intensiv 2016; 24(02): 61
DOI: 10.1055/s-0041-111119
Editorial
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Editorial

Rita Hofheinz
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Publication Date:
07 March 2016 (online)

Ich lasse nicht locker!
(Robert Koch (1843–1910), deutscher Bakteriologe, Nobelpreisträger für Medizin)

Mit bloßem Auge sind Keime nicht sichtbar, aber sie können großen Schaden anrichten und zwar dort, wo Menschen gesunden sollen, an einem Ort der Hoffnung, im Krankenhaus. Laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ vom 23. März 2015 sterben nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit hierzulande jährlich 12.000 bis 15.000 Menschen in Kliniken, weil sie sich an Keimen infizieren.

Die Patienten werden älter und multimorbider. Die Zahl der hochkomplizierten Eingriffe nimmt stetig zu und damit die Gefahr der Ansteckung ebenso wie die Zunahme der Erreger, bei denen herkömmliche Therapien nicht mehr anschlagen. Darüber hinaus werden viele Keime aus den Hochrisikoländern wie z. B. Indien eingeschleppt. Leipziger Wissenschaftler empfehlen auf Basis einer Studie Patienten bei der Aufnahme auf derartige Erreger zu untersuchen, wenn sie sich in den vergangenen Monaten in Indien oder Südostasien aufgehalten haben; die Stiftung Patientenschutz fordert ein Screening für alle Patienten; die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) wiederum ist gegen ein generelles Screening. Diese Heterogenität ist nur möglich, weil in Deutschland jedes Krankenhaus weitestgehend selbst entscheiden kann, wie es vorbeugt.

Gegen diese Problematik stellte Bundesgesundheitsminister Gröhe im März 2015 seinen „Zehn-Punkte-Plan“ vor: Gröhe will das Robert Koch-Institut stärker in die Maßnahmen der Kliniken miteinbeziehen; darüber hinaus soll geklärt werden, ob Patienten sich vor einem planbaren Krankenhausaufenthalt screenen lassen müssen. Zudem sollen auch die Meldepflichten verschärft werden. Fortbildungen für Ärzte und Pflegepersonal werden verpflichtend und auch international will Gröhe vorgehen, da die Verbreitung resistenter Erreger kein lokales, sondern ein weltweites Problem ist.

Der neue gesetzliche Vorstoß von Gesundheitsminister Gröhe drückt sehr auf die Bürokratie, daneben sind aber auch die Quellenaustrocknung, das Verbot unkritischer Antibiotikaabgaben z. B. in der Massentierhaltung, hygienische Kontrollen von Biogasanlagen sowie Kontrollen des Keimtransports notwendig. Das Krankenhaus ist nur ein Teil in der Gesamtinfektiösität. Keimreduktion oder Eradikation wäre sicher wünschenswert, ist aber eben auch sehr teuer.

Mit den besten Wünschen aus München,

Ihre

Rita Hofheinz