Josten C, Jartvers S, Glasmacher S et al.
Anterior transarticular atlantoaxial screw fixation in combination with dens screw
fixation for type II odontoid fractures with associated atlanto-odontoid osteoarthritis.
Eur Spine J 2016;
25: 2210-2217
Josten et al. untersuchten das 1-Jahres-Outcome bei älteren Patienten mit einer Densfraktur
vom Typ II nach Anderson und D'Alonzo nach akuten Trauma und der atlantoaxialen Arthrose
(AO). Die Therapie erfolgte durch eine operative Versorgung per TAFOF (transarticular
atlantoaxial fixation and odondoid fusion) von ventral.
Methoden
Die Studie erfolgte monozentrisch, die Daten wurden retroperspektiv zwischen 06/2008 – 08/2013
erhoben. Eingeschlossen wurden alle Patienten, die älter als 70 Jahre waren („old“:
70 – 84 Jahre und „very old“: > 85 Jahre). Die eingeschlossenen Patienten hatten eine
traumatische Densfraktur vom Typ II erlitten und es lag eine AO mit operativer Therapie
vor. Einschlussparameter waren: geschlossenen anatomische Reposition vor der operativen
Transfixation, eine traumatische Fraktur und AO ohne neurologische Ausfälle, OP-Fähigkeit
des Patienten, Dens-Dislokation in Reklinationsstellung von weniger als 2 mm und OP
binnen 3 Wochen nach der Indikationsstellung. Ausschlusskriterien waren rheumatoide
Arthritis, angeborene Anomalien oder Tumorerkrankungen der oberen Wirbelsäule, ein
neurologisches Defizit nach dem Trauma, wie auch Kontraindikationen zur ventralen
Stabilisierung. Bei allen Patienten wurde vor der OP eine konservative Röntgenuntersuchung
der Halswirbelsäule (HWS), eine Denszielaufnahme wie auch eine Computertomografie
und eine Angiografie der HWS durchgeführt. Es erfolgte die Densfixierung mit 2 Schrauben,
bei Platzmangel erfolgte die Densfixierung mit einer Schraube und atlantoaxialer Fixation.
Die klinische als auch radiologische Nachuntersuchung erfolgte nach einem Jahr.
Ergebnisse
Insgesamt wurden 83 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 84,7 (70 – 101) Jahren
eingeschlossen. Der Frauenanteil lag bei 69 %. Bei 36 Patienten wurde eine TAFOF mit
4 Schrauben durchgeführt, bei 47 Patienten war nur 1 Densschraube möglich.
Die mittlere Verweildauer betrug 17,8 Tage, 2,4 Tage davon auf der IMC (Zwischenpflege).
Drei Patienten (3,6 %) verstarben während des stationären Aufenthalts. Bei 20 Patienten
(24,1 %) erfolgte keine Nachkontrolle nach einem Jahr. Die 1-Jahres-Mortalität betrug
25,4 % mit einer deutlich höheren Mortalitätsrate in der Gruppe (> 85 Jahre) (p = 0.01).
Das durchschnittliche Schmerzlevel betrug 3,3. Die Patientenzufriedenheit wurde mit
6,5 angegeben. Die knöcherne Konsolidierung wurde bei 90,2 % erreicht, die OP-Revisionsrate
lag bei 3,6 %. Es wurde in der Studie festgestellt, dass grundsätzlich die Komplikationsrate
bei der Osteosynthese des Dens (TAFOF) mit 3 Schrauben (1 Dens-Schraube) höher war
als bei der Fixierung mit 4 Schrauben (p = 0,042). Zudem gab es mehr asymptomatische
Schraubenlockerungen bei der TAFOF mit 3 Schrauben (p = 0,063). Die TAFOF über den
anterioren Zugang zeigt vielversprechende Ergebnisse bei hoher Konsolidierungsrate
und geringer intrahospitaler Mortalität auch bei älteren Patienten. Die Doppelschrauben-Osteosynthese
scheint die Komplikationsrate zu senken.
Kommentar
Eine der wesentlichen Aussagen der Autoren ist, dass die 4-fach-Verschraubung der
3-fach-Verschraubung überlegen ist. Die Entscheidung ob 1 oder 2 Schrauben platziert
werden können, ist von den anatomischen Gegebenheiten und der Entscheidung des Operateurs
abhängig. Somit ist der entscheidende Faktor für den Erfolg des untersuchten OP-Verfahrens
bereits vor der OP durch die Breite des Dens offensichtlich definiert.
Die Konsolidierungsrate mit 90,2 % liegt deutlich über den Ergebnissen einer internationalen
prospektiven Metastudie [1] von 70 %, in der die Überlegenheit der posterioren Arthrodese der Densverschraubung
beschrieben wurde.
Eine retrospektive Datenerhebung über 5 Jahre mit 83 eingeschlossenen Patienten stellt
ein kleines Kollektiv dar. Zudem fehlt es an einer Kontrollgruppe. Ebenso schränkt
das monozentrische Design den Kreis der Operateure erheblich ein. Somit dürften die
Fertigkeiten der einzelnen Operateure erheblichen Einfluss auf das Ergebnis haben.
Dass eine deutlich ältere Patientengruppe ein schlechteres Outcome aufweist, ist nicht
unerwartet. Die Morbidität, im Falle einer konservativen Therapie, würde sich sicher
ebenso ungleich in den beiden Gruppen verteilen. Eine randomisierte Studie wäre hier
wünschenswert, bei der geringen Fallzahl wäre hier ebenso ein multizentrisches prospektives
Design zu begrüßen. Dennoch weist die Studie auf eine gute Behandlungsoption für ältere
Patienten mit einer niedrigen Morbidität und einer hohen Lebensqualität hin.