Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2016; 23(03): 112
DOI: 10.1055/s-0042-107484
Bücher
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Leichter und wichtiger Begleiter für Wanderer und Bergsteiger – Jede Menge medizinisches Wissen im Rucksack

Contributor(s):
Natalie Hölzl
Feddersen B, Ausserer H.
Bergmedizin Expeditionsmedizin pocket.

Grünwald: Börm Bruckmeier; 2015.
ISBN: 978-3-89862-743-6
Further Information

Publication History

Publication Date:
23 June 2016 (online)

 

    Feddersen B, Ausserer H. Bergmedizin Expeditionsmedizin pocket; Grünwald; Börm Bruckmeier; 2015; 978-3-89862-743-6

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    Auf der Titelseite des kleinen Buches „Berg- und Expeditionsmedizin pocket“ schreibt Reinhold Messner: „Gehört in jeden Rucksack“. Da jeder Gegenstand im Rucksack aber Zusatzgewicht bedeutet, gehe ich diesem Vorschlag genauer auf den Grund: Das kleine Taschenbuch in dem handlichen Format 10 × 12,2 × 1,8 cm misst auf meiner Küchenwaage sage und schreibe 182 g. Dies ist wenig im Vergleich zu seinen ‚größeren Geschwistern‘ mit 272 bis 1170 g. Doch stehen in den kompakten 182 g auch tatsächlich die Dinge, die ich unterwegs nachschlagen will oder könnte ich mich vor einer Tour doch noch von ein paar Seiten verabschieden? Oder brauche ich gar ein anderes, ergänzendes Buch?

    Rucksacktauglich

    Das Taschenbuch hat nun einige Touren hinter sich und bereits Bekanntschaft mit der Leckage im Trinksystem gemacht. Da die Seiten aus einem beschichteten Material sind, hat sich nichts aufgelöst, und alles ist gut leserlich. Das Ringbuchformat wird wahrscheinlich auf Dauer nicht alle Seiten zusammenhalten können, allerdings ermöglicht es die bessere Entnahme von (subjektiv) überflüssigem Ballast und das Buch bleibt beim Lesen und Blättern aufgeschlagen.


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    Verständlich und kompakt

    Insgesamt ist das Buch in 14 Kapitel gegliedert. Im ersten Teil werden die höhenmedizinischen Themen angesprochen: Höhenanpassung und Akklimatisation, akute Höhenkrankheit, Bergsteigen mit Vorerkrankungen, Symptome in der Höhe. Die thematisierten Erkrankungen beziehen sich nicht ausschließlich auf höhenbedingte Erkrankungen sondern auf eine Auswahl der häufig anzutreffenden Erkrankungen bei Berg- und Expeditionsfahrten. Die Abhandlung der kurz gefassten Pathophysiologie, Symptome, Diagnostik und Therapie ist gut strukturiert und verständlich. An gleicher Stelle werden die Dosierungen der gegebenenfalls erforderlichen relevanten Medikation aufgeführt. Ein Kapitel ist der Akklimatisation und Höhenerkrankungen bei Kindern gewidmet.

    In Folge werden Verbände vorgestellt, dieser Abschnitt ist besonders gelungen, da praktische Anleitungen Schritt für Schritt die Anlage erklären. Um diese Verbände durchführen zu können, sollte man sich aber vor Abreise das benötigte Material ansehen! Die Lawinenkunde umfasst ein Kapitel: Die Gefahrenabschätzung und Reduktionsmethoden sind dargestellt, ebenso wie die Snowcard© und das Verhalten beim Lawinenunfall. Notfallsituationen und Hubschrauberrettung werden thematisiert, inklusive Wiederbelebungsmaßnahmen und Hubschraubereinweisung. Der dazu aufgeführte Handzeichenkatalog zur Helikopternavigation ist schon fast verwirrend lang. Ein Bergrettungskapitel über Knoten und Bergetechniken ist ebenfalls inkludiert. Diese Techniken müssen – und darauf wird im Buch auch verwiesen – bereits vorher unter widrigen Bedingungen beherrscht werden. Das Kapitel wird durch kleine hilfreiche Zeichnungen belebt.


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    Notfallapotheke und Arzneimittel

    Das Buch beinhaltet einen Vorschlag für eine Reiseapotheke. An diesem Thema haben sich bereits viele erfahrene Bergretter und Ärzte versucht. Fakt ist, jeder ist für sein eigenes Notfallmäppchen verantwortlich und muss mit seinen Medikamenten (und viel mehr ohne die anderen Medikamente!) zurechtkommen. Ein kleines Pharmalexikon rundet das Thema gut ab.


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    Viele nützliche Informationen

    Die menschliche Anatomie wird anhand von 11 zusammengefassten Schautafeln dargestellt, in den einzelnen Kapiteln finden sich jedoch noch weitere anatomische Zeichnungen.

    Ein Wörterbuch mit den Sprachen Deutsch, Englisch, Spanisch, Chinesisch, Nepali und Chinesisch soll die medizinische Verständigung im Ausland erleichtern. Die Idee ist prima, denn wer kann schon Pneumothorax auf Tibetisch ausschreiben?

    Im abschließenden Anhang sind noch nützliche Links und Telefonnummern aufgeführt, die man vor einer entsprechenden Reise sicherlich noch mit eigenen Informationen auffüttern kann.


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    Empfehlenswert

    Zuerst skeptisch ob der Kürze und Kompaktheit des Büchleins stöberte ich angetan in dem kleinen Werk die einzelnen Kapitel durch. Ich fand ein praktisches, handliches, leichtes, kleines Büchlein vor, in dem jede Menge Wissen und Fakten stehen. Es kann und will kein Lehrbuch der Höhenmedizin ersetzen, dazu ist es viel zu kompakt.

    Das Grundwissen für die Berg- und Expeditionsmedizin sollte man sich schon in Aus- und Fortbildungen oder ausführlicher Fachliteratur aneignen. Praktisches sollte man vorher beigebracht bekommen und selbstständig geübt haben. Für denjenigen, der sich in seinem (höhen-)medizinischen Wissen noch nicht gefestigt fühlt, kann dieses Buch ein treuer Begleiter auf Wanderungen, Expeditionen und im Höhenbergsteigen und Höhentrekking darstellen. Es beinhaltet viele nützliche Fakten zur medizinischen Erstversorgung, die nicht immer in der Höhe sein muss, sondern bereits bei abgelegenen Trecks relevant sein kann.

    Es ist keinesfalls nur für Ärzte konzipiert, sondern für jeden, der sich mit der Medizin und dem Körper beim Bergsteigen und in der Höhe befassen möchte. Die Daten sind sehr übersichtlich sowie gut verständlich präsentiert und es werden viele Tricks sowie praktische Tipps vermittelt.

    Wer Gewicht reduzieren will, kann sicherlich noch ein paar Zettel des Grußworts und der Werbung im Büchlein daheim lassen. Noch ist dieses Buch nicht als E-Book oder App verfügbar, was die Gewichts- und Platzproblematik lösen würde. Die Frage ist jedoch, ob ich in abgelegenen Orten nicht lieber mit einem Buch als mit einem auf Strom angewiesenen Ratgeber arbeiten möchte.

    Natalie Hölzl, Blaichach


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