Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2016; 23(02): 97
DOI: 10.1055/s-0042-106126
DFR-Mitteilungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nachruf – Zum Tode von Dr. Ursula Mikulicz

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Publication Date:
18 April 2016 (online)

 

    Völlig überraschend und aus voller Aktivität heraus ist am 10. Februar 2016 in Kronberg unser langjähriges Vorstandsmitglied und zeitweise Stellvertretende Vorsitzende Frau Dr. Ursula Mikulicz im Alter von 81 Jahren verstorben. Vielen inner- und außerhalb der Reisemedizin wird sie als engagierte, ja kämpferische Verfechterin eines länder- und kulturenübergreifenden Verständnisses der Medizin in bester Erinnerung bleiben.

    Ursula Mikulicz, die mit 10 Jahren dem untergehenden Berlin nur knapp entkommen war, studierte Medizin in Göttingen – die DFR-Jahrestagung dort 2009 war ein „Heimspiel“ für sie – und durchlief die Weiterbildung zur Kinderärztin an der Bremer Rotkreuzklinik.

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    1964 bis 1968 ging sie in ein erstes Projekt nach Marokko, anschließend mit der GTZ nach Abidjan/Côte d’Ivoire – Stationen, die ihren Blick für soziale Benachteiligung schärften und ihr Verständnis der Medizin als konkreter Form des Handelns zugunsten des Mitmenschen definierten. Ab 1980 übernahm sie bis zu ihrem Ruhestand die Tropenmedizinische Untersuchungsstelle der GTZ (heute GIZ) in Eschborn und machte sie mit fachlichem Können, großer Auslandserfahrung, viel politischem Geschick und, wenn nötig, Kampfgeist, zu „einer Institution“ in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Noch heute treffe ich immer wieder langjährige Experten in internationalen Diensten, die von dem Gefühl des „Aufgehobenseins“ berichten, das Ursula Mikulicz durch ihr Engagement für die Erkrankten und Verunglückten bewirkte. In endlosen Telefonaten bewegte sie Luftlinien, Rettungsdienste, Versicherer und Kliniken so manches Mal, über den eigenen Schatten zu springen. Meine ersten Telefonate mit ihr waren solche im tropenmedizinischen Nachtdienst in den 90er Jahren. Aus dieser Zeit stammt auch ihr Einsatz in Gremien der Berufsgenossenschaften, sei es rund um die Vorschriften zur G35, der „Tropentauglichkeitsuntersuchung“ oder als Gutachterin in komplizierten Fällen. Der HIV-Pandemie und den posttraumatischen Belastungsstörungen galt im Hinblick auf die Fachkräfte ihre besondere Aufmerksamkeit. Mit der Wahl in den Vorstand unserer Fachgesellschaft stellte sie ihren Erfahrungsschatz und ihre zahlreichen Kontakte in den Dienst einer Medizin, die Grenzen überwinden will. Vielfältige Anregungen kamen von ihr, sei es im Kontakt mit der Bundesärztekammer, auf internationaler Ebene, rund um die Exkursionen oder für die Gestaltung der Jahrestagungen. Daneben entfaltete sie gerade im Ruhestand ein vielfältiges Engagement: Beispielhaft genannt seien die Alumni der Studienstiftung, für die sie etwa die Tagung in der Frankfurter Universität im November 2013 zusammenstellte, aber auch die individuelle Förderung, mit der sie die Schüler einer benachbarten Gesamtschule in Praktika und Lehren brachte – durch Hilfe bei Bewerbungsschreiben, Training für Interviews und durchaus konstruktive Kritik. Vielen von ihnen vermittelte sie ein völlig neues Selbstbild, indem sie ihnen die Möglichkeit vor Augen führte, Ziele und Erfolg zu haben, wenn sie sich nur für eine Hartz-IV-Karriere berufen fühlten.

    Mit Frau Dr. Mikulicz ist eine aufrechte, überaus engagierte und erfahrene Kollegin viel zu früh von uns gegangen, die den klinischen Blick zum Blick für Benachteiligung weitete und die Medizin als Auftrag zum Brückenschlag verstand, über Sprach- und Kulturgrenzen hinweg. Wir werden ihr ein ehrendes Andenken bewahren.

    Im Auftrag des Vorstands der Deutschen Fachgesellschaft für Reisemedizin Burkhard Rieke, Düsseldorf


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