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DOI: 10.1055/s-0042-113981
Respiratortherapie – Welche periphere Sättigung ist optimal?
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
07. September 2016 (online)
Bei der mechanischen Beatmung ist es nicht notwendig, die physiologisch maximalen Sättigungswerte anzustreben. Auch ein permissiveres Regime stellt kein Risiko für den Patienten dar, wie die prospektive Multizenterstudie von R. Panwar et al. zeigt.
Am J Respir Crit Care Med 2016; 193: 43 – 51
Zahlreiche Aspekte der Intensivmedizin sind empirisch nicht validiert. So war die Frage offen, ob es bei einer maschinellen Beatmung sinnvoll ist, maximale pulsoxymetrische Sättigungswerte anzustreben. Einer an Optimalwerten orientierten Respiratortherapie steht die Möglichkeit gegenüber, auch grenzwertige Sättigungen zu tolerieren. Dann wäre es möglich, toxisch hohe, inspiratorische Sauerstoffkonzentrationen zu vermeiden. Diese Frage wurde bisher empirisch noch nicht angegangen.
Die prospektive Untersuchung erfasste 103 erwachsene Intensivpatienten, bei denen für mindestens 24 Stunden eine maschinelle Beatmung notwendig war. Die Multizenterstudie definierte dabei randomisiert 2 Sättigungsziele:
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Beim permissiven Regime sollte sich der pulsoximetrische Sättigungsbereich zwischen 88 und 92 % bewegen.
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Bei der konservativen Strategie wurde eine Sättigung > 96 % angestrebt.
Regelmäßige Blutgasanalysen sicherten zusätzlich die Qualität der Beatmung. In der Nachbeobachtungsphase prüften die Autoren, ob die Zuordnung zu einer Sättigungsstrategie den klinischen Verlauf und die Prognose beeinflusst hatte.
Die durchschnittliche, inspiratorische Sauerstoffkonzentration (FIO2) divergierte entsprechend des gewählten Regimes (konservativ: 0,36, permissiv: 0,26). Die konservativ Beatmeten lagen in 86 % der Zeit im Zielbereich. Unter der permissiven Oxygenierung gelang dies in 97 % der Beatmungszeit. Die Auswertung zeigte, dass sich die Zuordnung zur Sättigungsstrategie weder auf die kurzfristige noch auf die langfristige Mortalitätsprognose auswirkte. Die Kurzzeitmortalität variierte um 37–40 %. Auch die Parameter des klinischen Verlaufs blieben weitgehend unbeeinflusst. Der durchschnittliche Katecholaminbedarf zeigte sich in der permissiven Gruppe leicht vermindert (0,08 vs. 0,09 µg/kg/min. Die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation schwankte gruppenunabhängig um 7–9 Tage.
Bei beatmeten Intensivpatienten ist es offenbar nicht notwendig, die physiologisch maximal mögliche, periphere Sauerstoffsättigung anzustreben. Auch die Orientierung an submaximalen Werten im Bereich von 88 bis 92 % bleibt ohne Konsequenz auf die Mortalitätsprognose und den Krankheitsverlauf. Dieser Befund eröffnet die Perspektive, erhöhte, eventuell toxische, inspiratorische Sauerstoffkonzentrationen gezielt zu vermeiden, so die Autoren.
Dr. Horst Gross, Berlin
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