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DOI: 10.1055/s-0042-108914
Fragen aus der Facharztprüfung Neurologie
Publication History
Publication Date:
08 July 2016 (online)
In der Kernspintomografie kann das ischämische Areal sowohl durch diffusionsgewichtete Aufnahmen als auch mithilfe von Kontrastmittel durch Perfusionsaufnahmen dargestellt werden.
Bei diffusionsgewichteten Aufnahmen werden die Braunschen Molekularbewegungen im extrazellulären Raum gemessen. Da es im Rahmen einerIschämie relativ frühzeitig zu einem intrazellulären Ödem und damit zur Schwellung der Zelle kommt, verkleinert sich der extrazelluläre Raum, sodass Diffusionsbewegungen abnehmen und das Signal auf Diffusionsbildern ansteigt. Bei Perfusions-Kernspins wird das paramagnetische Kontrastmittel intravenös gegeben, während eine T2-gewichtete Sequenz erstellt wird. Infarziertes Gewebe behält nun sein Ursprungssignal und wirkt in Relation zum normal durchbluteten Gewebe heller, da das intakte Gewebe dunkler erscheint.
Die Missmatch-Theorie basiert auf der Vorstellung, dass um ein ischämisches Gebiet eine funktionell wieder herstellbare Penumbra existiert. Als ischämisches Gebiet wird dabei das in der Diffusionsgewichtung erkennbare Gebiet angenommen, während es sich bei dem in der perfusionsgewichteten Kernspintomografie dargestellten Gewebe eher um ein Gebiet im Sinne der Penumbra handelt. Weichen nun beide Gebiete in ihrem Ausmaß deutlich voneinander ab, kann angenommen werden, dass das Kerngebiet der Ischämie noch relativ klein ist, während das funktionell zwar eingeschränkte, aber wieder herstellbare Gebiet noch relativ groß ist. Patienten mit einem deutlichen Missmatch werden daher als Kandidaten betrachtet, die von einer Lyse besonders profitieren.
Grundsätzlich können Territorialinfarkte, subkortikale Infarkte, hämodynamisch bedingte Infarkte sowie mikroangiopathisch bedingte Infarkte unterschieden werden.
Territorialinfarkte entstehen durch Hauptstammverschlüsse oder Astverschlüsse der A. cerebri media, posterior oder anterior. Meist bilden sich diese Verschlüsse durch kardiale oder arterioarterielle Embolien. Subkortikale Infarkte entstehen durch den Verschluss kleinerer perforierender Arterien wie der A. lenticulo striatae. Hämodynamisch bedingte Infarkte können insbesondere durch proximale Gefäßverschlüsse verursacht werden. Sie führen häufig zu Infarkten in Grenzzonen zwischen oberflächlichen und tiefen Mediaästen oder in Endstromgebieten, die weniger gut kollateralisiert sind.
In mehreren Studien, in denen i. v. Heparin oder niedermolekulares Heparin und ASS in der Akutphase verglichen wurden, zeigte sich kein Unterschied zwischen einer Antikoagulation und einer Thrombozytenaggregationshemmung mit ASS. Unter einer Antikoagulation bestand ein höheres Blutungsrisiko.
In der IST-Studie von 1997 (Lancet 1997; 349: 1569) wurde ASS alleine mit 10 000 IE Heparin, mit der Kombination von 10 000 lE Heparin plus ASS, mit 25 000 IE Heparin sowie mit 25 000 IE Heparin plus ASS verglichen. Hier zeigte sich, dass es funktionell keinen Unterschied zwischen der Gabe von ASS und 10 000 IE Heparin gab. Unter 25 000 IE Heparin stieg jedoch die Blutungsrate im Vergleich zu ASS allein und 10 000 IE Heparin allein deutlich an. Die meisten Blutungen gab es unter der Kombination von 25 000 IE Heparin mit ASS. Auch wenn in absoluten Zahlen gesehen die Anzahl der rekanalisierten Ischämien unter der Kombinationsbehandlung etwas größer war als unter den Monotherapien, war durch die hohe Zahl der intrakraniellen Blutungen dieser leichte Vorteil mehr als aufgehoben.
Eine Heparinisierung beim akuten ischämischen Insult ist indiziert bei:
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gesicherten Koagulopathien,
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kardialem Thrombusnachweis,
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flottierenden Thromben im Aortenbogen oder in einem hirnversorgenden Gefäß,
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Dissektion der A. carotis oder A. vertebralis,
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mechanischen Herzklappen.
Von einer Vollheparinisierung als Akutmaßnahme bei Schlaganfällen ist jedoch Heparin in niedriger Dosis oder niedermolekulares Heparin zur Prophylaxe von Lungenembolien und tiefen Beinvenenthrombosen zu trennen. Hier ist insbesondere für Fraxiparin, Tinzaparin und Certoparin eine Wirksamkeit in der Verminderung von Lungenembolien und Venenthrombosen bei Patienten mit Schlaganfällen gesichert.
Derzeit wird die Kombination dieser beiden Thrombozytenaggregationshemmer nicht empfohlen, da mehrere Studien (insbesondere MATCH, CARISMA und SPS3) klar zeigen konnten, dass die Kombination zu einer deutlich erhöhten Rate intrazerebraler und systemischer Blutungen führt. Bei Patienten mit sehr hohem Rezidivrisiko kann jedoch im Sinne einer Einzelfallentscheidung für einige Wochen eine Kombination diskutiert werden.
In den 3 großen Studien, die die Kombination von ASS und Clopidogrel untersuchten, trat die signifikante Zunahme von intrazerebralen Blutungen erst nach 3 Monaten auf, insofern kann eine temporäre Kombinationstherapie diskutiert werden; sie wird aber von den Leitlinien nicht empfohlen. Einzige Ausnahmen in diesem Zusammenhang sind Patienten mit einer TIA oder einem Schlaganfall und einem akuten Koronarsyndrom, instabiler Angina pectoris oder einem Non-Q-Wave-Herzinfarkt. Diese Patienten können über einen Zeitraum von 3 Monaten mit der Kombination aus beiden Thrombozytenaggregationshemmern behandelt werden.
(Fast) alle intrazerebralen Blutungen können primär konservativ behandelt werden. Eine neurochirurgische Ausräumung des Hämatoms sollte nur dann erfolgen, wenn es innerhalb von wenigen Stunden nach dem Symptombeginn zu einer deutlichen Hämatomausdehnung kommt oder durch die Gesamtausdehnung des Hämatoms lebensbedrohliche Einklemmungssyndrome hervorgerufen werden können. Eine Indikation zur Hämatomausräumung besteht bei Kleinhirnblutungen mit Kompression des Hirnstamms oder des 4. Ventrikels.
In der STICH-Studie wurde die frühe neuro- chirurgische Intervention mit einer konservativen Behandlung bei Patienten mit intrazerebralen Blutungen randomisiert verglichen. Als wichtigstes Ergebnis zeigte sich hier kein Unterschied zwischen beiden Behandlungsgruppen.
An dieser Studie nahmen über 1000 Patienten an 83 Zentren aus 27Ländern teil. Die Patienten waren im Schnitt 62 Jahre alt. Sowohl bezüglich der primären Endpunkte (gutes bzw. schlechtes Outcome) als auch im Hinblick auf die sekundären Endpunkte (Mortalität und prognoseabhängiger M-Ranking-Index) waren keine Unterschiede zwischen dem neurochirurgischen Vorgehen und der initial konservativen Therapie ersichtlich.
Patienten mit persistierendem oder paroxysmalem Vorhofflimmern und begleitenden vaskulären Risikofaktoren wie Hypertonie, koronare Herzerkrankung, Herzinsuffizienz oder ein Alter über 75 Jahre sollten (gemäß den Leitlinien der DGN) antikoaguliert werden. Bei den selteneren isolierten Typen des Vorhofflimmerns ohne vaskuläre Risikofaktoren bei Patienten im Alter unter 65 Jahren ist hingegen keine Antikoagulation oder Thrombozytenaggregationshemmung notwendig. Die neuen oralen Antikoagulanzien Dabigatran, Rivaroxaban und Apixaban sind den Vitamin-K-Antagonisten wie z. B. Warfarin ebenbürtig oder überlegen und führen signifikant seltener zu intrakraniellen Blutungen.
Konsequenterweise wird daher bei Patienten mit Vorhofflimmern im Alter über 65 Jahren, aber ohne vaskuläre Risikofaktoren eine Thrombozytenaggregationshemmung mit ASS in einer Dosierung von 100 – 300 mg empfohlen. Darüber hinaus wird ASS bei Patienten mit Kontraindikationen für orale Antikoagulanzien empfohlen sowie bei Patienten mit ausgeprägter zerebraler Mikroangiopathie, beginnender Demenz oder erhöhter Sturzgefahr.
Die Leitlinien der DGN sprechen sich gegen den Einsatz von ASS in der Primärprävention des Schlaganfalls aus. In den großen Präventionsstudien konnte bisher nur in Subpopulationen eine wirksame Reduktion von Schlaganfällen durch ASS nachgewiesen werden. Dies gilt insbesondere für Frauen mit vaskulären Risikofaktoren (insbesondere Diabetes) im Alter über 45 Jahren.
Interessanterweise wurde in der großen Women Health Study (N Engl J Med 2005; 352) nur bei Frauen im Alter über 45 Jahren und mit spezifischem vaskulärem Risikofaktor eine Reduktion der Schlaganfallhäufigkeit nachgewiesen, gleichzeitig war jedoch in der gesamten Untersuchungsgruppe, auch in der Subpopulation mit speziellen vaskulären Risikofaktoren, keine Reduktion der Myokardinfarkte zu erzielen. Dagegen hatte die große Physicians Health Study Ende der 80er Jahre, an der über 22 000 männliche Ärzte teilnahmen, keine Reduktion der Schlaganfallrate zeigen können, jedoch eine signifikante Reduktion der Myokardinfarkte und in einer Subpopulation sogar die Reduktion der Migräne-Attacken.
Karotisstenosen mit einem Stenosegrad von über 60 % nach doppler- und duplexsonografischen Kriterien können einer Operation im Sinne einer Primärprävention zugeführt werden, wenn die kombinierte Mortalität und Morbidität des Eingriffes innerhalb von 30 Tagen unter 3 % liegt. Die Indikation sollte sehr zurückhaltend erfolgen und zunächst sollten vaskuläre Risikofaktoren aggressiv behandelt werden.
Bei hochgradigen symptomatischen Karotisstenosen ist eine Endarteriektomie grundsätzlich indiziert. Der Nutzen der Operation ist jedoch bei einem Stenosegrad zwischen 50 und 70 %, bei subtotalen Stenosen, bei Frauen und wenn die Operation jenseits der 2. Woche nach dem ischämischen Ereignis durchgeführt wird, geringer.
Zwischen dem initialen Ereignis und der eigentlichen Endarteriektomie sollte grundsätzlich eine Thrombozytenaggregationshemmung erfolgen oder fortgeführt werden. Nach den Leitlinien der DGN sollte ASS vor, während (!) und nach der Operation weitergegeben werden. Clopidogrel sollte spätestens 5 Tage vor der Operation durch ASS ersetzt werden.
Die Metaanalysen der bisher durchgeführten Studien zeigen bei der Karotisendarterektomie eine insgesamt niedrigere Komplikationsrate als beim Stenting.Wenn ein Stenting erfolgt (z. B. bei Patienten, bei denen ein operativer Eingriff nicht möglich ist), sollte vor, während und nach dem Stenting eine Prophylaxe mit derKombination von Clopidogrel und ASS für 3 Monate erfolgen.
Ein PFO besteht bei bis zu 20 % aller Menschen. Soweit bisher bekannt, ist die isolierte Existenz eines PFO nicht mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko verbunden. Ein erhöhtes Schlaganfallrisiko besteht jedoch dann, wenn neben dem PFO ein septales Aneurysma vorliegt. Eine routinemäßige Antikoagulation als Primärprävention wird jedoch von den Leitlinien ebenso abgelehnt wie ein Schirmverschluss als primär präventive Maßnahme.
Die Patienten mit Basilariskopfsyndrom zeigen typischerweise eine Bewusstseinsalteration, Agitiertheit, Verwirrtheit, Augenbewegungs- und Pupillenstörungen, u. U. auch visuelle Halluzinationen und psychotische Zustände. Klassischerweise bestehen jedoch keine Paresen.
Die Diagnose kann relativ gut durch moderne Ultraschalltechnik – hiermit der transkraniellen Dopplersonografie oder transkraniellen Duplexsonografie – gestellt werden. Sofern verfügbar, kann auch die Kernspinangiografie zu einem direkten Thrombusnachweis herangezogen werden. Bei Zweifelsfällen muss auch weiterhin eine konventionelle Panangiografie durchgeführt werden.
Der maligne Mediainfarkt zeigt insbesondere bei jüngeren Patienten mit wenig Reserveräumen eine hohe Mortalität von bis zu 80 %. Als therapeutische Maßnahme hat sich daher die sinusübergreifende Hemikraniektomie etabliert. Die Indikation besteht dann, wenn die Größe der Läsion im diffusionsgewichteten Kernspin über zwei Drittel einer Hemisphäre überschreitet oder innerhalb von 12 – 16 Stunden ein Mittellinien-Shift von mehr als 5 mm erreicht wird.
Mit der größtmöglichen Ausdehnung des Ödems muss nach ca. 3 – 4 Tagen gerechnet werden, die Entscheidung für eine Hemikraniektomie sollte jedoch so früh wie möglich getroffen werden. Gegenstand intensiver Diskussionen ist auch weiterhin das Höchstalter, bis zu dem eine Hemikraniektomie erfolgen sollte. Aus den Langzeituntersuchungen ergibt sich, dass Hemikraniektomien jenseits des 55. Lebensjahrs zu einem deutlich schlechteren Outcome führen und daher nur bei Patienten durchgeführt werden sollten, die abgesehen vom ischämischen Insult „biologisch jung“ sind. Eine Hemikraniektomie jenseits des 65. Lebensjahrs wird von fast allen Autoren einhellig abgelehnt. Auch die He- mikraniektomie bei Patienten mit malignem Mediainfarkt auf der dominanten Hemisphäre ist weiterhin Gegenstand heftiger Diskussion.
CADASIL steht für „cerebral autosomal dominant arteriopathy with subcortical infarcts and leukoencephalopathy“. Zugrunde liegt eine generalisierte nicht arteriosklerotische und nicht amyloidvermittelte Angiopathie, die sich infolge eines Gendefekts aufChromosom 19p13 entwickelt. Die Erkrankung beginnt meist zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr und kann sich zunächst durch migräneartige Kopfschmerzen oder auch epileptische Anfälle zeigen. Im weiteren Verlauf kommt es – trotz Fehlens klassischer vaskulärer Risikofaktoren – zu ischämischen Ereignissen (oft vor dem 45. Lebensjahr).
Die Diagnose kann im fortgeschrittenen Stadium bildmorphologisch im MRT gestellt werden (große, diffuse, konfluierende hyperintense Marklagerveränderungen in T2-gewichteten Aufnahmen). Vorher lässt sich die Diagnose genetisch oder per Hautbiopsie stellen. Die Lebenserwartung ist signifikant reduziert.
Die Prophylaxe sollte mit Dabigatran, Rivaroxaban oder Apixaban erfolgen. Dabei ist die höhere Dosis von Dabigatran vorzuziehen. Vorteil der neuen oralen Antikoagulanzien ist insbesondere eine deutlich Reduktion der intrakraniellen Blutungen, aber auch eine schnellere Aufdosierung und der Wegfall der regelmäßige INR/Quick-Messungen. Allerdings existieren – anders als für Vitamin- K-Antagonisten – keine Substanzen zur Anta- gonisierung.