Geräuschphänomene der Atemwege erschließen sich auch heute nur einer geschulten Wahrnehmung
[1]
[2]. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die korrekte Durchführung der Auskultation
und die Verwendung einer einheitlichen Nomenklatur [2]
[3]
[4]. Mithilfe moderner Computertechnik sind mittlerweile kontinuierliche Atemgeräuschaufzeichnungen
in hoher Qualität möglich geworden [5]
[6]
[7]. So können Atemgeräusche und Atem-Nebengeräusche mit akustischen Biosensoren über
längere Zeiträume aufgezeichnet, automatisch bewertet und vom Untersucher audiovisuell
überprüft werden [5]
[6]
[7]. Atem-Nebengeräusche wie Giemen, Rasseln, Schnarchen und Apnoen lassen sich anhand
spezifischer Auswertealgorithmen detektieren. Die automatische Analyse setzt jedoch
voraus, dass der Algorithmus die Geräusche richtig erkennt und bewertet. In diesem
Artikel werden die akustischen Phänomene der Atemwege bei Erwachsenen beschrieben, pathophysiologisch erklärt und das Audiosignal anhand von Amplitude
und Frequenzspektrum dargestellt.
Klassische Auskultation
Die Lungenauskultation via Stethoskop stellt unverändert einen elementaren Bestandteil
der klinischen Untersuchung dar [1]
[2]
[3]
[4]. Die Untersuchung ist jederzeit verfügbar, reproduzierbar und nicht invasiv. In
Notfallsituationen können Differenzialdiagnosen wie ein exazerbiertes Asthma bronchiale,
eine dekompensierte Linksherzinsuffizienz mit Lungenödem oder ein Pneumothorax schnell
erhoben werden. Das Verständnis der (Patho-)Physiologie, welche diesen Geräuschen
zugrunde liegt, hilft wesentlich bei der Verknüpfung der Geräuschphänomene mit dem
klinischen Kontext. Stethoskopisches Hören bedeutet im Idealfall, anatomische und
klinische Erfahrung zu einer Einheit, der Diagnose, zu verschmelzen.
Computergestützte Signalverabeitung – Basisdaten
Computergestützte Signalverabeitung – Basisdaten
Die Begrifflichkeit „Geräusch“ bezeichnet ein Gemisch zahlreicher Töne mit wechselnden
Frequenzen und Amplituden. Die Auskultation der Lunge umfasst Signale mit einem Frequenzbereich
von 100 bis zu 2500 Hertz. Schallwellen sind charakterisiert durch die Anzahl von
Schwingungen pro Sekunde (Frequenz) und den maximalen Schwingungsausschlag (Amplitude).
Die Frequenz bestimmt die subjektive Wahrnehmung der Tonhöhe, die Amplitude diejenige
der Lautstärke (Dezibel). Wird ein Geräusch in einzelne Schwingungskomponenten zerlegt,
für die jeweils Frequenz und Amplitude berechnet sind, so kann daraus das Frequenzspektrum
erstellt werden. Je höher die Abtastfrequenz, umso genauer kann die gemessene Schallkurve
wiedergegeben werden. Mit der Fast Fourier-Transformation (FFT) können die Signale
aus dem Zeit- in den Frequenzbereich transformiert werden. Die Möglichkeit der computergestützten
Aufzeichnung und Bewertung akustischer Signale eröffnet neue diagnostische Perspektiven.
Dabei kann insbesondere dem Aspekt der Aufzeichnung und Bewertung von Atemgeräuschen
und Atem-Nebengeräuschen, auch über eine längere Registrierdauer hinweg, Rechnung
getragen werden. Mithilfe spezieller Auswertealgorithmen können die akustischen Phänomene
erkannt und deren Häufigkeit und Dauer erfasst werden [5]
[6]
[7]
[8]. Die zusätzliche Zuordnung der Geräusche zum Atemzyklus ist von großer Bedeutung
und sollte Bestandteil der computergestützten Auswertung sein.
Festlegung von Standards – Nomenklatur
Festlegung von Standards – Nomenklatur
Die Nomenklatur der Atemgeräusche sowie der Atem-Nebengeräusche beruht auf Empfehlungen
der amerikanischen Fachgesellschaften (American Thoracic Society, American College
of Chest Physicians) und der International Lung Sound Association [9]
[10]. Im Jahre 2000 hat eine international besetzte Task Force der ERS (European Respiratory
Society) zudem versucht, einheitliche Standards für die technische Aufzeichnung und
Bewertung von Atemgeräuschen bei der digitalen Auskultation in den Empfehlungen „Computerized
Respiratory Sound Analysis (CORSA)“ zu definieren [11]. Allerdings erfolgt auch heute noch, sowohl von Seiten der Lehre als auch der Literatur,
keine adäquate Umsetzung der Nomenklatur. Pasterkamp und Mitarbeiter machen in ihrer
2016 publizierten Arbeit erneut auf das Problem aufmerksam und stellen Empfehlungen
und audiovisuelle Lehrbeispiele von Geräuschen und Atem-Nebengeräuschen vor [2].
Physiologische Befunde bei der Atmung
Physiologische Befunde bei der Atmung
Die Atmung besteht aus der In- und Exspirationsphase. In Ruhe ist die Inspiration
ein aktiver Vorgang, die Exspiration ein passiver. Dieser Sachverhalt ist vor allem
bei Patienten mit einer obstruktiven Atemwegserkrankung von Bedeutung, da der Überblähungs-
bzw. Emphysemaspekt der Lunge wesentlich durch die passive Exspiration forciert wird.
Die Atemfrequenz ist das pulmonale Vitalzeichen, sie beträgt bei gesunden Erwachsenen
etwa 8 – 20 Atemzüge pro Minute. Das Auszählen der Atemfrequenz sollte beim abgelenkten
Patienten erfolgen, vorzugsweise mittels Auskultation. Bei der Lungenauskultation
mit dem Stethoskop unterscheidet man zwischen den Atemgeräuschen und den Atem-Nebengeräuschen.
Atemgeräusche und Atem-Nebengeräusche
Atemgeräusche und Atem-Nebengeräusche
In [Abb. 1] sind die Atemgeräusche und Atem-Nebengeräusche im Überblick mit zugeordneten Krankheitsentitäten
aufgelistet. Es ist wichtig zu betonen, dass kein Geräusch für eine spezielle pulmonale
Grunderkrankung pathognomonisch ist. Atem-Nebengeräusche sind jedoch hinweisend auf
eine Pathologie: beispielsweise das Giemen, das immer als Folge einer Atemwegsobstruktion
zu werten ist. Neben dem Geräusch selbst spielt auch dessen zeitliche Zuordnung zum
Atemzyklus eine bedeutsame Rolle. Unter Atemgeräuschen sind die Geräusche zu verstehen,
die bei der Atmung in den Bronchien durch turbulente Strömung generiert und über das
Lungengewebe zur Thoraxwand geleitet werden [2]
[8]. Die Stärke des Luftstroms wiederum ist die Voraussetzung für das Entstehen von
Turbulenzen und die Intensität der Atemgeräusche. Inspiratorische Atemgeräusche entstehen
primär in den Atemwegen mittlerer Größe, exspiratorische in den großen Atemwegen.
Der Charakter der Atemgeräusche, so wie sie bei der Auskultation vom Arzt wahrgenommen
werden, kann nur durch unterschiedliche Schallfilterung in Abhängigkeit des veränderten
Lungengewebes beeinflusst werden. Ist das Lungengewebe infiltriert, beispielsweise
bei der Pneumonie, werden mehr hochfrequente Schallanteile durch das flüssigkeitsreiche
Parenchym geleitet bzw. es findet weniger Abschwächung statt. Ist hingegen schon die
Schallentstehung eingeschränkt, wie bei einem Pneumothorax oder einem Pleuraerguss,
so ist das Atemgeräusch aufgehoben bzw. abgeschwächt. Vom Atemgeräusch (normal – verstärkt – abgeschwächt)
sind die Nebengeräusche abzugrenzen, die nahezu immer als pathologisch anzusehen sind.
Abb. 1 Atemgeräusche und Atem-Nebengeräusche.
Atemgeräusche
Das normale Atemgeräusch (über dem Thorax)
Typisch für das normale Atemgeräusch ist die wesentlich geringere Intensität während
der Ausatmung, die aufgrund niedriger Strömungsgeschwindigkeit mitt- bis endexspiratorisch
leise bleibt. Man geht davon aus, dass der Entstehungsort des inspiratorischen Atemgeräusches
die lobären und segmentalen Bronchien sind. Durch die Filterung des Atemgeräusches
auf dem Weg durch das Lungengewebe und die Brustwand kommt es zu einem Verlust höherer
Frequenzanteile. Der Begriff „Vesikuläratmen“ als Synonym für das physiologische oder
normale Atemgeräusch ist physiologisch nicht korrekt. Aufgrund der eingangs beschriebenen
Strömungsverhältnisse kommt es im Bereich der Lungenbläschen eben nicht zu einem Aufblähen/Entblähen,
wie ursprünglich geglaubt. Der Begriff „Vesikuläratmen“ sollte aus unseren Lehrbüchern
entfernt und durch den Terminus „normales Atemgeräusch“ ersetzt werden. Für die Entstehung
des normalen Atemgeräusches ist ausschließlich eine turbulente Strömung in den großen
Bronchien verantwortlich. Da bedingt durch die vermehrte Anzahl der Gesamtquerschnitt
der Bronchien in Richtung Lungenperipherie zunimmt, verändert sich demzufolge auch
die Flussgeschwindigkeit in den distalen Atemwegen. In den peripheren Atemwegen liegt
ein näherungsweise laminarer Fluss vor, der in Richtung der Alveolen weiter abnimmt
und in reiner Diffusion endet. Sowohl laminarer Fluss als auch Diffusion sind Prozesse
ohne Geräuschbildung ([Abb. 2]).
Abb. 2 Normales Atemgeräusch mit 4 Atemzügen (In- und Exspiration) über einem Zeitraum von
14 Sekunden. Dargestellt sind die Amplitude (oben), das Frequenzspektrum (Mitte) und
die Atemflusskurve (unten).
Die Amplitude beschreibt den Lautstärkepegel des Audiosignals. Im Frequenzspektrogramm
ist die Frequenz gegen die Zeit aufgetragen. Das Farbspektrum beschreibt die Intensität
der Frequenzen. Grün bedeutet eine geringe, rot eine hohe Intensität. Im Atemflussdiagramm
ist das Atemvolumen gegen die Zeit aufgetragen.
Tracheales Atemgeräusch
Atemgeräusche über der Trachea können wegen der fehlenden Geräuschabsorption durch
das Lungengewebe Frequenzen bis zu 2000 Hz aufweisen. Charakteristisch für das tracheale
Atemgeräusch ist die breite Frequenzverteilung während der Ein- und Ausatmung, das
laute Exspirationsgeräusch sowie eine deutliche Pause zwischen den Atemphasen ([Abb. 3]).
Abb. 3 Normales Atemgeräusch am Rücken (li.) im Vergleich zum normalen Atemgeräusch am Hals
(re.). Dargestellt ist die Amplitude (oben), das Frequenzspektrum (Mitte) und die
zugehörige Atemflusskurve (unten).
Verstärktes Atemgeräusch („Bronchialatmen“)
Eine Verstärkung des Atemgeräusches („Bronchialatmen“) entsteht, wenn weniger Reflexionen
an Phasenübergängen stattfinden (wenn zum Beispiel Alveolen und Atemwege mit Flüssigkeit
gefüllt sind). Verbessert sich die Schallleitung durch eine Infiltration, beispielsweise
bei Pneumonie, werden auch höhere Frequenzen in die Peripherie übergeleitet. Dieses
Phänomen wird als Bronchialatmen bezeichnet. Bronchialatmen liegt im Frequenzspektrum
bei etwa 600 Hz. Bronchialatmen findet sich auch bei komprimiertem Lungengewebe über
einem Pleuraerguss. Es wird dann als „Kompressionsatmen“ bezeichnet ([Abb. 4]).
Abb. 4 Verstärktes Atemgeräusch, „Bronchialatmen“ (re.) im Vergleich zum normalen Atemgeräusch
(li.). Die Frequenzverteilung zeigt im Vergleich zum normalen Atemgeräusch deutlich
höhere Frequenzanteile (bis 1000 Hz).
Abgeschwächtes Atemgeräusch
Der häufigste pathologische Befund ist ein vermindertes Atemgeräusch. Dies kann durch
eine abgeschwächte Geräuschquelle, durch eine verminderte Schallleitung oder beides
bedingt sein. Eine Abschwächung der Geräuschquelle entsteht bei vermindertem Atemfluss,
wie zum Beispiel bei eingeschränkter Kooperation, zentraler Atemdepression (e. g.
Opiate), bei Verlegung der Atemwege durch einen Tumor oder Fremdkörper oder aber bei
schwerer Bronchialobstruktion. Einer eingeschränkten Schallleitung liegen pulmonale
oder extrapulmonale Ursachen zugrunde. Extrapulmonale Ursachen sind beispielsweise
Adipositas oder Thoraxdeformitäten (Kyphoskoliose). Pulmonale Gründe für eine verminderte
oder aufgehobene Geräuschbildung bzw. -leitung sind ein Emphysem oder eine Pathologie
des Pleuraraumes (Pleuraerguss, Hämatothorax, Pleuraprozesse). Bei deutlich abgeschwächtem
Atemgeräusch spricht man auch von einer „silent lung“. Beim Pneumothorax oder einem
Erguss ist das Atemgeräusch ebenfalls abgeschwächt und mitunter sogar ganz aufgehoben
([Abb. 5]).
Abb. 5 Deutlich abgeschwächtes Atemgeräusch (re) im Vergleich zum normalen Atemgeräusch
(li.).Eine sehr flache Atmung erzeugt ein entsprechend geringes Atemgeräusch, erkennbar
in der Amplituden- (oben) und der Frequenzdarstellung (unten).
Atem-Nebengeräusche
Vom Atemgeräusch gilt es die Atem-Nebengeräusche abzugrenzen. Sie sind fast immer
pathologisch. Bei lungengesunden Probanden lassen sich jedoch während der tiefen Inspiration
feine Rasselgeräusche feststellen, die aber in der Regel nach ein oder zwei tieferen
Atemzügen verschwinden. Die Klassifizierung der Atem-Nebengeräusche wird im Wesentlichen
auf deren zeitliche Dauer bezogen: Kontinuierliche Geräusche wie Pfeifen, Giemen oder
Brummen sind deutlich länger dauernd als diskontinuierliche. Sie werden beim Abhören
in der Regel als musikalisch wahrgenommen, mit einem bestimmten Ton oder Klang einhergehend.
Diskontinuierliche Geräusche wie die Rasselgeräusche bestehen lediglich aus einzelnen
Geräuschkomponenten, die nur wenige Millisekunden dauern und einen explosiven Charakter
aufweisen. Weitere Atem-Nebengeräusche sind Stridor, Pleurareiben und Schnarchen.
Diese werden jedoch nicht pulmonal, sondern extrapulmonal bzw. extrathorakal erzeugt.
Pfeifen, Giemen und Brummen
Nebengeräusche wie Pfeifen, Giemen und Brummen sind akustische Phänomene, die durch
Oszillationen der Bronchialwände bei Sekretvermehrung und Bronchialobstruktion in
den Bronchien entstehen [12]
[13]. Sie können nur bei genügender Flussgeschwindigkeit der Atmung generiert werden.
Die im Englischen als „wheezing“ bezeichneten hochfrequenten Nebengeräusche entsprechen
dem Pfeifen und Giemen, die tieffrequenten „rhonchi“ dem Brummen. Tieffrequente Oszillationen
werden vor allem bei Erkrankungen mit vermehrtem Bronchialsekret beobachtet. Die Lautstärke
der Nebengeräusche korreliert nicht mit dem Ausmaß der Atemwegsobstruktion, die Häufigkeit
hingegen schon. Ein generalisiert auftretendes Giemen kann bei einem Asthma bronchiale,
einer akuten obstruktiven Bronchitis oder bei einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung
auskultiert werden. Auch eine Herzinsuffizienz kann über eine vermehrte Flüssigkeitsansammlung
(interstitielles Oedem) in der Bronchialschleimhaut eine Obstruktion verursachen und
zu Giemen und Pfeifen führen („Asthma cardiale“). Ein einseitiges Giemen findet sich
bei lokalisierten Prozessen wie einem Schleimpfropf („mucus plug“), einer Fremdkörperaspiration
oder einem Tumor. In Abhängigkeit des Schweregrades der Bronchialobstruktion findet
sich Giemen sowohl während der Ex- als auch der Inspirationsphase ([Abb. 6] und [Abb. 7]).
Abb. 6 Exspiratorisches Wheezing (re.) im Vergleich zum normalen Atemgeräusch (li.). Die
bandförmig, quer verlaufenden Bereiche zeigen polyphones, mit mehreren Frequenzen
gleichzeitig auftretendes Wheezing während der deutlich verlängerten Exspirationsphase.
Abb. 7 Inspiratorisches Wheezing (re.) im Vergleich zum normalen Atemgeräusch (li.) Die
tonalen Wheezing-Ereignisse sind hier als bandförmige Linien bei etwa 400 Hz im Spektrum
sichtbar (unten). Die entsprechenden Oberwellen sind in diesem Beispiel nur schwach
erkennbar.
Rasselgeräusche
Rasselgeräusche (crackles) können bei einer Reihe sehr unterschiedlicher Erkrankungsentitäten
auftreten, so zum Beispiel bei Pneumonien, Bronchiektasien, der Lungenfibrose oder
der kardialen Dekompensation. In der Schallkurve erscheint Rasseln als abrupte Auslenkung,
gefolgt von einigen rasch abklingenden Schwingungskomponenten. Rasselgeräusche können
entsprechend ihrem Entstehungsort in fein- und grobblasig unterteilt werden. Typischerweise
zeigen sich bei der Linksherzinsuffizienz, der COPD, Bronchiektasien und der Pneumonie
eher grobblasige Rasselgeräusche. Bei fibrosierenden Lungenerkrankungen oder im Initialstadium
der Pneumonie werden vornehmlich feinblasige Rasselgeräusche („Sklerosiphonie“) gefunden.
Das zeitliche Auftreten der Rasselgeräusche im Atemzyklus kann bereits einen Hinweis
auf deren Ätiologie geben [2]
[14]. So werden feinblasige Rasselgeräusche bei Lungenfibrosen typischerweise endinspiratorisch
gefunden, grobblasige bei obstruktiven Lungenerkrankungen eher frühinspiratorisch.
In Abhängigkeit der Ausprägung der Linksherzinsuffizienz bis hin zum Lungenödem imponieren
die Rasselgeräusche inspiratorisch fein- bis grobblasig in der frühen bis mittleren
Phase. Ätiologisch sind feinblasige Rasselgeräusche durch die plötzliche Wiedereröffnung
von kleinsten peripheren Atemwegen, die während der Exspiration komprimiert werden,
zu erklären. Grobblasige Rasselgeräusche entstammen Atemwegen mit größerem Kaliber,
sie sind fast immer durch eine Flüssigkeits- bzw. Sekretretention bedingt ([Abb. 8]).
Abb. 8 Grobblasige Rasselgeräusche „coarse crackles“ (li.) im Vergleich zu feinblasigen
Rasselgeräuschen „fine crackles“ (re.). Diese sind als hohe, vertikale Ausschläge
in Amplitude (oben) und Spektrum (unten) zu erkennen.
Extrapulmonale Atem-Nebengeräusche
Extrapulmonale Atem-Nebengeräusche
Stridor
Der Stridor ist mit bloßem Ohr vernehmbar. Bei der Auskultation ist das Geräusch im
Halsbereich lauter als über dem Thorax. Während bei der extrathorakalen Stenose primär
ein inspiratorischer Stridor entsteht, ist ein exspiratorischer bei einer intrathorakalen
Stenose vernehmbar. Ein Stridor verlangt umgehende Klärung der Ursache, da eine Verlegung
der Atemwege drohen kann ([Abb. 9]).
Abb. 9 Stridor (re.) im Vergleich zum normalen Atemgeräusch (li.). Das sehr laute Pfeifgeräusch
(große Amplitude, oben) ist während der Inspiration und der Exspiration deutlich zu
erkennen (markante Linie im Spektrum) und überdeckt vollständig das normale Spektrum.
Schnarchen (primär oder habituell)
Schnarchgeräusche entstehen durch Vibrationen des Weichteilgewebes der oberen Atemwege.
Im Schlaf kommt es, bedingt durch ein Nachlassen der Muskelspannung sowie ein Zurückfallen
der Zunge, zu einer Verengung der oberen Atemwege, erhöhter Atemflussgeschwindigkeit
mit Zunahme turbulenter Strömung. Grundsätzlich kann Schnarchen im gesamten Bereich
des Pharynx auftreten, der Velopharynx ist jedoch hauptsächlich betroffen. Die Häufigkeit
von Schnarchen nimmt mit dem Alter zu. Primäres Schnarchen ist keine Krankheitsentität
im eigentlichen Sinne. Es gibt jedoch Hinweise dafür, dass Schnarchen die Entwicklung
einer obstruktiven Schlafapnoe durch vibrationsbedingte Schäden afferenter und efferenter
Nerven der oberen Atemwege begünstigt. Vibrationsbedingte Schäden können zu einer
Beeinträchtigung der pharyngealen Mechanorezeptoren und damit zu einer veränderten
nervalen Antwort der dilatierenden Pharynxmuskeln führen. Der Lärmpegel durch Schnarchen
bewegt sich im Bereich der Belästigung und erreicht maximal die Grenzwerte zum Schädigungsbereich
bei > 90 dB.
Schnarchen wird häufig in Zusammenhang mit einer Obstruktiven Schlafapnoe (OSA) gefunden.
Hier sind die Übergänge fließend: Die OSA kann als kontinuierliche Entwicklung vom
Schnarchen zum Flattening bis hin zum inkompletten und kompletten phyarngealen Atemwegsverschluss
interpretiert werden. Männliches Geschlecht, Alter und Adipositas stellen dabei signifikante
Risikofaktoren für das Auftreten einer obstruktiven Schlafapnoe dar. Bei der OSA kommt
es durch einen pharyngealen Kollaps des Weichteilgewebes, Nachlassen der Muskelspannung
sowie ein Zurückfallen der Zunge in den Pharynx zu einem Komplettverschluss der Atemwege.
Welche Rolle den einzelnen Faktoren pathophysiologisch zukommt, ist bislang noch unklar.
Durch eine zentralnervöse Aktivierungsreaktion wird die Apnoe beendet und eine Hyperventilationsphase,
die mit ausgeprägtem Schnarchen einhergeht, eingeleitet ([Abb. 10]).
Abb. 10 Schnarchen (re.) während der Inspiration im Vergleich zum normalen Atemgeräusch.
Die sehr lauten Ereignisse sind deutlich in der Amplituden- (oben) und Spektraldarstellung
(unten) sichtbar. Im Spektrum sind inspiratorisch viele Frequenzbänder zu erkennen.
Bewertung und Perspektive
Bewertung und Perspektive
Jeder praktizierende und klinisch tätige Arzt sollte die Lungenauskultation beherrschen,
ist sie doch unverändert das elementare Rüstzeug zur Erst- und Akutbeurteilung der
Lunge. Dazu ist es notwendig, dass man auf eine einheitliche Nomenklatur zurückgreifen
kann. Die International Lung Sound Association (ILSA) hat seit vielen Jahren einen
elementaren Beitrag dazu geleistet, die Vereinheitlichung und Vereinfachung der Klassifizierung
der Atemgeräusche voranzutreiben. Es bleibt nun zu fordern, dass auch studentische
Lehre und in Lehrbüchern Geschriebenes die neue Nomenklatur verinnerlicht. Vor allem
der Begriff „Vesikuläratmen“ als Synonym für das normale Atemgeräusch sollte definitiv
gestrichen werden. Er widerspricht der Physiologie der Strömungslehre. Um die Genese
der Atemgeräusche und Atem-Nebengeräusche zu verstehen, bedarf es der Verknüpfung
von Klinik und (Patho-)physiologie.
Die akustische Langzeitregistrierung der Atemgeräusche eröffnet uns perspektivisch
neue Horizonte. Erstmals sind wir in der Lage, auch während der Schlafphase Geräuschphänomene
wie Husten und Giemen objektiv zu erfassen. Insbesondere bei Asthmatikern, bei denen
die chronobiologische Rhythmik der Atemwege eine große Rolle spielt, können Atemwegsobstruktionen
auch im Schlaf akustisch erkannt und analysiert werden. Dies sowohl vor als auch unter
antiobstruktiver Therapie. Die 24 h Hustenaufzeichnung ermöglicht zudem eine objektive
Darstellung und Registrierung von Hustenereignissen. Unter evidenzbasierten Kriterien
ist es durchaus notwendig, die Effektivität von speziellen therapeutischen Maßnahmen
zu hinterfragen.