Einführung
Vermehrt suchen Krankenhäuser nach einer Möglichkeit, steigenden Kosten und gleichbleibenden
oder gar sinkenden Erlösen entgegenzuwirken. Dies erfolgt zunehmend auch über den
Weg einer Fusion mit anderen Krankenhäusern, um die zunehmenden Qualitäts- und Leistungsstandards
durch eine rationelle Betriebsführung auch zukünftig erfüllen zu können. Der Zusammenschluss
von Krankenhäusern führt häufig auch zu einer Erweiterung des Aufgabenkreises der
Abteilungs- und Chefärzte, die an verschiedenen Klinik-Standorten ihrer Funktion nachkommen
sollen. Dies kann jedoch vor dem Hintergrund der Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung,
insbesondere im Bereich der Wahlleistung „Chefarztbehandlung“, zu Problemen führen.
Die Bundesärztekammer und die Kassenärztliche Bundesvereinigung haben am 29.08.2008
in einer Stellungnahme zum Thema „Persönliche Leistungserbringung – Möglichkeiten
und Grenzen der Delegation ärztlicher Leistungen“ klargestellt: „Die persönliche Leistungserbringung
ist eines der wesentlichen Merkmale freiberuflicher Tätigkeit. Sie prägt wie kein
anderes Merkmal das Berufsbild des Arztes und steht dafür, dass der Arzt seine Leistungen
auf der Grundlage einer besonderen Vertrauensbeziehung erbringt.“ Der nachfolgende
Beitrag zeigt die mit der persönlichen Leistungserbringung im Rahmen von Wahlleistungen
verbundenen Probleme und mögliche Lösungen auf.
Die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung
Die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung
Aus der fachlich unabhängigen Stellung des Arztes, der Art seiner Tätigkeit und dem
teilweise – wenn auch heutzutage selteneren – eingeräumten Recht zur Privatliquidation
ergibt sich, dass er seine ärztlichen Verrichtungen leitend und eigenverantwortlich
zu bewirken hat und dieser Leistung dadurch sein persönliches Gepräge gibt. Sowohl
das ärztliche Berufsrecht (§ 19 Abs. 1 MBO-Ä) sowie der Behandlungsvertrag (§§ 630 b,
613 BGB), als auch die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) in § 4 Abs. 2 S. 1 verpflichten
den Arzt zur persönlichen Leistungserbringung.
In der stationären Versorgung ergibt sich die besondere Rechtspflicht zur persönlichen
Leistungserbringung für Chefärzte in verschiedener Weise. Es bestehen drei miteinander
in Verbindung stehende Rechtskreise, aus denen sich Art und Umfang der Leistungspflicht
ableiten:
-
einerseits der Behandlungsvertrag des Patienten mit dem Krankenhaus und ggf. dem Chefarzt,
aus dem sich der Anspruch ergibt, ärztliche Leistungen persönlich zu erhalten.
-
andererseits das Dienstverhältnis des Chefarztes zum Krankenhausträger, das entsprechende
Verpflichtungen vorsehen kann, und
-
das ärztliche Gebührenrecht, das gemäß § 17 Abs. 3 S. 7 KHEntgG für die Abrechnung
gegenüber dem Zahlungspflichtigen anzuwenden ist.
Dies schließt natürlich nicht aus, dass der Arzt bei der Behandlung des einzelnen
Patienten bestimmte Teilleistungen an ärztliche und nichtärztliche Mitarbeiter delegieren
darf, die unter seiner persönlichen und fachlichen Aufsicht und Weisung stehen und
für die Erbringung der Hilfeleistung qualifiziert sind oder sich von einem anderen
Arzt vertreten lässt, (vgl. § 4 Abs. 2 S. 2, 3 GOÄ).
Die Wahlleistungsvereinbarung
Die Wahlleistungsvereinbarung
Aufgrund des totalen Krankenhausaufnahmevertrages zwischen dem Krankenhausträger und
dem Patienten ist der Krankenhausträger zur Erbringung der gesamten Krankenhausbehandlung
verpflichtet. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung kann sich der Krankenhausträger grundsätzlich
seines gesamten Personals einschließlich des Chefarztes und sonstigen Ärzten bedienen.
Im Krankenhaus besteht grundsätzlich kein Anspruch des Patienten darauf, durch einen
bestimmten Arzt behandelt zu werden. Die Behandlung wird unter Wahrung des sog. Facharztstandards
durch denjenigen Arzt vorgenommen, der nach dem internen Dienstplan des Krankenhauses
hierfür zuständig ist.
Durch den Abschluss einer Wahlleistungsvereinbarung erkauft sich der Patient die Wahlleistung
der „Chefarztbehandlung“ und damit die besonderen fachlichen Qualifikationen und Erfahrungen
des Wahlarztes, ungeachtet dessen, ob diese nach Art und Schwere seiner Erkrankung
auch tatsächlich erforderlich sind. Das persönliche Tätigwerden des in der Wahlleistungsvereinbarung
benannten Wahlarztes ist kennzeichnend für die wahlärztliche Leistung und aus der
Sicht des Patienten sicherlich auch Sinn und Zweck der Vereinbarung. Die ärztliche
Wahlleistung bezieht sich somit nicht in erster Linie auf den Inhalt der Leistungserbringung,
sondern auf die Person des Leistungserbringers. Durch die Wahl der gesondert berechenbaren
ärztlichen Leistung erhält der Patient einen Anspruch auf persönliche Betreuung und
Behandlung durch den liquidationsberechtigten Arzt gegenüber dem Krankenhausträger,
wobei der leitende Arzt als Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) des Krankenhauses tätig
wird, oder einen unmittelbaren Rechtsanspruch gegenüber dem Chefarzt hat, wenn selbstständige
vertragliche Beziehungen bestehen (z. B. aufgrund eines Arztzusatzvertrages). Die
Wahlarztabrede beinhaltet die Verpflichtung des Chefarztes, die Behandlung des Patienten
persönlich zu übernehmen; deshalb ist ein Rückgriff auf die Auslegungsregel des §
613 S. 1 BGB, nach der die Behandlung grundsätzlich in Person zu leisten ist, nicht
erforderlich. Dies bedeutet, dass der Arzt neben seinem persönlichen Tätigwerden bei
der Inanspruchnahme dritter Personen eigenverantwortlich mitwirkt und dadurch die
Leistung gestaltet und ihr sein Gepräge gibt; dies ist insbesondere der Fall, wenn
Dritte seiner Aufsicht unterstehen und nach seiner fachlichen Weisung tätig werden.
Pflegesatzrechtlich besteht die Verpflichtung zur Unterrichtung des Patienten oder
Zahlungspflichtigen vor Abschluss der schriftlichen Vereinbarung über den Inhalt der
Wahlleistung und über die Entgelte (§ 17 Abs. 2 S. 1 KHEntgG). Zugleich ist er auch
über den Umfang der persönlichen Leistungserbringung zu informieren. Der Patient muss
Kenntnis davon haben, wer ihn behandeln wird und welche Leistungen nach welchen Grundsätzen
abgerechnet werden. Hierbei hat ein Hinweis auf die Abrechnung nach der GOÄ zu erfolgen.
Aufgrund der notwendigen Arbeitsteilung im Krankenhaus ist es unter bestimmten Voraussetzungen
zulässig, Teilleistungen auf andere Ärzte oder medizinisches Hilfspersonal zu delegieren.
Der Wahlarzt erfüllt unter bestimmten Voraussetzungen seine Pflicht zur persönlichen
Leistungserbringung auch dann, wenn er delegationsfähige medizinische Verrichtungen
auf nichtmedizinisches Hilfspersonal überträgt oder wenn er ärztliche Tätigkeiten,
die nicht dem Kernbereich der ärztlichen Leistung unterfallen, an nachgeordnete Ärzte
delegiert. Nach der Rechtsprechung ist es erforderlich, dass der Wahlarzt der Behandlung
durch sein eigenes Tätigwerden sein persönliches Gepräge gibt, indem er sich vor,
während und nach der ärztlichen Maßnahme mit dem Patienten persönlich befasst (OLG
Köln, Urteil vom 25. August 2008-5 U 243/07; LG Hamburg, Urteil vom 02. Februar 2001-313
S 62/00).
Nach § 4 Abs. 2 S. 1 GOÄ ist es jedoch möglich, dass der Arzt Gebühren auch dann berechnen
kann, wenn sie „unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung“ erbracht wurden. Eine
derartige Aufsicht setzt aber zumindest die Möglichkeit voraus, unverzüglich persönlich
einwirken zu können (OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 14. Dezember 2011-5 U 183/11).
Dagegen reicht es nicht aus, dass der Chefarzt beispielsweise in Teamsitzungen die
Behandlung supervidiert und die Behandlung fachlich begleitet. Dadurch werden die
eigenverantwortlich durch Dritte durchgeführten Behandlungsmaßnahmen noch nicht zu
eigenen Leistungen des Chefarztes, da diese „Oberaufsicht“, unabhängig von einer Wahlleistungsvereinbarung,
ohnehin dem Chefarzt obliegt. Der Bundesgerichtshof hat zudem ausgeführt, dass eine
Aufsicht nach fachlicher Weisung voraussetzt, dass der anweisende Arzt die entsprechende
Ausbildung besitzt, um die Behandlung auch selbst fachgerecht durchführen zu können
(BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012-1 StR 45/11 –, BGHSt 57, 95–122). Eine Delegation
kommt somit nur dann in Betracht, wenn der Wahlarzt eine Teilleistung, die nicht den
Kernbereich betrifft, überträgt und jederzeit – auch räumlich – in der Lage ist persönlich
einzugreifen. Für einen Chefarzt, der sich häufig an einem anderen Standort eines
Klinikverbundes befindet, dürfte die Möglichkeit der Delegation daher nur selten gegeben
sein, ohne dass er sich mangels Einhaltung der Anforderungen an die persönliche Leistungserbringung
in die Nähe eines Abrechnungsbetruges begibt.
Stellvertretung im Rahmen der Wahlleistung „Chefarztbehandlung“
Stellvertretung im Rahmen der Wahlleistung „Chefarztbehandlung“
Eine durchaus praktikable Alternative zur Delegation stellt die Stellvertretung dar.
Im Rahmen der Stellvertretung darf der Wahlarzt Kernleistungen auf einen anderen Arzt
übertragen, sodass er im Gegensatz zur Delegation nicht am Klinikstandort anwesend
sein muss. Dies ist möglich, weil es sich bei § 613 BGB, der die persönliche Leistungserbringung
regelt, um dispositives Recht handelt, sodass die Vertragsparteien eine hiervon abweichende
Regelung treffen können. Auch § 4 Abs. 2 S. 3 GOÄ sieht vor, dass der Wahlarzt bestimmte
wahlärztliche Leistungen auf den ständigen ärztlichen Vertreter übertragen kann.
In den meisten formularmäßigen Wahlleistungsvereinbarungen existieren Vertretervereinbarungen.
Eine solche Vertretervereinbarung stellt eine sog. allgemeine Geschäftsbedingung dar
und darf nach §§ 305 c Abs. 1, 307 Abs. 2 BGB keine für den Patienten überraschenden
oder unzumutbaren Klauseln enthalten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes
ist die Benennung des ständigen ärztlichen Vertreters als Stellvertreter des Wahlarztes
für den Patienten weder überraschend noch unzumutbar (BGH, Urteil vom 20. Dezember
2007 – III ZR 144/07 –, BGHZ 175, 76–85). Der Vertreter muss jedoch die gleiche Facharztbezeichnung
führen wie der Wahlarzt (Genzel / Degener-Hencke, in: Laufs / Kern Handbuch des Arztrechts,
4. Auflage 2010, § 87 Rn. 24). Darüber hinaus ist eine solche Stellvertreterklausel
nur in solchen Fällen zulässig, in denen die Verhinderung des Wahlarztes noch nicht
bereits feststeht, weil die Verhinderung noch nicht absehbar war, etwa bei plötzlicher
Erkrankung des Wahlarztes. In einer Vertretungsregelung im Rahmen der regulären Wahlleistungsvereinbarung
lässt sich dagegen nicht der Fall regeln, dass es absehbar ist, dass der Wahlarzt
die Leistungen persönlich nicht erbringen kann. Dies ist regelmäßig dann der Fall,
wenn der Chefarzt an bestimmten Wochentagen planmäßig an einem anderen Standort des
Klinikverbundes arbeitet, als an dem Standort, an welchem die Wahlleistung erbracht
werden soll.
In Fällen, in denen die Verhinderung des Wahlarztes zum Zeitpunkt des Abschlusses
der Wahlarztvereinbarung schon bekannt war (Besuch einer Fortbildung, Urlaub oder
Tätigkeit an einem anderen Klinikstandort), kann sich der Wahlarzt durch eine Individualvereinbarung
mit dem Patienten von seiner Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung befreien
und auf einen Stellvertreter übertragen. Eine wirksame Vertretervereinbarung muss dabei folgende Voraussetzungen erfüllen:
-
Es muss mit dem Patienten eine individuelle Vertretungsvereinbarung schriftlich abgeschlossen werden, die von den Vertragsparteien (Arzt und Patient) unterschrieben
wird. In diesem Zusammenhang ist der Arzt nicht verpflichtet, seinen sonstigen ständigen
ärztlichen Vertreter als Vertreter zu benennen.
-
Die Rechtsprechung fordert in diesem Zusammenhang, dass der Patient dabei das Wahlrecht haben muss, ob er die Vertretung des Wahlarztes durch einen namentlich zu benennenden
ärztlichen Vertreter bei Beibehaltung des Liquidationsrechts des Wahlarztes oder anstatt
wahlärztlicher Leistungen die Behandlung nach den allgemeinen Krankenhausleistungen
mit Facharztstandard ohne Arztwahl oder ggf. die Verschiebung der Behandlung auf einen
späteren Zeitpunkt, wenn der Wahlarzt wieder zur Verfügung steht, wünscht. Das Liquidationsrecht
bleibt im Falle des Abschlusses der Individualvereinbarung beim Wahlarzt.
-
Zudem muss der Patient – wie auch bei der Wahlleistungsvereinbarung selbst – im Rahmen
der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht gemäß § 630c Abs. 3 BGB schriftlich darauf hingewiesen werden, dass er ggf. die Kosten
tragen muss, da private Krankenversicherungen (insb. bei Zusatzversicherungsverträgen)
möglicherweise die Kosten außerhalb der normalen Wahlleistungsvereinbarungen nicht
übernehmen. Die Erstellung einer solchen Vereinbarung muss zudem sorgfältig vorgenommen
werden, da die Gerichte hier – gerade aufgrund der persönlichen Zahlungspflicht des
Patienten – hohe Anforderungen stellen.
-
Vor Abschluss einer solchen Vereinbarung ist der Patient so früh wie möglich über die Verhinderung des Wahlarztes zu unterrichten. Die Unterrichtung kann von jedem Mitarbeiter des Krankenhauses vorgenommen werden
(Bender, MedR 2008, S. 342). Soll die Vertretervereinbarung gleichzeitig mit der Wahlleistungsvereinbarung
abgeschlossen werden, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes der Patient
gesondert ausdrücklich auf die Vertretung hinzuweisen.
Ist eine wirksame Vertretervereinbarung abgeschlossen worden, erstreckt sich gemäß
§ 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG die Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen auf alle an
der Behandlung des Patienten beteiligten angestellten oder beamteten Ärzte des Krankenhauses,
soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen im Rahmen der vollstationären
und teilstationären sowie einer vor- und nachstationären Behandlung (§ 115a SGB V)
berechtigt sind, einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen von
Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses (sog. Wahlarztkette).
Demnach umfasst die Wahlleistung „Chefarztbehandlung“ die Leistungen aller Chefärzte
des Krankenhauses, in deren Fachgebiet eine Behandlungs- oder Diagnosemaßnahme für
den Patienten anfällt (Tuschen / Trefz, Kommentar zum Krankenhausentgeltgesetz, 2009,
§ 17, S. 361). Die Wahlleistungsvereinbarung umfasst daher ebenso wie die Vertretervereinbarung
die gesamte Behandlung und nicht nur eine einzelne Maßnahme.
Die Verlegung eines Patienten von einem Klinikstandort an einen anderen zum Zwecke
eines beispielsweise nur dort möglichen MRTs stellt daher grundsätzlich kein Hindernis
dar, solange der Wahlarzt dennoch tätig wird. Im Falle einer Vertretungssituation
ist zu berücksichtigen, dass der ständige Vertreter des Wahlarztes dem Patienten vor
Abschluss der Wahlarztvereinbarung bekannt sein muss. Insofern bietet es sich an,
die ständigen Vertreter des jeweiligen Betriebsteiles in den Unterlagen zu benennen.
Zu beachten ist, dass es nur einen ständigen Vertreter geben kann. Da Wahlärzte im
Krankenhausalltag bei größeren Abteilungen oder mehreren Standorten mehrere ständige
Vertreter benötigen, bietet sich die praktische Lösung an, den Zuständigkeitsbereich
des Wahlarztes dahingehend aufzuteilen, dass mehrere Ärzte jeweils alleiniger ständiger
Vertreter für einzelne Bereiche des Zuständigkeitsbereichs des Wahlarztes werden und
dies in der Wahlleistungsvereinbarung auch so ausgewiesen wird.
Diensthabender Arzt kein Wahlarzt
Diensthabender Arzt kein Wahlarzt
Hinsichtlich der Person des Wahlarztes gilt aber, dass dieser mit Blick auf den Zweck
einer Wahlleistungsvereinbarung nicht der diensthabende Arzt sein kann, der ohnehin
auch für die Behandlung der gesetzlich versicherten Patienten zuständig wäre. Sinn
und Zweck der Vereinbarung ist aus Sicht des Patienten, über die allgemeinen Krankenhausleistungen
hinaus die Behandlung durch einen besonders qualifizierten Chefarzt beanspruchen zu
können. Dem steht es entgegen, wenn beispielsweise ein einziger diensthabender Arzt
im Betriebsteil alle Patienten an diesem Tag zu versorgen hat – insofern besteht keine
„Wahl“. Er kann nicht als Vertreter des Chefarztes tätig werden und den Honoraranspruch
für die Wahlleistung aufrechterhalten. Bei formularmäßigen Wahlleistungsvereinbarungen
– wie sie die meisten Krankenhäuser verwenden – ist zusätzlich darauf hinzuweisen,
dass der Patient auf die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen verzichten und
sich von dem diensthabenden Arzt behandeln lassen kann. Entscheidet der Patient sich
für letzteres, liegt keine Wahlleistung (im Vertretungsfall) vor. Der Wahlleistungsvereinbarung
wäre damit die Geschäftsgrundlage entzogen (§ 313 BGB), sodass eine Abrechnung von
Wahlleistungen in dem zuvor geschilderten Fall nicht erfolgen dürfte.
Fazit
Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung
im Rahmen von Wahlleistungen ist der vollständige Verlust des Honoraranspruchs für
die erbrachte Leistung. Wird die Leistung unter Verstoß gegen die Pflicht zur persönlichen
Leistungserbringung gegenüber dem Patienten abgerechnet, handelt es sich zudem um
einen strafbaren Abrechnungsbetrug gemäß § 263 StGB. In der juristischen Literatur
vertretene Minderansichten, die Sonderregeln im Hinblick auf die persönliche Leistungserbringung
für Großkliniken verlangen (Spickhoff, in: NJW 2004, 1713; Schulte / Eberz, in: MedR
2003, 388), haben sich zu Recht nicht durchgesetzt. Bei der Wahlleistung „Chefarztbehandlung“
geht es nicht um ein höheres Behandlungsniveau, das nur in einem Großklinikum geboten
werden kann (Bender, a. a. O.). Es geht allein um die Person des Leistungserbringers.
Um sich nicht der Beteiligung an einem Abrechnungsbetrug strafbar zu machen, sollten
Chefärzte, denen die Leitung eines weiteren Klinikstandortes seitens des Krankenhausträgers
angetragen wird, darauf hinweisen, dass dies mit einer Reduzierung im Angebot von
Wahlleistungen einhergehen muss, wenn nicht genügend andere Oberärzte zur Verfügung
stehen, um als Stellvertreter nach den Vorgaben der Rechtsprechung die nicht delegationsfähigen
Kernleistungen im Rahmen der Wahlarztvereinbarung zu übernehmen. Alternativ hat es
der Krankenhausträger in der Hand, weiteren herausgehobenen (Ober-)Ärzten der Abteilung
neben dem Chefarzt das Liquidationsrecht einzuräumen, denn die Stellung als Wahlarzt
ist nicht an die Stellung als Chefarzt innerhalb der Abteilung geknüpft.
Prof. Dr. Peter Wigge
Rechtsanwalt Fachanwalt für Medizinrecht
Ulrike Flau
Rechtsanwältin
Rechtsanwälte Wigge
Scharnhorststraße 40
48151 Münster
Telefon: (0251) 53 595-0
Telefax: (0251) 53 595-99
E-Mail: kanzlei@ra-wigge.de
www.ra-wigge.de