Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2016; 23(05): 213
DOI: 10.1055/s-0042-113233
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Verbreitungsgebiet deutlich größer als bisher angenommen

Tsutsugamushifieber in Chile und Nepal
Unn Klare
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Publication Date:
19 October 2016 (online)

 

In dem Gebiet zwischen Nordjapan, Nordaustralien und Afghanistan/Pakistan erkranken jährlich vermutlich etwa eine Million Menschen an einer wenig beachteten Infektionskrankheit namens Tsutsugamushifieber. Mindestens 140 000 von ihnen überleben die Infektion nicht.

Larven bestimmter, vor allem in dichter Buschvegetation lebender Milbenarten übertragen die Erreger, nahe mit den Rickettsien verwandte Bakterien namens Orientia tsutsugamushi, auf den Menschen. Doch obwohl die Erreger bereits seit 1930 bekannt sind, wird die Krankheit oft nicht richtig diagnostiziert, denn in weiten Teilen des ländlichen Asiens erfolgt die Diagnose wegen der mangelnden medizinischen Ausstattung oft lediglich aufgrund des klinischen Erscheinungsbilds.

Häufige Fehldiagnosen durch unspezifische Symptome

Zwar gibt es einen sehr eindeutigen Hinweis auf eine Erkrankung am Tsutsugamushifieber – an der Bissstelle der Milben bildet sich oft eine charakteristische Papel mit schwarzem Schorf – jedoch kann diese bei dunkler Hautfarbe des Patienten oder einem Biss an durch Kleidung verborgenen Körperregionen leicht übersehen werden, sofern nicht explizit danach gesucht wird. Die übrigen ohne Laboruntersuchungen festzustellenden Symptome (vor allem Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Muskelschmerzen sowie Hautausschlag) sind dagegen recht unspezifisch und überschneiden sich mit anderen in der Region häufigen Erkrankungen wie dem Denguefieber oder Paratyphus. So kommt es häufig zu Fehldiagnosen.


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Mehrere Erkrankungen außerhalb des Verbreitungsgebiets

Dies erschwert nicht nur die Abschätzung der tatsächlichen Fallzahlen, sondern auch Aussagen über das genaue Verbreitungsgebiet. So waren bereits 2006 2 Fälle von Erkrankungen gemeldet worden, die dem Tsutsugamushifieber ähneln und die deutlich außerhalb des als „Tsutsugamushidreieck“ bekannten Verbreitungsgebiet in Südasien/Australien lagen: Eine Infektion erfolgte in Dubai und die zweite auf der Insel Chiloé direkt vor der chilenischen Küste. In beiden Fällen handelte es sich jedoch nicht um Infektionen durch O. tsutsugamushi, sondern durch nahe verwandte, zuvor unbekannte Arten.

Vergangenes Jahr im August wurden dann erstmal auch in Nepal Infektionen gemeldet. Das Land liegt direkt nördlich des bis dahin nachgewiesenen Verbreitungsgebiets. Seither erkrankten hier mindestens 277 Menschen und 13 von ihnen überlebten die Erkrankung nicht. Eine Anfang September dieses Jahres veröffentlichte Studie berichtet darüber hinaus nun auch von 3 weiteren Fällen auf Chiloé, die in dem Zeitraum von Januar 2015 bis Februar 2016 aufgetreten waren. Als Erreger wurde auch hier nun O. tsutsugamushi nachgewiesen – circa 12 000 km außerhalb des bekannten Verbreitungsgebiets.

Darüber, wie lange der Erreger bereits in Südamerika zirkuliert, wie weit er hier verbreitet ist und welche Milbenarten hier als Vektor fungieren, liegen bisher keine Ergebnisse vor. Es scheint jedoch, als sei das Tsutsugamushifieber ein deutlich globaleres Problem, als bisher angenommen.

Quellen: promed; Weitzel T, Dittrich S, López J, Phuklia W, et al. Endemic Scrub Typhus in South America. N Engl J Med 2016; 375:954–996


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