Der Klinikarzt 2016; 45(07/08): 375
DOI: 10.1055/s-0042-114005
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ASCO 2016 – Immuntherapie mit PD-L1-Antikörper

Atezolizumab beim NSCLC und mUC hoch wirksam
Michael Koczorek
Bremen
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Publication Date:
17 August 2016 (online)

 

Ein wichtiges Thema der 52. Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) im Juni 2016 in Chicago war die Immuntherapie. Eine Reihe neuer Substanzen wird bei verschiedenen Tumorentitäten in Monotherapie und in Kombination untersucht.

Weit fortgeschritten ist bei 2 Tumorentitäten die klinische Entwicklung des PD-L1-Antikörpers Atezolizumab, der sich gegen das Protein Programmed Death Ligand 1 richtet, das von Tumorzellen und tumorinfiltrierenden Immunzellen exprimiert wird: Beim fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) sowie beim fortgeschrittenen beziehungsweise metastasierten Urothelkarzinom (mUC), für das der Antikörper als erster Checkpoint-Inhibitor in den USA bereits zugelassen ist. Aktuelle Studien vom ASCO zum PD-L1-Antikörper präsentierten Experten auf einer Presseveranstaltung in Hamburg.

Verlängertes Gesamtüberleben beim NSCLC

In der randomisierten, offenen Phase-II-Studie POPLAR wurde Atezolizumab versus Docetaxel bei 287 vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC untersucht. Daten eines Studienupdates [1] bestätigen den Überlebensvorteil aus der Primäranalyse. Nach einem Follow-up von minimal 20 Monaten war das Gesamtüberleben (OS) unter dem PD-L1-Antikörper um fast 3 Monate länger (12,6 vs. 9,7 Monate; HR 0,69; p = 0,011) (Abb. 1). Bei Patienten mit hoher bis mittlerer PD-L1-Expression war der OS-Vorteil noch deutlicher (15,1 vs. 7,4 Monate). Die Wirksamkeit zeigte sich konsistent über alle Subgruppen, erklärte Prof. Dr. Dirk Jäger, Heidelberg: „Wir haben keine Subgruppe, die schlechter läuft als Standard-Chemotherapie.“

Weiter konnte gezeigt werden, dass mit einem verlängerten Follow-up auch die mediane Ansprechdauer (Duration of response, DOR) verbessert werden konnte: Sie verlängerte sich verglichen mit der Primäranalyse unter Atezolizumab von median 14,3 auf 18,6 Monate versus 7,2 Monate unter Docetaxel. Die Antikörper-Therapie erwies sich als sicher und gut verträglich: Die Rate behandlungsbezogener unerwünschter Ereignisse Grad 3/4 war deutlich geringer (12 % vs. 39 %), Therapieabbrüche wegen Nebenwirkungen seltener (9 % vs. 22 %).

Gute klinische Aktivität und Sicherheit zeigte sich auch beim fortgeschrittenen kolorektalen Karzinom (CRC), wie eine Phase-Ib-Studie [2] zeigte. Untersucht wurde die Kombination von Atezolizumab mit dem MEK1/2-Inhibitor Cobimetinib, der den MAP-Kinase-Weg blockiert, bei schwer vorbehandelten CRC-Patienten. Die Kombination resultierte bei mikrosatelliten-stabiler Erkrankung (MSS) in einer höheren Gesamtansprechrate (ORR, Overall response rate) als von den Monotherapien erwartet: Bei insgesamt guter Verträglichkeit erreichte die ORR 17%, das 6-Monats-OS lag bei 72 %.


Gutes Ansprechen bei Blasenkrebs

Standard der Firstlinienbehandlung des mUC ist eine Cisplatin-basierte Chemotherapie. Viele Patienten kämen wegen eines schlechten Performance-Status, Nierenfunktionsstörung oder multipler Komorbiditäten jedoch nicht für die nebenwirkungsreiche und belastende Therapie infrage, wie Prof. Dr. Kurt Miller, Berlin, erklärte. Zudem gebe es kaum Langzeitremissionen. Atezolizumab kann diese Situation möglicherweise entscheidend verbessern, wie aktualisierte Analysen der offenen Phase-II-Studie IMvigor210 zeigen. 24 % der Patienten, die für eine platinbasierte Chemotherapie nicht infrage kamen (Kohorte 1, n = 119), sprachen auf den PD-L1-Antikörper an (7 % Komplettremissionen) – unabhängig vom Ausmaß der PD-L1-Expression [3]. Zum Auswertungszeitpunkt (medianes Follow- up 14,4 Monate) war die mediane Ansprechdauer noch nicht erreicht; bei 75% der Responder hielt das Ansprechen noch an; das mediane OS war 14,8 Monate.

In Kohorte 2 (n = 310) wurden Patienten nach platinbasierter Chemotherapie mit Atezolizumab behandelt. Sie sprachen nach einem medianen Follow-up von 11,7 Monaten zu 15 % an [4]. Das Studienupdate zeigte nun, dass bei 71 % der Responder das Ansprechen auch nach einem medianen Follow-up von 17,5 Monaten noch anhielt [5]. Mit der Dauer des Follow-up stieg die Chance auf eine Komplettremission. Die mediane Ansprechdauer war auch hier noch nicht erreicht. Das mediane OS lag bei 7,9 Monaten, das 1-Jahres-OS bei 37 %. Atezolizumab erwies sich wiederum mit einer geringen Rate an Grad 3/4-Nebenwirkungen (0–3 %) als gut verträglich.

Quelle: Pressekonferenz „Aktuelles vom amerikanischen Krebskongress 2016“, am 22. Juni 2016 in Hamburg. Veranstalter: Roche Pharma AG.

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