Disparities in health and access to healthcare between asylum seekers and residents
in Germany: a population-based cross-sectional feasibility study.
BMJ Open 2015;
5(11)
Die große Anzahl an Flüchtlingen ist eine Herausforderung für Gesundheits- und Sozialsysteme.
In Deutschland steht Asylsuchenden nur dann eine medizinische Behandlung zu, wenn
sie unter akuten Gesundheitsproblemen leiden. C. Schneider et al. haben nun den Gesundheitszustand
und die Versorgung von Flüchtlingen und der Allgemeinbevölkerung verglichen.
BMJ open 2015; 5: e008784
(©beerkoff/www.Fotolia.com/Symbolbild)
Für die bevölkerungsbasierte Querschnittsstudie des Forscherteams aus Tübingen und
Heidelberg wurden 614 von 1017 registrierten Asylsuchenden aus 3 Landkreisen in Baden-Württemberg
erfasst. Hiervon nahmen letzlich 156 Personen (25,41 %) an der Studie teil, 35 davon
waren Frauen. Das Durchschnittsalter betrug 31,7 Jahre, der Untersuchungszeitraum
dauerte 3 Monate. Die Studiendaten wurden zwischen Oktober 2014 und Februar 2015 gesammelt.
Die Daten der Allgemeinbevölkerung lieferten die deutschen Gesundheitsbefragungen
aus den Jahren 2008 bis 2011 (n = 8152) und die europäische Gemeinschaftsstatistik
über Einkommen und Lebensbedingungen aus dem Jahr 2012 (n = 23 065). Gemessen wurden
Selbstauskünfte über den Gesundheitsstatus und den Zugang zur medizinischen Versorgung
laut den Kriterien des ECHI (European Core Health Indicators). Das Odds ratio wurde
sowohl aus den Rohdaten als auch stratifiziert nach Geschlecht und Alter berechnet.
Die Asylsuchenden hatten deutlich häufiger einen schlechten Gesundheitsstatus (Odds
ratio [OR] 1,72; 95 %-Konfidenzintervall [KI] 1,23–2,41). Weiterhin berichteten sie
öfter über eine eingeschränkte Aktivität (OR 1,97; 95 %-KI 1,39–2,79). Jüngere Flüchtlinge
litten außerdem häufiger an chronischen Erkrankungen.
Weiterhin konsultierten Asylsuchende deutlich seltener einen Arzt als die heimische
Bevölkerung
(OR 0,1; 95 %-KI 0,07–0,16). Sie wurden allerdings öfter stationär und psychologisch
behandelt (OR 2,29; 95 %-KI 1,54–3,34 bzw. OR 4,07; 95 %-KI 2,48–6,43. Weiterhin gaben
die Flüchtlinge häufiger ungedeckte medizinische Bedürfnisse an (OR 3,74; 95 %-KI
2,62–5,21).
Die Studie ist empirisch und die Ergebnisse sind daher nicht als allgemeingültig anzusehen,
so die Autoren. Weitere limitierende Faktoren sind die eingeschränkte Herkunft der
Daten (3 Landkreise) und die vergleichsweise geringe Rücklaufquote
von 25,41 % bei den Asylsuchenden. Ferner merken die Autoren an, dass nur wenige weibliche
Asylsuchende teilgenommen hatten. Zudem stammen die Daten aus Selbstauskünften und
können daher einem Bias unterliegen.
Die ECHI-Kriterien erwiesen sich in der Studie als geeignet, um Unterschiede in der
medizinischen Versorgung zwischen Flüchtlingen und der Bevölkerung zu quantifizieren.
Allerdings seien die Ergebnisse nicht repräsentativ, schränken die Autoren ein.