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DOI: 10.1055/s-0042-117036
Tuberkulose – Effektives Screening-Programm für Asylbewerber
Publication History
Publication Date:
10 October 2016 (online)
In den Niederlanden nimmt die Zahl von Asylbewerbern bereits seit 2012 zu, mit einem
starken Anstieg seit 2015. Flüchtlinge, die Asyl beantragen, werden mittlerweile in
3 Erstaufnahmeeinrichtungen registriert und müssen sich innerhalb von 72 Stunden einem
radiologischen Tuberkulose-Screening unterziehen. O. W. Akkerman et al. berichten
über die 4-jährigen Erfahrungen mit dem niederländischen Modell für das Screening
auf Tuberkulose (TB).
Eur Respir J 2016; 48: 261–264


In den 3 Erstaufnahmeeinrichtungen können die Röntgenuntersuchungen vorgenommen und die Aufnahmen unmittelbar zur Beurteilung an die Universitätsklinik Groningen bzw. an ein weiteres, zur Uniklinik gehörendes TB-Zentrum übermittelt werden. Zusätzlich zu den dortigen Ärzten, die die Aufnahmen auswerteten, stehen für diese Aufgabe an Samstagen und öffentlichen Feiertagen weitere TB-Spezialisten in einem Rotationsverfahren zur Verfügung. Für das weitergehende Tbc-Screening werden in den Aufnahmezentren ebenfalls als tägliche Routine Fragenbögen ausgefüllt, Sputumproben entnommen und Tuberkulin-Hauttests durchgeführt. Gegebenenfalls können Personen mit abnormalen Röntgenbefunden und v. a. aktiver TB isoliert werden. Ergebnisse der Sputum- und Bronchiallavage-Untersuchungen sowie der PCR-Tests auf Mycobacterium tuberculosis können innerhalb eines Tages vorliegen.
Von 2012 bis 2015 stieg die Zahl der untersuchten Asylbewerber von 7869 auf 29 473. In diesem Zeitraum ging der Anteil der Personen, bei denen aufgrund abnormaler Röntgenbefunde weitere Untersuchungen nötig waren, von 2,8 auf 1,8 % zurück. Im Jahr 2012 betrug der Anteil der diagnostizierten TB-Fälle 4,1 %, im Jahr 2015 4,0 %. Die TB-Prävalenz sank von 140 Fälle pro 100 000 (2012) auf 75/100 000. Nach Abschluss des Screenings konnten 98 % der Asylsuchenden mit unauffälligen Röntgenbefunden und die Mehrheit derjenigen mit abweichenden Aufnahmen den weiteren Asylbewerbereinrichtungen des Landes zugewiesen werden.
Das niederländische Modell des TB-Screenings von Asylbewerbern mit nur wenigen erfahrenen Ärzten für die Röntgenauswertungen ermöglicht ein einheitliches Vorgehen mit schneller Abstimmung und flexiblem Umgang mit schwankendem Aufkommen. Das führte zu einer hohen diagnostischen Genauigkeit und relativ wenigen medizinischen Folgeinterventionen. Die Autoren betonen, dass die Niederlande ein relativ kleines, gut organisiertes Land sind. Dennoch könnte das Modell auch für andere europäische Länder interessant sein.
Matthias Manych, Berlin
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