Atemwegsmanagement unter erhaltener Spontanatmung
Atemwegsmanagement bei Kindern kann auch bedeuten, sich in Zurückhaltung zu üben.
Vor allem bei erhaltenen Schutzreflexen und vorhandener Spontanatmung kann man bei
Bedarf auch bei Kindern ausschließlich großzügig Sauerstoff applizieren, um eine Hypoxämie
zu vermeiden.
Praktische Tipps: Bei Atemwegsobstruktion lässt sich durch Anfeuchten der Atemluft häufig eine zügige
Besserung der Beschwerden erreichen – ggf. in Kombination mit der Verneblung von Adrenalin
(z. B. 1–4 mg Adrenalin
inhalativ = 0,25–1 ml Infektokrupp® verdünnt auf 5–10 ml NaCl oder 2,5–5 mg Salbutamol
inhalativ verdünnt auf 2–4 ml NaCl).
Abb. 1 Bei kleinen Kindern gelingt die Sauerstoffapplikation am besten mit vorgehaltener
Sauerstoffmaske bei hohem Frischgasfluss. Bei größeren, kooperativen Kindern können
Masken mit Reservoirbeutel die inspiratorische Sauerstoffkonzentration zusätzlich
erhöhen.
Abb. 2 Um besseren Blickkontakt mit dem Kind halten zu können, kann es günstig sein, die
Maske von vorn bzw. neben dem Kind sitzend zu halten. Bei wachen und möglicherweise
ängstlichen Kindern bietet es sich auch an, die Kinder auf dem Schoß der Eltern sitzen
zu lassen und die Maske zur Sauerstoffapplikation in gegenübersitzender Position zu
halten.
Atemwegsmanagement mithilfe von Gesichtsmasken
Praktische Tipps: Eine Zwei-Helfer-Methode erleichtert die Maskenbeatmung im Kindesalter, v. a. bei
fehlender Routine beim kindlichen Atemwegsmanagement.
Cave: Um eine Luftinsufflation in den Magen mit konsekutivem Zwerchfellhochstand, Atelektasenbildung
und Verschlechterung der Oxygenierung zu vermeiden, sollte man den Beatmungsspitzendruck
möglichst < 15 mbar halten. Bei bereits erfolgter Magenüberblähung sollte der Magen
mithilfe einer Magensonde oder eines gastral platzierten Absaugkatheters abgesaugt
und entlastet werden [5].
Abb. 3 Für eine erfolgreiche Maskenventilation ist die optimale Lagerung des Kindes obligatorisch.
Das Kind sollte mithilfe einer Nackenrolle als Unterlagerung der Schulterregion in
Neutralposition (Schnüffelstellung) gebracht werden (Cave: großen Kopf des Kindes
beachten), um eine Verlegung des Atemwegs durch Zurückfallen der großen Zunge auf
die Rachenhinterwand zu verhindern.
Abb. 4 Bei nicht mehr suffizienter Spontanatmung ist der sofortige Beginn der Beatmung mittels
Gesichtsmaske indiziert, um eine Hypoxämie und deren kardiale Folgen zu vermeiden.
Mittels Protrusion wird nun der Unterkiefer nach vorne gezogen und der Mund gleichzeitig
geöffnet. Dabei ist darauf zu achten, dass die Zunge nicht oben am Gaumen anliegt,
sondern nach unten fällt und im Unterkiefer zu liegen kommt – dann erst erfolgt das
Aufsetzen der Maske. Eine durchsichtige Gesichtsmaske hilft dabei, während der Maskenbeatmung
ein kontinuierliches optisches Feedback der korrekten Position zu erhalten.
Abb. 5 Die Auswahl der geeigneten Gesichtsmaske erfolgt altersabhängig. Bei Früh- bzw. Neugeborenen
eignen sich v. a. runde, durchsichtige Gesichtsmasken aus Silikon, bei Säuglingen
auch ovale Masken. Wichtig bei der Auswahl der geeigneten Maske ist, dass diese dicht
sitzend Mund- und Nasenöffnung umschließt, ohne über Kinn- und Augenbereich hinauszuragen.
Abb. 6 Beim Erwachsenen häufig eingesetzte Atemwegshilfen für die Erleichterung der Maskenbeatmung,
wie Guedel- oder Wendl-Tuben, sind auch in verschiedenen Kindergrößen erhältlich.
Diese sollten beim Kind aber erst zur Anwendung kommen, wenn eine Beatmung mittels
Gesichtsmaske trotz der oben beschriebenen Lagerungstechniken weiterhin erschwert
ist, da jede Manipulation im kindlichen Naso- und Oropharynx neben Schleimhautschwellung
und Blutung bei mangelnder Sedierung auch zum Laryngospasmus führen kann [4].
Atemwegsmanagement mithilfe von supraglottischen Atemwegshilfen
Gestaltet sich die Maskenbeatmung schwierig, besteht die nächste Stufe der Eskalation
im Einsatz von supraglottischen Atemwegshilfen (SGA) [6]. Prinzipiell sind hier die Larynxmaske (LM) oder der Larynxtubus (LT) verfügbar.
Die erfolgreiche Anwendung des LT bei Kindern beschränkt sich derzeit auf wenige Arbeitsgruppen
und Zentren, die mutmaßlich über eine entsprechende Expertise bezüglich der routinemäßigen
Anwendung des LT verfügen. Unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Datenlage
und der großen klinischen Erfahrung mit der LM in der Elektiv- und Notfallanwendung
bei Kindern wird derzeit zum alternativen Atemwegsmanagement im Kindesalter primär
die LM empfohlen. Vor allem für Kinder unter 10 kg Körpergewicht erscheint der Einsatz
des LT aufgrund der aktuellen Studienlage nicht sicher durchführbar und wird daher
derzeit nicht empfohlen [7]. Die LM sollte präklinisch daher in allen verfügbaren Größen (1–5) vorgehalten und
ihre Anwendung regelmäßig geschult werden.
Die meisten Hersteller von SGA bieten mittlerweile Modelle an, die einen Drainagekanal
integriert haben. Diese sog. SGA der 2. Generation ermöglichen somit eine zuverlässige
Trennung von Gastrointestinal- und Respirationstrakt. Vor allem für die Notfallversorgung
erscheint dies sinnvoll, da gastrale Sekrete und Luft nicht nur passiv über den Drainagekanal
abfließen können, sondern sich durch die Insertion einer Magensonde auch aktiv evakuieren
lassen. Das Konzept der LM zur Verwendung bei Kindern unterscheidet sich nicht zur
Verwendung bei Erwachsenen. Weiterführende Informationen zu Anwendung und Funktion
von LM der 2. Generation finden sich auch bei [8], [9].
Praktische Tipps: Befindet sich die Herstellerangabe zur Größenauswahl genau an der Grenze zwischen
2 Maskengrößen, so empfiehlt es sich, die größere Maske zu wählen. Um eine sichere
Anwendung bei möglichst geringer Atemwegsmorbidität zu gewährleisten, sollte der Cuff-Druck
einen Wert von 60 mbar nicht überschreiten.
Tabelle 2 Altersabhängige Empfehlungen zur Auswahl von Larynxmaske und Endotrachealtubus (geblockt)
[10].
Alter
|
Larynxmaske (Größe)
|
Tubus-ID ≥ 1a: Alter/4 + 4
|
Tubustiefe oral ab Zahnleiste (cm) ≥ 1a: Alter/2 + 12
|
FG
|
1
|
2,5–3,0
|
6+ kgKG
|
NG
|
1
|
3,5
|
9–10
|
2 Mon.
|
1
|
3,5
|
10–11
|
6 Mon.
|
1½
|
3,5
|
11
|
12 Mon.
|
1½
|
4,0
|
12
|
18 Mon.
|
2
|
4,5
|
13
|
2 J.
|
2
|
4,5
|
13
|
4 J.
|
2
|
5,0
|
14
|
6 J.
|
2½
|
5,5
|
15
|
8 J.
|
2½
|
6,0
|
16
|
10 J.
|
3
|
6,5
|
18
|
12 J.
|
3
|
7,0
|
20
|
Abb. 7 Die Auswahl der geeigneten LM erfolgt gewichts- bzw. größenabhängig (Tab. [2]). Zur Platzierung wird die LM entblockt und entlang des harten Gaumens vorgeschoben.
Dafür wird der Kopf des Kindes mittels Nackenrolle und Positionierung in Neutralposition
gelagert. Eine Unterkieferprotrusion mit gleichzeitiger Mundöffnung erleichtert die
Insertion.
Abb. 8 Während der Insertion muss man darauf achten, dass die LM zwischen der Zunge und
dem hartem sowie weichen Gaumen inseriert wird. Eine erfolgreiche Ventilation muss
auskultatorisch und obligat mithilfe einer Kapnografie verifiziert werden. Die hier
verwendete LM verfügt zudem über den Vorteil eines Drainagekanals.
Atemwegsmanagement mithilfe der endotrachealen Intubation
Praktische Tipps: Der 2. Helfer kann durch eine vorsichtige externe Manipulation auf Höhe des Schildknorpels
(z. B. Rechtsverschiebung des Larynx) möglicherweise eine verbesserte Sicht auf den
Larynx erreichen.
Cave: Die Kapnografie im Rettungsdienst ist bei jeder invasiven Form der Atemwegssicherung
zwingend erforderlich, da nur so eine korrekte Lage der SGA bzw. eine endotracheale
Tubuslage mit suffizienter Ventilation sichergestellt werden kann. Die Kapnometrie
erfolgt bei den transportablen Beatmungsgeräten im Rettungsdienst i. d. R. mittels
zwischengeschalteter Messküvette im Hauptstromverfahren. Bei Säuglingen sind, bedingt
durch die kleinen Atemzugvolumina, falsch niedrig gemessene CO2-Werte möglich, daher sollte sich die Einstellung der Beatmungsparameter nicht nur
am endexspiratorischen CO2, sondern auch an den Empfehlungen zur Beatmungseinstellung (Tab. [1]) orientieren.
Abb. 9 Die endotracheale Intubation bleibt auch (oder gerade besonders) in Notfallsituationen
einem in der Anwendung bei Kindern erfahrenen Mediziner vorbehalten. Die Auswahl des
geeigneten Endotrachealtubus erfolgt alters- bzw. gewichtsabhängig (Tab. [2]). Hierbei sollten blockbare Tuben mit Low-Pressure-Cuffs und Cuff-Druck-Messung
(max. 20 mbar) bevorzugt eingesetzt werden [11]. Spatelgröße und korrekte Tubustiefe sind ebenfalls altersabhängig zu wählen.
Abb. 10 Eine ausreichende Narkosetiefe ohne erhaltene Spontanatmung und der zusätzliche Einsatz
von Muskelrelaxanzien erleichtert die Intubation in der Notfallsituation [4]. Auskultatorische Lagekontrolle und kontinuierliche Kapnografie sind obligatorisch.
Abb. 11 Nach erfolgreicher Intubation ist eine gute und exakte Fixierung des Endotrachealtubus
unerlässlich, da bereits Veränderungen der Tubuslage von weniger als 1 cm, z. B. durch
Kopfbewegungen oder Lageveränderungen beim Säugling, zwischen einseitiger Intubation
oder versehentlicher Extubation entscheiden können.