Schlüsselwörter
Public Health - Deutschland - Organisation - Forschung - Lehre - Anwendung
Key words
public health - Germany - organization - research - teaching - application
Sich ständig ändernde Lebensumstände beeinflussen die Gesundheit der Menschen
Sich ständig ändernde Lebensumstände beeinflussen die Gesundheit der Menschen
Daher brauchen wir eine kontinuierliche Anpassung der Strategien und Maßnahmen, die
Gesundheit fördern und schützen sowie Krankheiten bekämpfen. „Public Health ist die Wissenschaft und die Praxis der Verhinderung von Krankheit,
Verlängerung des Lebens und Förderung der Gesundheit durch organisierte Anstrengungen
der Gesellschaft“ (WHO-Definition). Verantwortungsbewusste und effiziente Gesundheitspolitik kann
nur mit einem kompetenten, funktionsfähigen, vielfältigen und flexiblen Public-Health-System
umgesetzt werden.
Erfolge und aktuelle Herausforderungen von Public Health in Deutschland
Erfolge und aktuelle Herausforderungen von Public Health in Deutschland
Das Public-Health-System Deutschlands trägt wesentlich dazu bei, die Gesundheit der
Bevölkerung zu verbessern. Das Gesundheitsbewusstsein der Menschen nimmt zu: Immer
weniger Jugendliche rauchen, Impfungen werden überwiegend gut angenommen, Sport und
Bewegung erfreuen sich steigender Beliebtheit. Seit 40 Jahren erleiden immer weniger
Menschen einen Herzinfarkt, die Prävention und Behandlung von Krebserkrankungen hat
sich verbessert und die Menschen leben immer länger.
Dennoch bleibt es auch in Deutschland eine große Herausforderung, die Gesundheit der
Bevölkerung zu erhalten, kontinuierlich zu verbessern und vor neuen Gefahren zu schützen.
Nach wie vor besteht ein enger Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft, Bildung und
Gesundheit: Menschen mit niedrigem Sozialstatus haben statistisch z. B. eine 5–10
Jahre geringere Lebenserwartung und ein 2- bis 3-fach höheres Risiko, einen Herzinfarkt
oder einen Schlaganfall zu erleiden oder an einer Depression zu erkranken. Bluthochdruck,
Diabetes und behandelbare chronische Infektionskrankheiten bleiben viel zu häufig
unerkannt und damit unbehandelt. Innerhalb Deutschlands bestehen gravierende regionale
Unterschiede, so etwa bei der Herz-Kreislauf-Sterblichkeit. Viele Menschen werden
durch ungesunde Ernährung oder mangelnde Bewegung krank; belastende Arbeitsbedingungen
begünstigen psychische und physische Erkrankungen, was sich in Fehltagen und Frühberentungen
niederschlägt. Dass auch die Infektionskrankheiten noch nicht besiegt sind, zeigen
bereits lange bestehende oder neu auftretende große weltweite Epidemien. Durch veränderte
Lebens- und Umweltbedingungen, Warenketten und Reiseverkehr drohen neue Infektionsgefahren.
Durch falschen Einsatz von Antibiotika treten zunehmend antimikrobielle Resistenzen
auf. Zusätzliche Herausforderungen für das Gesundheits- und Sozialsystem resultieren
aus demografischen Veränderungen durch Zuwanderung und Alterung der Gesellschaft.
Wie stellt sich Public Health in Deutschland den Herausforderungen?
Wie stellt sich Public Health in Deutschland den Herausforderungen?
Krisen erkennen und meistern
Insbesondere bei Ausbrüchen von Infektionen kommt es auf die Reaktionsgeschwindigkeit
und die Flexibilität der Krisenreaktionssysteme auf allen Ebenen an. Diese kann noch
weiter verbessert werden, z. B. durch Ausbau der molekularen Surveillance. Transparente
und ergebnisoffene Evaluationen des Krisenmanagements – insbesondere hinsichtlich
der ergriffenen Maßnahmen – ermöglichen nachhaltiges Lernen und somit angemessenes
Handeln in der Zukunft.
Gesundheit schützen
Gesundheitlich besonders gefährdete Gruppen brauchen besonderen Schutz. Es müssen
wirksamere Regeln und Kontrollmaßnahmen aufgebaut werden. Die bewährten Gesundheitsschutz-Strukturen
(u. a. Arbeitsschutz, Infektionsschutz, Lebensmittelüberwachung und Patientensicherheit)
müssen mit anderen Public-Health-Aktivitäten in Deutschland und international verknüpft
werden.
Gesundheit fördern
Gesunde Lebensverhältnisse können nur geschaffen werden, wenn wir wissen, was die
Gesundheit der Menschen fördert. Die Lebenswelten wie das Wohnumfeld, Kita, Schule
oder der Arbeitsplatz sollen noch stärker gesundheitsförderlich gestaltet sein. Chancengleichheit,
Partizipation und Empowerment der Menschen sind weitere Faktoren, welche die Selbstwirksamkeit
der Bürger/innen erhöhen und gesundheitsbezogene Gemeinschaftsaktionen ermöglichen.
Für die Praxis und mit der Praxis forschen
Public Health-Forschung mit klarem Bezug zur Praxis muss ausgebaut werden. Es fehlt
an der konkreten Umsetzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen in der Breite der
Bevölkerung. Multi- und interdisziplinäre Forschungsvorhaben müssen Maßnahmen, Programme
und komplexe Interventionen auf der Bevölkerungsebene evaluieren. Public-Health-Forschung
hat das Potenzial, Antworten auf die aktuell drängenden und in Zukunft aufkommenden
Fragen zur Gesundheit der Bevölkerung zu finden.
Das große Potenzial von Public Health liegt in dem synergistischen Zusammenwirken
aller Akteure (wie z. B. Öffentlicher Gesundheitsdienst (ÖGD), Akteure in den Lebenswelten,
ambulante und stationäre Versorgung), der Verzahnung von Forschung und Praxis sowie
dem engen Austausch zwischen den verschiedenen beteiligten Politikbereichen (Gesundheit,
Raumplanung, Verkehr, Umwelt, Wohnungsbau, Soziales, Sport, Jugend usw.).
Die vielfältigen Akteure auf dem Gebiet von Public Health sind mit großem Engagement
angetreten, sich diesen Aufgaben zu stellen. Da, wo die Rahmenbedingungen dies erschweren,
ist die Unterstützung durch die Politik erforderlich.
Wir brauchen politische Impulse, um Public Health in Deutschland zu stärken!
Wir brauchen politische Impulse, um Public Health in Deutschland zu stärken!
Den Öffentlichen Gesundheitsdienst durch mehr Personal stärken
Der Öffentliche Gesundheitsdienst in Deutschland braucht auf allen Ebenen mehr Ressourcen,
um so seinen unverzichtbaren Beitrag für den effizienten und effektiven Schutz der
Gesundheit der Bevölkerung leisten zu können. Es fehlt an ausreichendem Personal in
vielen Disziplinen und Bereichen der öffentlichen Gesundheit in Deutschland. So ist
z. B. die Zahl der Ärztinnen und Ärzte in den Gesundheitsämtern in den letzten 20
Jahren um mehr als ein Drittel zurückgegangen. Der Öffentliche Gesundheitsdienst benötigt
einen an die Erweiterung des Aufgabenspektrums gebundene Anpassung des Stellenschlüssels
sowohl für ärztliche wie auch nicht-ärztliche Mitarbeiter/innen. Dies beinhaltet auch
Personalressourcen im akademischen Sektor (z. B. ÖGD-Professuren, Postdoc-Stellen).
Schools of Public Health stärken
Deutschland braucht mehr inter- und transdisziplinäre Hochschulinstitutionen, an denen
Public-Health-Forschung und Lehre betrieben wird. Sie kooperieren mit medizinischen
Einrichtungen, mit dem ÖGD und mit Forschungszentren, sind jedoch von diesen finanziell
und organisatorisch unabhängig. Ihre Zahl muss auf 6–8 erhöht werden und eine Mindestausstattung
gesichert werden.
Gewinnung von Fachkräften für die Öffentliche Gesundheit
Neben dem Ausbau der interdisziplinär angelegten Public Health-Studiengänge müssen
Public Health-Lehrinhalte stärker im Medizinstudium verankert werden. Innovative Lösungen,
wie die Einrichtung von Lehrstühlen für Öffentliche Gesundheit an den medizinischen
Fakultäten, sind zu fördern. Nur so können mehr Fachkräfte für Praxis und Forschung
in diesem wichtigen Bereich gewonnen werden.
Forschung fördern
Die Public-Health-Forschung an Universitäten und Forschungseinrichtungen in Deutschland
muss gestärkt werden. Dies muss sowohl durch eine finanzielle als auch durch eine
strukturelle Förderung geschehen. Die vielfältigen Vorschläge hierfür bedürfen eines
transparenten und offenen politischen Diskurses. Eine verbesserte Verzahnung des öffentlichen
Gesundheitsdienstes mit akademischen Einrichtungen (Medizinische Fakultäten, Schools
of Public Health u. a.) vor Ort sollte beispielsweise im Rahmen eines gesonderten
BMBF-Förderprogramms („Public Health Partnership“) im Rahmen einer Anschubfinanzierung
gefördert werden.
Verlässliche Daten schaffen
Es werden verlässlichere Daten zu Gesundheit, Gesundheitsverhalten und gesundheitlicher
Versorgung der Bevölkerung benötigt. Eine optimierte Nutzung der Sozial-, Versorgungs-,
oder Umweltdaten ermöglicht auch lokale und regionale Auswertungen und damit spezifische,
an die konkreten Bedürfnisse vor Ort angepasste Maßnahmen. Dazu benötigt Deutschland
ein Forschungsdatengesetz, welches einen forschungsfreundlicheren Zugang zu existierenden
Daten erlaubt.
Gesundheitsthemen effektiv kommunizieren
Die Menschen brauchen verlässliche Informationen zur Gesundheit, um ihre Gesundheitskompetenz
zu erhöhen. Insbesondere gefährdete, schwer erreichbare und benachteiligte Bevölkerungsgruppen
müssen zielgruppengerecht angesprochen werden. Öffentliche Stellen und Massenmedien
teilen sich diese Verantwortung mit anderen Akteuren. Für die Informationen zur Gesundheit
muss eine hohe Qualität gelten – was insbesondere für Informationen im Internet eine
große Herausforderung darstellt.
Gesundheit und Wohlbefinden durch Politik verbessern: Public Health bietet umfassende
und gerechte Lösungen!
Gesundheit und Wohlbefinden durch Politik verbessern: Public Health bietet umfassende
und gerechte Lösungen!
Deutschland braucht eine langfristige, nationale Public-Health-Strategie! Diese sollte
auf internationalen Vereinbarungen aufbauen und gemeinsam von den vielfältigen Akteuren
in starker nationaler und internationaler Vernetzung umgesetzt werden. Die Etablierung
konkreter politischer Routinen und Zielprogramme kann helfen, die Fortschritte in
der Umsetzung kontinuierlich zu begleiten und zu bewerten.
Ein wichtiges Ziel dieser Strategie sollte dabei sein, die Chancen auf eine lange
Lebenszeit in guter Gesundheit für alle Bürgerinnen und Bürger unabhängig von Region
und sozialer Stellung zu verbessern.
Public Health identifiziert fördernde und gefährdende Einflüsse auf die Gesundheit
des Einzelnen und der Gesellschaft, entwickelt daraus effektive Interventionsstrategien,
implementiert und evaluiert die Maßnahmen auf Bevölkerungsebene. Erfolge werden durch
gezielte Veränderungen des Verhaltens der Einzelnen bei gleichzeitiger Anpassung der
gesellschaftlichen Verhältnisse erreicht. Public Health, und als dessen integraler
Bestandteil der Öffentliche Gesundheitsdienst, stärken den Dialog sowohl zwischen
Wissenschaft und Praxis als auch zwischen Politik und Bürger/innen. Eine Förderung
von Public Health in Deutschland ist eine nachhaltige Investition in die Gesundheit
unserer Bevölkerung und wird zudem der wachsenden internationalen Verantwortung Deutschlands
gerecht!