Der Klinikarzt 2016; 45(01): 48
DOI: 10.1055/s-0042-100700
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Gewürz- und Arzneipflanze – Echter Kümmel ist Arzneipflanze des Jahres 2016

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Publication Date:
10 February 2016 (online)

 
 

    Viele lieben ihn, manche mögen ihn gar nicht, den „Echten Kümmel“ oder „Wiesenkümmel“, den fast jeder im Gewürzregal stehen hat. Auf den ersten Blick also eine sehr alltägliche Pflanze, die es aber in sich hat. Deshalb hat sie der „Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde“ an der Universität Würzburg zur Arzneipflanze des Jahres 2016 gewählt.

    Der Echte Kümmel wurde in Europa bereits in den Siedlungen der Steinzeit genutzt, wie archäologische Funde zeigen konnten. Damit gehört der einheimische Wiesenkümmel zu den ältesten Gewürz- und Arzneipflanzen in Europa. Die zweijährige Pflanze, die in gemäßigten Zonen Europas und Asiens wild auf Wiesen zu finden ist, gehört zu den Doldenblütlern (Apiaceen). Sie bevorzugt sonnige, aber feuchte Standorte. In Kulturen angebaut wird der Kümmel in Deutschland, den Niederlanden, Polen und Ägypten.

    Medizinische Anwendung

    Medizinisch werden ausschließlich die Früchte der Pflanze verwendet. Sie enthalten 3–7 % ätherisches Öl, davon über 50 % Carvon. Besonders bedeutsam ist das reine Kümmelöl (Carvi aetheroleum). Es wird durch Wasserdampfdestillation aus den getrockneten Früchten gewonnen. Die klare, farblose bis gelbe Flüssigkeit enthält zu rund 60 % den typischen Kümmelstoff Carvon. Diesem werden die Hauptwirkungen des Kümmels zugeschrieben. Nachgewiesen ist eine krampflösende und antimikrobielle Wirkung. Daneben wirkt Kümmel appetitanregend, fördert die Sekretion des Magensaftes und die Durchblutung von Magen- und Darmschleimhaut, vor allem vertreibt er Blähungen.

    Wissenschaftlich anerkannt ist die Anwendung bei Verdauungsbeschwerden wie leichten krampfartigen Beschwerden im Magen-Darm-Bereich, Blähungen und Völlegefühl. Nach Prof. Schilcher gehört Kümmel zu den stärkeren Karminativa (Mittel gegen Blähungen). Die Europäische Kooperative für die Therapie mit Arzneipflanzen (Europien Scientific Cooperative on Phytotherapy = ESCOP) hat die Anwendung auch auf blähende Koliken bei Kindern und auf das Roemhild-Syndrom erweitert. Mit Roemhild-Syndrom werden Brust- und Herzschmerzen mit Beklemmungsgefühlen bis hin zu Panikattacken bezeichnet, die auf größere Gasansammlungen in Magen und Darm zurückgehen. Durch seine krampflösende und blähungstreibende Wirkung kann Kümmelöl auch beim Reizdarmsyndrom eingesetzt werden. Bei diesen Patienten gehen Blähungen und Völlegefühl häufig mit einer gestörten Darmflora einher. Positive Darmbakterien wie die Bifidobakterien sind vermindert oder beeinträchtigt, krankhafte Darmbakterien nehmen zu.

    Kümmelöl wirkt selektiv auf das Wachstum pathogener Keime (z. B. Bakteroides fragilis, Clostridium spp.), ohne dass es zu negativen Effekten auf die erwünschte Darmflora (z. B. Laktobazillen, Bifidobakterien) kommt. Das Öl zeigt zudem ausgeprägte schaumverhütende und damit entblähende Effekte, die vor allem durch eine Senkung der Oberflächenspannung des Magen- bzw. Darmsaftes erreicht werden. Kümmelöl wird ausschließlich äußerlich auch bei Säuglingen und Kleinkindern gegen Blähungen eingesetzt. Eine 10%ige Lösung in Öl (z. B. Olivenöl) wird dazu auf die Bauchhaut aufgetragen und eingerieben oder einmassiert. Kümmelöl ist auch in Kombinationspräparaten, etwa mit Pfefferminzöl, erhältlich. Milder aber auch schwächer wirksam ist die Zubereitung der Kümmelfrüchte als Tee. Für die Teezubereitung werden 1–2 Teelöffel Kümmelfrüchte in einem Mörser kurz angestoßen, damit das in sogenannten Sekreträumen eingeschlossene ätherische Öl austreten kann und nach danach mit einer Tasse heißem Wasser übergossen. Abgedeckt – damit das ätherische Öl nicht entweicht – 10 Minuten ziehen lassen.


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    Geschichte

    Schon der große griechische Arzt Dioskurides aus dem 1. Jahrhundert nach Chr. schreibt in seiner ‚Materia medica‘ (Buch III, Kap. 63, Ausgabe 1610), dass der Kümmel dem Magen gut tut, dem Darm hilft und einen „süßen, lieblichen Atem“ bereitet. Auch Lebensmitteln, die zur Aufbewahrung bzw. Konservierung in Essig eingelegt wurden, hat man Kümmelfrüchte beigegeben, was aufgrund der antimikrobiellen Wirkung sinnvoll erscheint.

    In der wichtigsten Arzneimittellehre des Mittelalters, dem ‚Circa instans‘ aus der berühmten Medizinschule von Salerno, heißt es: „Das Kümmelpulver, in Speisen gereicht, stärkt die Verdauungskraft und löst Windblähung auf. In Saucen angesetzt, regt es die Esslust an.“

    Auch Hildegard von Bingen empfiehlt den Kümmel bei schwerverdaulichen Speisen, wie altem, hartem Käse. Heute ist auch an das Käsefondue und Kohlgerichte zu denken.

    Seit der Antike wurden Kümmelfrüchte zudem als Diuretikum und bei Harnwegsinfekten eingesetzt.

    Noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war Kümmel ein weit verbreitetes Mittel bei mangelhafter Muttermilch (Galaktagogum) in der Volksmedizin, das auch von Ärzten gerne empfohlen wurde.

    In der Volksheilkunde wird Kümmel bis heute bei Katarrhen der Atemwege genutzt.

    Dr. Johannes Gottfried Mayer, Institut für Geschichte der Medizin, Würzburg


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    Kommentar

    Die Wertschätzung dieser einzigartigen Arzneipflanze durch nationale und internationale Kommissionen freut uns sehr, da viele der klinischen bzw. präklinischen Daten der letzten 20 Jahre auch aus unserem Hause stammen und zur positiven Bewertung dieses pflanzlichen Wirkstoffes beigetragen haben.

    Mit unserem Präparat Carmenthin® bei Verdauungsstörungen steht ein wirksames und zugelassenes Arzneimittel mit den hochdosierten Wirkstoffen Kümmelöl und Pfefferminzöl zur Behandlung funktioneller Verdauungsbeschwerden wie Blähungen, Krämpfen und Völlegefühl zur Verfügung. Monopräparate mit Kümmelöl sind in Deutschland nicht erhältlich (Rote Liste). Carmenthin® ist als rezeptfreies Arzneimittel in der Apotheke erhältlich.

    Quelle: Presseinformation der Dr. Wilmar Schwabe GmbH & Co. KG.


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