Liebe Leserinnen und Leser,
auch im 3. Heft unseres Jahrgangs ist wieder ein außerordentlich interessantes Portfolio
von sowohl berufspolitischen Informationen als auch klinisch-wissenschaftlichen Studien
zusammengetragen.
In der Rubrik „Orthopädie und Unfallchirurgie aktuell“ wurde erneut das Thema Qualitätssicherung
mit Routinedaten aufgearbeitet. Dieses wird seit einigen Jahren zwischen Krankenkassen
auf der einen und den Leistungserbringern/Krankenhäusern auf der anderen Seite durchaus
kontrovers diskutiert. Dabei ist seit Januar 2016 durch die Vorgabe des Krankenhausstrukturgesetzes
klar, dass nach dem „Pay for performance-Prinzip“ sowohl die finanzielle Entgeltung
im Krankenhaus als auch die zukünftige Krankenhausplanung anhand von belastbaren Qualitätsindikatoren
durchgeführt werden muss. Insofern ist das ZfOU-Interview mit Herrn Fischer als Leiter
des Referats Qualitätsmanagement bei der Krankenhausgesellschaft NRW sehr lesenswert;
nach seiner Einschätzung ist mit den bisherigen Abrechnungsdaten der Krankenhäuser
keine saubere Risikoadjustierung und damit keine belastbare Berechnungsgrundlage für
die Qualitätssicherung mit Routinedaten möglich. Im Gegensatz dazu ist in einem weiteren
ZfOU-Interview mit Herrn Günster als Vertreter des WIdO-Instituts der Ortskrankenkassen
die gegensätzliche Meinung vertreten, dass das Verfahren und die Methodik zur Qualitätssicherung
mit Routinedaten zwischenzeitlich so ausgereift seien, dass diese für eine gesetzliche
Qualitätssicherung genutzt werden könne. Im dritten ZfOU-Interview mit Herrn Selbmann
als Emeritus des Instituts für Medizinische Informationsverarbeitung der Universität
Tübingen wurde ein „unabhängiger Experte“ zu dieser Kontroverse befragt. Nach seiner
Einschätzung haben Routinedaten durchaus ein hohes Potenzial für eine mögliche Bewertung,
müssen jedoch validiert sein, was bisher wohl nicht gegeben ist. Aus diesem kurzen
Abriss der abgedruckten 3 Interviews zeigt sich die „hohe Sprengkraft“, die hinter
dieser Thematik für die Kliniken steckt. Das Lesen der Interviews lohnt sich daher
auf jeden Fall.
Wie schon in den vergangenen Editorials angekündigt, wollen wir zunehmend auch Leitlinien
und Kommentare zu Leitlinien aus unserem Fachgebiet publizieren. Diesbezüglich wird
in der vorliegenden Heftausgabe von C. Niedhart die S3-Leitlinie Osteoporose (letzter
Aktualisierungsstand 2014) [1] dargestellt und entsprechend mit der seitdem erschienenen aktuellen Literatur kommentiert.
In der nachfolgend aufgeführten Arbeit von Hotfiel et al. [2] ist eine aktuelle Übersicht über die Klassifikationen, diagnostischen Vorgehensweisen
und aktuellen Behandlungsempfehlungen unter Berücksichtigung der jeweiligen Evidenzlage
bei Muskelverletzungen aufgeführt. Dabei wird besonders hervorgehoben, dass es bei
Infiltrationsbehandlungen mit Lokalanästhetika zu myotoxischen Effekten kommt, jedoch
bei singulärer Glukokortikoid-Infiltration dieser myotoxische Effekt nicht zu beobachten
ist.
In der Arbeit von Arnscheidt et al. [3] wurden für das Krankheitsbild der Arthrose die aktuellsten Erkenntnisse im Bereich
moderner, zum Teil noch experimenteller Bildgebung und biochemischer Methoden, die
sich für eine Frühdiagnose der Arthrose eignen, dargestellt. Das besondere Potenzial
dieser neuen translationalen Techniken liegt vor allem darin, die Arthrose möglichst
frühzeitig zu erkennen und dann präventiv behandeln zu können.
Die Arbeitsgruppe von Bernhardt et al. [4] untersuchte die Fragestellung, in wie weit der Einsatz eines peripheren Neuromonitorings
die Schraubenfehllage bei transpedikulärer Instrumentation der Lendenwirbelsäule verringern
kann. Es zeigte sich jedoch, dass dies durch die angewendete Neuromonitoringmethodik
nicht bestätigt werden kann, sodass dieser durchaus interessante Ansatz für die klinische
Anwendung nicht empfehlenswert ist.
Die Arbeit von Langenhan et al. [5] untersuchte die Auswirkungen auf die Arbeitsunfähigkeit bei komplexen Claviculaschaftfrakturen
und bei dislozierten Schaftfrakturen bei Schwerarbeitern. Dabei konnten sie zeigen,
dass mit der intramedullären Schienung die frühfunktionelle Nachbehandlung von dislozierten
Claviculaschaftfrakturen gegeben ist und nicht das Frakturmuster, sondern insbesondere
der Grad der physischen Arbeitsbelastung maßgeblich für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit
ist.
Aus der Arbeitsgruppe von Büren et al. [6] wurden die für die traumatologischen Eingriffe der palmaren Plattenosteosynthese
am distalen Radius, der proximalen Femurnagelung und der Implantation einer Duokopfprothese
im Rahmen des Team-Time-Outs geschätzten Schnitt-Naht-Zeiten den nachfolgend tatsächlichen
Operationszeiten gegenübergestellt. Hierbei zeigte sich kein signifikanter Unterschied,
sodass lediglich bei nicht zu erwartenden intraoperativen Komplikationen auch Ausreißer
im Sinne „überdurchschnittlich langer Schnitt-Naht-Zeiten“ resultierten.
Durch die Arbeitsgruppe von Seeber et al. [7] wurde die Fragestellung der Planungsgenauigkeit, der Zeitersparnis und der Kosteneffektivität
unter Verwendung eines patientenspezifischen Instrumentariums für die unilaterale
Schlittenprothese untersucht. Dabei konnte anhand von insgesamt 24 analysierten Operationen
gezeigt werden, dass die Planung intraoperativ sogar in der Mehrzahl der Fälle verändert
werden musste, die OP-Zeit sich deutlich verlängerte und ein deutlich erhöhter Kostenaufwand
im Vergleich zum Standardvorgehen resultierte. Nach Einschätzung der Autoren sind
daher die Erwartungen an eine patientenspezifische Instrumentationstechnologie für
die Schlittenendoprothese derzeit nicht erfüllt.
In der Studie von Bornemann et al. [8] wurde die Temperaturverteilung im angrenzenden Gebiet bei der Radiofrequenzablation
spinaler Tumormetastasen untersucht. Dabei zeigte sich bei korrekter Sondenlage kein
erhöhtes Schädigungspotenzial für die neuralen Strukturen im Spinalkanal und/oder
des Neuroforamens. Von den Autoren wurde daher die Radiofrequenzablation bei Wirbelkörpermetastasen
als sicheres Verfahren eingestuft.
Von Prokop et al. [9] wurde eine sehr interessante Kasuistik unter Reflexion der diesbezüglich zur Verfügung
stehenden Literatur zum Schädigungspotenzial von Tabletten in Blisterpackungen bei
kognitiv eingeschränkten Patienten dargestellt. Als Konsequenz wurde als Dienstanweisung
in der Autorenklinik vorgegeben, dass die Ausgabe von Tabletten in Blisterpackung
am Patientenbett zukünftig untersagt ist.
Im Videopaper von Chmielnicki und Prokop [10] wurde die perkutane Achillessehnennaht nach Zwipp mit dem Dresdner Instrumentarium
dargestellt und über die eigenen durchaus positiven Ergebnisse mit dieser Methode
berichtet.
Im Refresher-Teil unserer Zeitschrift wurde ausführlich und detailliert das sogenannte
„Gluteussehnensyndrom“ dargestellt. Es beschreibt letztendlich die „Rotatorenmanschettenruptur“
am Hüftgelenk, die sicherlich in der klinischen Praxis häufig verkannt und mit der
Diagnose Bursitis trochanterica nicht ausreichend beschrieben ist. Es lohnt sich also
sehr, diesen Refresher-Artikel zu lesen.
Als Herausgeber der ZfOU möchten wir weiterhin dem Konzept treu bleiben, Ihnen sowohl
mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen als auch Refresher-Artikeln einen interessanten
Mix als Informationsgewinn für die tägliche Arbeit zusammenzustellen. Dabei ist zusätzlich
der gerade in diesem Heft zusammengestellte Themenkomplex zur Qualitätssicherung mit
Routinedaten ein solch aktuelles gesundheitspolitisches Thema, an dem keiner, der
im Gesundheitssystem arbeitet, „vorbei kommt“.
Ihre
D. C. Wirtz
U. Stöckle