Schlüsselwörter kontaminierte Präparate - gefälschte Präparate - Schlankheitsmittel - Sibutramin -
Methylhexanamin - Anabolika - Kölner Liste
Keywords contaminated preparations - counterfeit products - slimming aids - sibutramine - methylhexanamine
- anabolic steroids - Cologne List
Im Rahmen der präventiven Dopingforschung sind in den letzten Jahren verschiedene
Quellen von Dopingsubstanzen identifiziert worden. Eine Hauptquelle von Dopingsubstanzen
für den Leistungssport, aber vor allem für den Freizeit- und Breitensport, ist der
Markt für Nahrungsergänzungsmittel [1 ]
[2 ]. Dabei unterscheidet man 2 Arten: Kontaminierte Präparate enthalten aufgrund des
Produktionsprozesses unbeabsichtigt kleine Mengen verbotener Substanzen. Gefälschten
Präparaten werden dagegen bewusst verbotene Dopingsubstanzen beigemengt, ohne dass
sie auf der Zutatenliste auftauchen. Dabei handelt es sich um pharmakologisch wirksame
Substanzen, die teilweise gar nicht mehr zugelassen sind [3 ].
Sibutramin in Schlankheitstees und Schokolade
Sibutramin in Schlankheitstees und Schokolade
Eine besonders auffällige Substanzklasse sind Schlankheitsmittel; sie sind überwiegend
online von Herstellern aus Fernost zu beziehen und enthalten häufig unerlaubte Stimulanzien.
Typisch sind aggressive Werbeversprechen, zum Beispiel in einer Woche 3 – 5 kg abzunehmen.
Eine Gewichtsabnahme in dieser Größenordnung ist auf natürliche Weise nicht realisierbar.
Auf der Zutatenliste sind diverse Kräuter angegeben, nicht aber die beigemengten pharmakologisch
relevanten Substanzen, zum Beispiel der Appetitzügler Sibutramin. Prinzipiell steigern
amphetaminbasierte Substanzen wie Sibutramin die Körperkerntemperatur. Der Körper
muss dann mehr Energie aufwenden, die in erster Linie aus Fettdepots stammt. Solche
Präparate gibt es nicht nur als Kapsel, sondern zum Beispiel auch in Form von vermeintlich
kräuterbasierten Tees zur Gewichtsreduktion – die sind in der Tat wirksam, weil jeder
Teebeutel therapeutische Mengen Sibutramin enthält. Im Angebot ist sogar Schokolade
zum Abnehmen, auch mit Sibutramin angereichert.
Generell gilt: Wer sibutraminhaltige Produkte einnimmt, kann zwar Übergewicht reduzieren,
geht mit der unkontrollierten Einnahme der Substanz aber ein großes gesundheitliches
Risiko ein. Die Europäische Arzneimittelagentur EMEA hat Sibutramin 2010 als nicht
mehr verkehrsfähig eingestuft, weil gehäuft kardiovaskuläre Probleme wie Herzinfarkt
oder Schlaganfall aufgetreten sind. Gefälschte Schlankheitsmittel enthalten Sibutramin
in Mengen, die der ehemals therapeutischen Dosis entsprechen. Nehmen Sportler ein
sibutraminhaltiges Produkt ein, sind die Abbauprodukte der Substanz mindestens 18
Stunden lang im Urin nachweisbar ([Abb. 1 ]).
Abb. 1 Nachweis von Sibutramin-Metaboliten im Urin nach Einnahme einer Kapsel eines gefälschten
sibutraminhaltigen Produkts.
Problem Methylhexanamin
Andere Abnahmepulver und Trainingsbooster enthalten laut Zutatenliste Geraniumwurzelextrakt.
1996 wurde in einer chinesischen Publikation berichtet, dass Geraniumwurzelextrakt
das Stimulans Methylhexanamin enthalten kann. Dies wurde über mehrere Jahre versucht
zu verifizieren – das gelang aber nicht, sodass sich Experten einig waren, dass es
eine Fehlinterpretation analytischer Daten war [4 ]. Es ist anzunehmen, dass aufgrund dieser Arbeit viele Nahrungsergänzungspräparate
mit synthetisch hergestelltem Methylhexanamin angereichert worden sind – ein verbotenes
Stimulans, das ursprünglich als abschwellendes Nasenspray entwickelt wurde, sich am
Markt aber nicht durchsetzen konnte.
Das führte unweigerlich zu positiven Dopingbefunden – bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft
in Berlin 2009 wurde Methylhexanamin in Dopingkontroll-Proben von 5 jamaikanischen
Sprintern vorgefunden. Da sie nachweisen konnten, dass gefälschte Nahrungsergänzungsmittel
die Quelle waren, wurden sie nicht sanktioniert. Damit begann die Ära des Methylhexanamins:
In der Jahresstatistik der Welt-Antidoping-Agentur (WADA) von 2010 nahm die Substanz
mit 123 positiven Funden die Spitzenposition ein, 2011 stieg die Zahl weiter auf 283
und 2012 auf 320 Fälle. Erst 2013 halbierte sich die Rate auf immerhin noch 169 Fälle
mit Methylhexanamin. Auch 2014 war die Substanz noch aktuell: Bei den olympischen
Winterspielen 2014 in Sotschi waren von 8 positiven Funden 3 auf Methylhexanamin zurückzuführen,
das Nahrungsergänzungsmitteln beigemengt war.
Ein großes Problem für den Endabnehmer solcher Präparate ist unter anderem die nicht
eindeutige Kennzeichnung. Nur selten steht der korrekte Begriff Methylhexanamin oder
das Synonym Dimethylpentylamin auf der Verpackung. Manchmal sind andere Begriffe genannt,
die auf Methylhexanamin hinweisen, zum Beispiel Geraniumwurzelextrakt, Geranamine,
Floradrene oder Forthane. In der Regel machen die Hersteller jedoch keinerlei Angaben
zu der Substanz. Grundsätzlich gilt: Immer wenn ein Präparat mit extremen Effekten
wirbt, kann man nicht ausschließen, dass nicht nur pflanzliche Substanzen enthalten
sind.
Leichter Zugang zu Dopingsubstanzen
Leichter Zugang zu Dopingsubstanzen
Eine weitere problematische Substanz ist Oxilofrin, das 2013 durch positive Befunde
auffiel. Das Sympathomimetikum wirkt ebenfalls als Stimulans und ist als Dopingmittel
klassifiziert. Nahrungsergänzungsmittel mit Oxilofrin werben nicht nur mit ihrer Eigenschaft
als Fatburner, sondern versprechen auch eine verbesserte kognitive Leistungsfähigkeit.
Da verdächtige Substanzen nach einer gewissen Zeit sport- und strafrechtlich sanktioniert
werden, werden ständig neue Substanzen entwickelt. Seit September 2014 ist die Designersubstanz
1,3-Dimethylbutylamin aktuell. Sie kommt in verschiedenen Präparaten vor, die als
Neuroenhancer, Trainingsbooster oder Fatburner verkauft werden. Besonders problematisch
ist, dass diesen Nahrungsergänzungsmitteln mittlerweile auch Antidepressiva beigemengt
werden.
Zu beziehen sind gefälschte Nahrungsergänzungsmittel günstig und unkompliziert über
das Internet, auch in großen Mengen. Markt und Margen sind sehr groß.
Entgleisung der Thermoregulation
Entgleisung der Thermoregulation
Gesundheitsgefährdend sind Abnahmepräparate, die laut Zutatenliste Ephedrin, Coffein
und Aspirin, zusätzlich aber noch 1 mg des Beta-2-Agonisten Clenbuterol pro Kapsel
enthalten. Dies entspricht der 25-fachen Menge der üblichen Dosierung von 20 – 40 µg
pro Tag. Sie führt zu unmittelbaren Intoxikationserscheinungen, die von Tremor bis
zu Tachykardie reichen.
Ebenfalls gefährlich sind Kapseln mit Dinitrophenol, die 500 g Fettabbau in 24 Stunden
versprechen. Sie bewirken eine Entgleisung der Thermoregulation mit Überhitzung und
Hitzschlag und haben darüber hinaus kanzerogenes Potenzial. Testkäufe beweisen, wie
einfach der Bezug dieser Präparate meist aus Fernost oder Osteuropa ist.
Auch Peptide und Proteine wie Growth Hormone Releasing Peptides (GHRPs) werden seit
2010 in Nahrungsergänzungsmitteln gefunden. Die gesundheitlichen Risiken dieser Substanzen
sind jedoch überschaubar, weil die Bioverfügbarkeit nach oraler Verabreichung sehr
gering ist und sie größtenteils verstoffwechselt über die Nieren wieder ausgeschieden
werden.
Mit Anabolika gefälschte Präparate
Mit Anabolika gefälschte Präparate
Den größten Anteil an gefälschten Nahrungsergänzungsmitteln haben Präparate, die Anabolika
zum Muskelaufbau enthalten [5 ]. Sie sind als Kapseln, Brausetabletten oder Blades erhältlich, die wie Esspapier
auf oder unter die Zunge gelegt werden.
Ein Präparat kam zum Beispiel 2002 auf den Markt und warb mit seiner muskelaufbauenden
und kraftsteigernden Wirkung. Auf der Packung nicht angegeben war der Inhaltsstoff
Metandienone – ein Anabolikum, das in einer Dosierung von 17,3 mg/g enthalten war,
was der 3-fachen Menge der damals als therapeutisch definierten Tagesdosis entsprach.
Ein weiteres Beispiel lieferte der Fund von Dehydrochloromethyl-testosteron, ein in
den 1970er- und 80er-Jahren gängiger Wirkstoff im Rahmen der Dopingstrategien der
ehemaligen DDR, in Präparaten, deren Zutatenliste den hochpotenten anabolen Inhaltsstoff
nicht aufgeführt hatte. Maximal 10 mg pro Tag galt damals als Therapierahmen; das
untersuchte Präparat enthielt aber ca. 15 mg pro Kapsel.
Gängige anabol-androgene Steroide werden auch in abgewandelter Form eingesetzt, vermeintlich
damit sie weniger leicht identifiziert und (strafrechtlich) verfolgt werden können.
Sie finden ihren Weg als Designersteroide in den Schwarz- und Graumarkt. Auch anabol-androgene
Steroide werden überwiegend aus fernöstlichen Quellen bezogen. Die Qualität rangiert
von sehr gut bis sehr schlecht.
Bei dem neuesten Verkaufstrick für Nahrungsergänzungsmittel benutzen die Hersteller
klassische Begriffe aus der Anabolika-Szene. Die Präparate heißen zum Beispiel Oral
T-Bol, Oxandra oder Danabol. Tatsächlich enthalten sie aber keine Steroide, sondern
nur Vitamine. Diese Präparate generieren einen Absatz, der etwas anderes suggeriert,
als der Käufer erwartet.
Auf Nummer sicher mit der Kölner Liste
Auf Nummer sicher mit der Kölner Liste
Unbeabsichtigte Dopingfälle durch Nahrungsergänzungsmittel lassen sich durch einen
kritischen Umgang vermeiden: Grundsätzlich sollte ihre Einnahme aus medizinischer
oder ernährungswissenschaftlicher Sicht begründet sein. Zudem sollte man Präparate
mit extremer Werbung und aus unsicheren Quellen meiden.
In der Service-Datenbank Kölner Liste (www.koelnerliste.com ) finden Sportler und Sportinteressierte einen Überblick über Nahrungsergänzungsmittel
mit geringem Dopingrisiko, die auf Anabolika und Stimulanzien überprüft und negativ
getestet worden sind. Die Angaben beziehen sich immer auf einzelne Chargen und sagen
nichts über jüngere oder ältere Chargen aus. Wer dort gelistete Produkte einnimmt,
reduziert das Risiko, in eine Dopingfalle zu tappen.