Einleitung Für Frauen im gebärfähigen Alter liegt die Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt bei
bis zu 50%. Die Auslöser für Aborte sind vielfältig, dennoch kann nur bei der Hälfte
aller Patientinnen eine klare Ursache festgestellt werden. Die Bedeutung von epigenetischen
Veränderungen während des Abortgeschehen sind bisher kaum bekannt, deshalb war das
Ziel dieser Studie die Rolle der Histonproteine H3K4me3 und H3K9ac im spontanen und
habituellen Abort zu untersuchen.
Material und Methodik An Plazenten von jeweils 3 Patientinnen mit Spontanaborten, rezidivierenden Aborten
und Abruptiones wurden die Histonproteine H3K4me3 (trimethyliertes Lysin 4 des Histons
H3) und H3K9ac (acetyliertes Lysin 9 des Histons H3) mittels Western Blot an gefrorenem
Plazentamaterial untersucht. Um die Expression der Histonproteine in der Plazenta
erheben zu können, wurde in Paraffin eingebettetes Material von Patientinnen mit Spontanaborten
(n = 20), rezidivierenden Aborten (n = 19) und Abruptiones (n = 26) mittels immunhistochemischer
Färbungen untersucht. Eine Doppelimmun-floureszenzfärbung wurde durchgeführt, um extravillöse
Trophoblastzellen innerhalb der dezidualen Zellen zu identifizieren.
Ergebnisse Im Western Blot zeigte sich eine Tendenz zur Reduktion von H3K4me3 und H3K9ac im
Abort, insbesondere in Spontanen Aborten. In der immunhistochemischen Untersuchung
wurde zwischen Synzytiotrophoblast, Zytotrophoblasten, synzytialem Stroma und dezidualen
Zellen unterschieden. Dabei zeigte sich eine signifikante Reduktion von H3K4me3 in
Synzytiotrophoblasten und Zytotrophoblasten im Spontanabort, während sich im rezidivierenden
Abort nur im Synzytiotrophoblast eine signifikante Herabregulation fand. H3K9ac war
sowohl im Spontanabort als auch im rezidivierenden Abort in Zytotrophoblasten, Synzytialstroma
und der Dezidua reduziert. Mittels Immunfloureszenzfärbung konnte gezeigt werden,
dass sowohl deziduale Stromazellen als auch extravillöse Trophoblasten H3K9ac exprimierten.
Zusammenfassung Im Gegensatz zu genetischen Anomalien, welche bekannt dafür sind, für die Hälfte
aller Aborte verantwortlich zu sein, gibt es wenig Daten zu epigenetischen Veränderungen
in spontanen und rezidivierenden Aborten. Unsere Studie zeigte eine Tendenz zur Reduktion
der untersuchten Histonmodifikationen im plazentaren Gewebe in Spontanaborte, was
zu der Annahme führt, dass diese eine essentielle Rolle in Spontanaborten spielen
könnten. Bei rezidivierenden Aborten konnten wir nur eine Reduktion von H3K9ac feststellen.
Ob die untersuchten Histonmodifikationen Teil einer möglichen pathophysiologischen
Kaskade in Aborten sind, oder ob sie lediglich eine defekte Synzytialisation anzeigen
kann aus diesen Daten nicht geschlossen werden. Dafür müssen weitere Untersuchungen
durchgeführt werden.
Interessenskonflikt Sven Mahner: Forschungsunterstützung, Beratungsausschuss, Honorare und Reisekosten
von AbbVie, AstraZeneca, Clovis, Eisai, GlaxoSmithKline, Medan, MSD, Novartis, Olympus,
Pharmaka, Roche, Sensor Kinesis, Teva, Tesoro; Thomas Kolben: besitzt Aktien von Roche,
Angehörige bei Roche beschäftigt; Theresa M. Kolben: besitzt Aktien von Roche, Beschäftigt
bei Roche. Diese Studie wurde mit Fördermitteln der Friedrich-Baur-Stiftung unterstützt.