Sandra Leineweber ...
... ist 1992 in Mainz geboren, in einem kleinen Ort namens Uelversheim aufgewachsen
und lebt heute in Idstein. Dort studierte sie bis Juli 2015 Ergotherapie und aktuell
Therapiewissenschaften im Masterstudiengang an der Hochschule Fresenius. Der Beruf
hatte es Sandra Leineweber schon lange zuvor angetan: Als Jugendliche begleitete sie
ihre kleine Schwester häufig zur Ergotherapie.
Schon vor Abschluss des Studiums, aber mit Examen in der Tasche begann Sandra Leineweber,
in einer ergotherapeutischen Praxis in Niederhausen zu arbeiten, in der sie auch heute
noch im Fachbereich Pädiatrie tätig ist. Bereits während des Studiums engagierte sie
sich ehrenamtlich für den DVE, zunächst in der BundesSchüler- und -Studierendenvertretung,
inzwischen als Schatzmeisterin für die DVE Landesgruppe Hessen. Neben all ihren Projekten
hat die Ergotherapeutin auch ihre Work-Life-Balance im Blick: In ihrer Freizeit tanzt
sie Zumba, spielt Querflöte in einem kleinen Orchester oder entspannt beim Lesen.
Abb.:B. Leineweber
Die Bachelorarbeit
Während eines Praktikums wurde Sandra Leineweber auf das Ergotherapeutische Sozialkompetenz-Training
(EST) aufmerksam. Dabei erfuhr sie, wie hilfreich und wirksam dieses Programm für
Kinder und deren Eltern sein kann. Das Programm richtet sich unter anderem an Kinder
mit einer Störung im Sozialverhalten (SSV). Es dient dazu, die sozialen Kompetenzen
von Kindern zu fördern, ihre Einschränkungen zu reduzieren und ihre Lebensqualität
zu erhöhen.
Eine SSV ist die zweithäufigste psychische Erkrankung im Kindes- und Jugendalter.
Laut Bundespsychotherapeutenkammer beginnen jedoch nur wenige der Kinder eine ambulante
Behandlung wie Ergotherapie. Das bestätigen auch die Entwicklerinnen des EST, Stefanie
Otte-Löcker und Berit Menke. Ihrer Erfahrung nach nehmen nur wenige Kinder mit einer
diagnostizierten Störung im Sozialverhalten am EST teil. Zudem sei zu beobachten,
dass verordnende Ärzte die SSV häufig als „Entwicklungsstörung“ klassifizieren.
Sandra Leineweber überprüfte im Rahmen ihrer Bachelorarbeit den Widerspruch zwischen
dem hohen Vorkommen der SSV und den Expertenmeinungen, um diesen Sachverhalt mithilfe
von quantitativen Daten wissenschaftlich zu untermauern. Daraus ergaben sich folgende
Fragestellungen: Wie hoch ist der Anteil an Kindern mit einer SSV innerhalb des EST?
Und wie groß ist der Anteil der am EST teilnehmenden Kinder ohne diagnostizierte SSV,
welche die Diagnosekriterien der SSV nach ICD-10 erfüllen?
Für die Datenerhebung verschickte Sandra Leineweber via E-Mail einen Online-Fragebogen
an 390 Ergotherapeuten, die das EST 2014 anleiteten. Davon nahmen 32 Personen an der
Untersuchung teil. Damit standen der Ergotherapeutin für ihre Bachelorarbeit die Daten
von 417 Kindern zur Verfügung, die insgesamt 597 Diagnosen aufwiesen.
”
Kinder mit Störungen im Sozialverhalten profitieren vom EST.
Ergebnis
Sandra Leineweber fand heraus, dass entgegen der Experteneinschätzungen die SSV im
Jahr 2014 die am häufigsten diagnostizierte Störung bei den von ihr untersuchten EST-Teilnehmern
darstellte. Zusammen mit anderen Erkrankungen, die zu den Verhaltensauffälligkeiten
gehören, nehmen die SSV (Diagnoseschlüssel F91) somit die deutliche Mehrheit ein.
Den zweiten Rang besetzen „andere Entwicklungsstörungen“ (F88), gefolgt von ADHS (F90).
Daran schließen sich die „Störung im Kindesalter“ (F93) und die „kombinierte Störung
des Sozialverhaltens und der Emotionen“ (F92) an.
In der Summe nimmt somit die SSV mit 63,53 % den größten Anteil ein. Dem gegenüber
steht die nicht diagnostizierte SSV mit 36,47 %. Dazu zählen Erkrankungen, die den
Diagnosekriterien der SSV entsprechen.
Fazit
-
→ Der große Anteil der nicht diagnostizierten SSV bei Erfüllung der Diagnosekriterien
ist auf fehlerhafte Einschätzungen der verordnenden Ärzte zurückzuführen, ebenso ist
nicht auszuschließen, dass ein Teil der befragten Ergotherapeuten die Diagnosekriterien
nicht berücksichtigt haben.
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→ Die Ergebnisse bestätigen die Relevanz der SSV und damit die hohe Bedeutung des
EST als therapeutisches Programm.
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→ Sandra Leineweber gibt zu bedenken, dass nur wenige Ergotherapeuten, die 2014 das
EST anleiteten, an der Umfrage teilnahmen. Sie empfiehlt daher eine erneute größere
Umfrage, um die aktuelle Diagnoseverteilung zu überprüfen.
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→ Da die Veröffentlichung des EST erst wenige Jahre zurückliegt, ist mit einer zunehmenden
Bekanntheit und Anwendung zu rechnen.
Fragen an Sandra Leineweber
Fragen an Sandra Leineweber
Was war Ihre größte Herausforderung während des Studiums?
Studium, Freunde, Familie und meine Hobbys unter einen Hut zu bekommen.
Welche drei Eigenschaften braucht man als „gute“ Ergotherapeutin?
Nur drei? Kommunikationsfähigkeit, Empathie, Kreativität, fundiertes Wissen und natürlich
Spaß an der Arbeit.
Wohin würden Sie gerne einmal reisen?
Nach Ägypten! Ich würde unheimlich gerne mal die Pyramiden sehen.
Was sind Ihre Pläne und Wünsche für die Zukunft?
In erster Linie wünsche ich mir, gesund zu bleiben, um meinen Beruf weiterhin ausüben
zu können. Außerdem wünsche ich mir noch viele eindrucksvolle Momente mit meinen Klienten
in der Praxis und dass ich mir noch einiges an Wissen aneignen und wertvolle Erfahrungen
sammeln kann.
Leineweber S. Ergotherapeutisches Sozialkompetenz-Training (EST) bei Kindern mit einer
Störung des Sozialverhaltens. Bachelorarbeit an der Hochschule Fresenius Idstein;
2015