Z Geburtshilfe Neonatol 2016; 220(04): 146
DOI: 10.1055/s-0042-111888
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Neonatologie
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Rezidivierende Apnoen – Langzeit-Outcome nach Doxapram-Behandlung von Frühgeborenen

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Publication Date:
29 August 2016 (online)

Hintergrund: Vor allem bei sehr kleinen Frühgeborenen sind rezidivierende Apnoen auch wegen der Unreife des Atemzentrums keine Seltenheit. Wenn trotz Gabe von Koffein die Apnoen persistieren, greifen einige Kliniker zum zentral stimulierenden Doxapram, um die ansonsten notwendige Intubation und maschinelle Beatmung zu vermeiden. Mediziner aus den Niederlanden sind Befürchtungen über negative Langzeitauswirkungen von Doxapram auf die neurokognitive Entwicklung nachgegangen. Doxapram ist nicht mit einer langfristig verschlechterten neurokognitiven Entwicklung verbunden. Zu diesem Ergebnis kommen Christine ten Hove und ihre Kollegen, die Daten von 426 ehemaligen Frühgeborenen in ihre retrospektive Studie aufgenommen haben.

Methoden: Die Kinder waren zwischen 2000 und 2010 mit einem Gestationsalter < 30 Wochen und / oder einem Geburtsgewicht < 1250 g in 1 von 2 niederländischen Zentren zur Welt gekommen. Davon hatten

  • 142 Kinder Doxapram erhalten, beginnend im Mittel an Tag 12, über 6 Tage in einer Gesamtdosis von 123 mg, und bei

  • 284 zur gleichen Zeit behandelten, nach dem Zufallsprinzip aus der Kohorte ausgewählten Kindern (Verhältnis 2:1) war das nicht der Fall gewesen.

Koffein war bei allen Kindern zur Anwendung gekommen.

Die Wissenschaftler verglichen zwischen den beiden Gruppen die Häufigkeit von neurologisch-kognitiven Entwicklungsverzögerungen (neurodevelopmental delay, ND), definiert anhand der Ergebnisse von Untersuchungen, die bei den Kindern im Alter von 2 Jahren durchgeführt worden waren. Dazu gehörten die Bayley Scales of Infant and Toddler Development (Versionen II und III), die Diagnose einer infantilen Zerebralparese, schwere Seh- und / oder Hörstörungen.

Ergebnisse: Die Auswertung ergab eine ND bei

  • 13 der 115 auswertbaren Kinder der ehemaligen Doxapram-Gruppe (17,1 %) und

  • 30 der 170 auswertbaren Kindern der Kontrollgruppe (25,6 %).

Daraus errechnete sich kein signifikanter Unterschied, das Risiko für ein Kompositum aus Tod oder Auftreten einer ND lag in der Doxapram-Gruppe aber deutlich niedriger (Odds Ratio [OR] 0,58; p = 0,003). Nach Adjustierung im Hinblick auf mögliche Störvariablen wie Gestationsalter, intrauterine Wachstumsretardierung, intraventrikuläre Blutungen, Sepsis und postnatale Gabe von Steroiden fand sich für das Auftreten einer ND ein deutlicher Trend zugunsten von Doxapram (OR 0,53), wenn auch die statistische Signifikanz verfehlt wurde.

Fazit

Nach diesen Daten stört Doxapram nicht die neurologische Entwicklung ehemaliger Frühgeborener, meinen die Autoren – eher könnte es protektiv wirken. Möglicherweise gehen kontroverse Ergebnisse auf einen Indikations-Bias zurück, nach dem bei schwerer kranken Kindern eben häufiger die Indikation zur Doxapram-Behandlung gestellt wurde. Gastrointestinale Ereignisse (nekrotisierende Enterokolitis, Perforationen) traten dabei unter Doxapram nicht gehäuft auf. Einschränkend gilt das retrospektive Design dieser Auswertung, mehr Klarheit könnten prospektive randomisierte Studien bringen.

Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim