwohl sie tatsächlich keine Malaria haben (was sie aber nicht wissen können).

  • Sie können bei Auftreten von Nebenwirkungen keinen Arzt konsultieren.

Die Sicherheitsansprüche an das Notfallmedikament sind daher besonders hoch.


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Empfehlungen in anderen Ländern

Auch in anderen Ländern gelten entsprechende Empfehlungen, so wird in den aktuellen englischen Leitlinien ausgeführt: „ECGs should be obtained early in the course of treatment with DHA-PPQ…“ (Lallo et al. UK malaria treatment guidelines 2016, J Infection 2016). In den amerikanischen Empfehlungen wird DHA/PPQ nicht genannt. In den aktuellen französischen Empfehlungen (Recommandations sanitaires pour les voyageurs, 2016) steht: „Les molécules utilisables pour ce traitement de réserve sont les associations … ou dihydroartémisinine-pipéraquine, en tenant compte pour cette dernière association du risque d’allongement de l’espace QTc sous traitement“.


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Absicherung gegen mögliche Schadenersatzklagen

Darüber hinaus ist die DTG der Meinung, dass es aus juristischen Gründen in Hinblick auf mögliche Schadenersatzklagen sinnvoll ist, sich an die Vorgaben des BfArM beziehungsweise die Fachinformation zu halten – und in der Fachinformation steht: „So früh wie möglich während der Behandlung mit Eurartesim sollte ein EKG geschrieben werden …“

Somit sollte in der Regel DHA/PPQ als Notfallmedikament nur dann verordnet werden, wenn ein EKG vorliegt.


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