Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2016; 23(04): 198
DOI: 10.1055/s-0042-113314
DGMM-Mitteilungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

DGMM-Workshop am 24. Juni in Hamburg

Binnenschifffahrt
Martin Dirksen-Fischer
1   Hamburg
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Publication Date:
24 August 2016 (online)

 

Die Binnenschifffahrt nimmt innerhalb der maritimen Medizin wie wohl auch insgesamt gesamtgesellschaftlich eher eine randständige Position ein. Dennoch gibt es in diesem Bereich zahlreiche auch medizinischer Problemstellungen, die bisher wenig aufgearbeitet wurden. Dem Vorstand der DGMM ist insofern besonders zu danken, dass er die Initiative ergriffen und am 24. Juni in Hamburg Expertinnen und Experten zusammengerufen hat, um eine erste Bestandaufnahme zu erstellen. Es fanden sich Vertreter der Arbeitsmedizin genauso wie Partikuliere, Vertreter der Berufsgenossenschaft aber auch der Wissenschaft und des öffentlichen Gesundheitswesens zusammen, ergänzt durch einen Vertreter der Binnenschiffermission. Es oblag Dr. Klaus Seidenstücker, Vorsitzender der DGMM, die Teilnehmer zu begrüßen.

Öffentlicher Gesundheitsdienst

Aus Sicht des öffentlichen Gesundheitsdienstes trugen Günter Pfaff, Otto Göttinger und Martin Dirksen-Fischer vor. Deutlich wurde, dass bis jetzt nur sehr punktuell Hygienekontrollen im Bereich der Binnenschifffahrt durchgeführt werden. Auch wenn es zu einer zu vermuteten Verbesserung der Hygiene an Bord durch Maßnahmen der Industrie gekommen ist, so ist doch europaweit eine viel zu schwache Vernetzung der betroffenen Behörden mit entsprechenden Kommunikationsdefiziten und sehr unterschiedlichen Standards zu vermerken. So auch das Ergebnis einer Befragung im Rahmen des Shipsan Joint Acts, eines Forschungsprojekts der EU (weitere Informationen: www.shipsan.eu). Es gibt allerdings auch positive Beispiele der internationalen Zusammenarbeit aus der Oberrhein-Region (Pfaff) und in Teilen der Donau (Göttinger).


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Arbeits- und Unfallschutz

Es folgten sodann Vorträge zum Thema des Arbeits- und Unfallschutzes (Alexandra Preisser, Holger Bessel). Hier ging es unter anderem um die Frage der adäquaten Rettung von Personen, die über Bord gegangen sind. Ein Problem sind hier beispielsweise hohe Bordwände und wenige beteiligte Personen, aber auch Probleme in der Kooperation mit dem Rettungsdienst und technische Fragen der Rettungsmittel. Aus arbeitsmedizinischer Sicht berichteten dann Karl-Peter Faesecke und Clara Schlaich zu Fragen der Eignungsuntersuchungen der Binnenschiffer.

Karl-Peter Faesecke stellte überzeugend Mängel in den nicht immer trennscharfen Kriterien der Eignungsuntersuchungen dar, Clara Schlaich lenkte die Aufmerksamkeit des Fachpublikums auf die medizinischen Probleme des alten bis sehr alten Binnenschiffers. Der Ordinarius für Arbeits- und maritime Medizin in Hamburg, Volker Harth, stellte die Bereitschaft seines Instituts dar, die hier aufkommenden wissenschaftlichen Fragestellungen zu bearbeiten. Zu denken sei beispielsweise an Studien um die Risiken in diesem insgesamt wenig beachteten Arbeitsgebiet noch besser zu erkennen und dann auch präventiv handeln zu können.


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Psychomentalen Aspekte

Das Fachgespräch profitierte sehr von den Beiträgen der geladenen Praktiker aber auch der maritimen Mediziner aus den Reihen der DGMM. Die insbesondere psychomentalen Belastungsaspekte wurden durch Marcus Oldenburg vorgestellt, der über die Daueranforderungen an die sehr kleinen Besatzungen (2 bis 4 Personen) berichtete und auch über das Moment der Isolation. Um eben dem entgegenzuwirken ist die Binnenschiffermission in Hamburg und anderswo aktiv. Manfred Jahnke berichtete über die große Dankbarkeit der Binnenschiffer nach entsprechender Kontaktaufnahme durch die Missionen.

In Kürze werden die Impulsvorträge auf der Internetseite unserer DGMM eingestellt. Der Vorstand wird sich mit der praktischen Umsetzung der Tagung beschäftigen. Schon jetzt wird deutlich, dass eine bessere Zusammenarbeit im Bereich des Infektionsschutzes (Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes) ebenso nottut wie eine kritische Durchsicht der arbeitsmedizinischen Aspekte der Binnenschifffahrt. Die DGMM wird sich dieser Aufgabe weiter stellen.


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