Anamnese
Ein 64-jähriger Patient stellte sich in unserer Notaufnahme aufgrund von atemabhängigen,
stechenden, linksthorakalen Schmerzen sowie Ruhedyspnoe vor. Weitere Symptome, insbesondere
Fieber, wurden verneint. Folgende Vorerkrankungen bestanden: Adipositas permagna (BMI
43), Gonarthrose rechts mit Z. n. Arthroskopie vor 3 Monaten, Diabetes mellitus Typ
2 (insulinpflichtig), Schlafapnoe-Hypopnoe-Syndrom unter Therapie mit nasaler positiver
Atemwegsdruckbeatmung (nCPAP), essentielle arterielle Hypertonie, Z. n. tiefen Beinvenenthrombosen
mit oraler Antikoagulation mittels Rivaroxaban, chronische Gastritis sowie ein primäres
Parkinsonsyndrom. Eine koronare Herzkrankheit wurde im Vorfeld ausgeschlossen.
Status, Labor, primäre Diagnostik und initiale Verdachtsdiagnose
Der körperliche Untersuchungsbefund zeigte neben der Adipositas Hinweise auf eine
Pneumonie (basale Rasselgeräusche). Im Labor imponierten erhöhte Entzündungsparameter
(CRP 32 mg/l, Leukozyten 10.68 Gpt/l). In der kapillären Blutgasanalyse sahen wir
eine respiratorische Partialinsuffizienz unter 3 l O2/min. Laborchemisch sowie elektrokardiografisch fand sich kein Hinweis auf einen Myokardinfarkt.
Die transthorakale Echokardiografie war unauffällig. Das Röntgen-Thorax zeigte eine
streifige Zeichnungsvermehrung rechts mit Unschärfe des rechten Herzrandes, vereinbar
mit Infiltraten. Unter dem Verdacht auf eine ambulant erworbene Pneumonie begannen
wir eine empirische antibiotische Therapie mit Ampicillin/Sulbactam, die im Verlauf
aufgrund unzureichenden Therapieansprechens auf Ceftriaxon gewechselt wurde.
Verlauf, weiterführende Diagnostik und endgültige Arbeitsdiagnose
Aufgrund der Dyspnoe sowie erhöhter D-Dimere in Verbindung mit einer vorausgegangenen
Arthroskopie und seitdem pausierter Antikoagulation führten wir zusätzlich zum Ausschluss
einer Lungenarterienembolie eine CT-Angiografie des Thorax durch. Hier ergab sich
kein Hinweis auf eine Lungenarterienembolie. Allerdings zeigten sich mehrere Rundherde
bis zu einem Durchmesser von ca. 2 cm, sodass sich der Verdacht auf intrapulmonale
Metastasen eines bisher unbekannten Primärtumors ergab ([Abb. 1]). Die weiterführenden Untersuchungen mittels Ösophagogastroduodenoskopie, Koloskopie,
Abdomen-Becken-CT und Sonografie der Schilddrüse und des Abdomens ergaben keinen weiteren
Anhalt für ein Malignom bzw. einen Primärtumor.
Abb. 1 Angio-CT des Thorax: mehrere noduläre Herde, überwiegend mit pleuralem Kontakt bis
zu einem Durchmesser von ca. 2 cm. Größter Herd im Segment 10 links. Verdacht auf
intrapulmonale Metastasen.
Zur weiteren Abklärung der pulmonalen Rundherde wurde eine Bronchoskopie durchgeführt.
Hier sahen wir ein zentral unauffälliges Bronchialsystem. Die bronchoalveoläre Lavage
war zellreich (Zellzahl: 10,77 × 108 ml) mit 10 % Neutrophilen, die Lymphozytenzahl
war stark erhöht (48 %), mit normaler CD4/8-Ratio und einem hohen Anteil an immuneszenten
Zellen (CD57+) als Hinweis für eine chronische T-Zell-Aktivierung. Eine bioptische
Materialgewinnung aus den Rundherden gelang aufgrund der peripheren Lage derselben
nicht. Zur weiterführenden histologischen Diagnostik erfolgten daher Keilexzisionen
aus dem linken Lungenober- und -unterlappen. Histologisch konnte hier eine epitheloidzellig-granulomatöse
Entzündung nachgewiesen werden (s. [Abb. 2 a, b]). Die Granulome waren nicht sarkoidosetypisch.
Abb. 2 Histopathologie: nodöse, nekrotisierende, epitheloidzellig-granulomatöse Entzündung
(a). Lymphknoten mit Anthrakosepigmentspeicherung und begleitender kleinherdiger Epitheloidzellreaktion
(b). PCR-Nachweis: Pichia guilliermondii (PG). Diagnose: fokal chronisch organisierende
Pneumonie und pulmonale Pilzinfektion mit PG.
Differenzialdiagnostisch ist bei granulomatösen Entzündungen neben einer Sarkoidose
und Infektion mit Bakterien des Mykobakterium tuberculosis-Komplexes auch an Pilzinfektionen
zu denken. Da in der Nukleinsäureamplifikation (PCR) kein Genom des Mykobakterium
tuberculosis-Komplexes nachgewiesen werden konnte, wurde zur weiteren Ursachenabklärung
eine Pilz-PCR veranlasst.
Es erfolgte eine Isolation von Gesamt-DNA aus 3 FFPE-Schnitten (10 µm) unter Verwendung
des MagCore® Genomic DNA Tissue Kits und des MagCore® Extractor nach Protokoll des Herstellers (RBC Bioscience corp., Taipei City, Taiwan).
Die DNA wurde in 60 µl Tris-HCl eluiert und die Konzentration am Nanodrop 1000 ermittelt
(Thermo-Scientific, Wilmington, USA).
Die Amplifikation von Fungi-DNA und die Identifikation von möglichem Pilzgenom erfolgten
unter Nutzung des FUNGIType2.1 LCD-Array-Kits nach Angaben des Herstellers (Chipron, Berlin, Deutschland). Die
Analyse der PCR-Produkte erfolgte am QiaXcel-System (Qiagen, Hilden, Deutschland).
10 µl des PCR-Produktes wurden auf den LCD-Chip hybridisiert. Die Analyse des getrockneten
Chips erfolgte am Chipron PF7250 Chip-Scanner (Chipron, Berlin, Deutschland).
Hierdurch konnte der Nachweis von myzetalem Genom erbracht werden, wobei in der Subtypisierung
speziell Pichia guilliermondii (PG) nachgewiesen wurde. Aus tieferen Schnittstufen
kamen dann in Spezialfärbungen (Versilberung nach Grocott) degenerativ veränderte
Erregerstrukturen („sporenartige Korpuskel und hyphenartige Partikel ohne Verzweigung“)
zur Darstellung.
Nach Eingang der Histologie leiteten wir eine 6-wöchige Therapie mit Fluconazol ein.
Fluconazol ist bezogen auf die Daten der ARTEMIS DISK-Studie [1] bei PG nach Voriconazol die 2. Wahl, wurde von uns jedoch vor dem Hintergrund der
Polypharmazie des Patienten bei günstigerem Wechselwirkungsprofil bevorzugt. Unter
der antimykotischen Therapie besserte sich die Beschwerdesymptomatik deutlich. Weitere
Kontrollen mittels CT-Thorax bis 0/2016 erbrachten den Nachweis einer vollständigen
Regredienz der Raumforderungen.
Diskussion
Pichia guilliermondii kommt ubiquitär vor und gehört zu der Non-Candida-albicans-Gruppe.
Hierzu zählen weiterhin C. glabrata, C. krusei, C. lusitaniae und C. tropicalis. PG
wurde aus Phlegmonen, Wunden, Sputum und Blut isoliert. PG gehört zu einer Erregergruppe,
die nur für wenige Prozent aller Candidämien verantwortlich ist [2]. Gehäufte Fälle von Candidämien durch PG sind nur aus Lateinamerika dokumentiert
[1]. Es besteht eine erhöhte Inzidenz von Fungämien mit Pichia guilliermondii bei immunsupprimierten
Patienten (insbesondere Krebspatienten, AIDS-Patienten und Organtransplantierten)
[2]
[3]
[4], häufig assoziiert mit Anlagen von zentralvenösen Kathetern, abdominalchirurgischen
Eingriffen und Peritonealdialyse [5].
Dies ist unseres Erachtens in Europa der erste beschriebene Fall einer Pichia guilliermondii-Infektion
bei einem Patienten, der, abgesehen von einem Diabetes Typ II, keine Prädisposition
für eine Infektion mit opportunistischen Erregern aufwies. Als möglicher begünstigender
Faktor muss die nCPAP-Therapie in Betracht gezogen werden. Mikrobiologische Studien
konnten Kolonisationen der nCPAP-Geräte mit Pilzen nachweisen, wobei man nur Candida
albicans fand und in keinem dieser Fälle eine Infektion der Atemwege nachgewiesen
wurde [6]. Auch die radiologische Präsentation der Infektion als unklare Rundherde ist im
Rahmen dieser infektiösen Erkrankung bislang nicht beschrieben.
Auch bei Patienten mit unklaren pulmonalen Rundherden, die nicht die typischen Kriterien
einer Immunsuppression erfüllen, sollte bei Vorliegen prädisponierender Faktoren differenzialdiagnostisch
an seltene opportunistische Infektionen, respektive auch an eine Infektion durch Vertreter
der Non-Candida-albicans-Gruppe (hier Pichia guilliermondii) gedacht werden.