Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2016; 51(09): 544-553
DOI: 10.1055/s-0041-109833
Fachwissen: Topthema
Anästhesiologie / Intensivmedizin
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Organersatzverfahren - Nierenersatzverfahren in der Intensivmedizin

Organ replacement therapy – renal replacement therapy in intensive care medicine
Daniel Kraus
1   Abteilung für Nephrologie, Medizinische Klinik I, Universitätsklinikum Würzburg.
,
Christoph Wanner
1   Abteilung für Nephrologie, Medizinische Klinik I, Universitätsklinikum Würzburg.
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Publication Date:
15 September 2016 (online)

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Zusammenfassung

Schwer kranke, intensivmedizinisch behandelte Patienten haben ein hohes Risiko, ein akutes Nierenversagen zu entwickeln. Jedes Nierenversagen verkürzt die weitere Lebenserwartung. Ein akutes Nierenversagen führt aber nicht mehr unmittelbar zum Tod, weil die vielfältigen Funktionen der Niere medikamentös oder maschinell ersetzt werden können. Hämodialyse und Hämofiltration sind die grundlegenden Verfahren der maschinellen Nierenersatztherapie; sie können kontinuierlich oder intermittierend durchgeführt werden. Die Entscheidung für ein bestimmtes Verfahren muss vom Einzelfall abhängig gemacht werden. Die Peritonealdialyse ist eine Alternative zur Blutwäsche, stellt aber besondere personelle und institutionelle Anforderungen. Röntgenkontrastmittel und Rhabdomyolyse sind häufige Ursachen eines toxischen akuten Nierenversagens auf der Intensivstation, können durch Nierenersatzverfahren aber nicht verhindert werden.

Abstract

Critically ill patients who are treated in an intensive care unit are at increased risk of developing acute renal failure. Every episode of renal failure decreases life expectancy. However, acute renal failure is no longer an immediate cause of death because renal function can be substituted medically and mechanically, by the use of renal replacement therapy. Hemodialysis and hemofiltration are the 2 fundamental modalities of renal replacement therapy and may be performed intermittently or continuously. The decision for one particular therapy has to be made for each patient individually. Peritoneal dialysis is an alternative treatment for acute renal failure, but is not available for immediate use in most centers. Contrast media and rhabdomyolysis are 2 common causes of toxic renal failure in the intensive care unit. However, they cannot be prevented by hemodialysis.

Kernaussagen

  • Die Nieren sind empfindliche Organe, die schnell Schaden nehmen, aber auch eine besondere Fähigkeit zur Regeneration haben.

  • Es gibt nicht eine, sondern viele Funktionen der Niere, und nicht alle haben mit der Urinproduktion zu tun.

  • Diuretikatherapie ist nur bei behandlungsbedürftiger Hypervolämie sinnvoll und kann die Notwendigkeit einer Nierenersatztherapie verzögern.

  • Dialysekatheter sollten in die rechte V. jugularis interna oder in eine V. femoralis eingesetzt werden. Experten raten von der V. subclavia als Zugangsweg ab.

  • Die Entscheidung für eine intermittierende oder kontinuierliche Nierenersatztherapie kann nur unter Berücksichtigung des Gesamtkontexts gefällt werden. Für kein Verfahren und für keine Situation gibt es universell anzuwendende Evidenz.

  • Bei kontinuierlichen Nierenersatzverfahren muss der Verlust von Elektrolyten, Glukose und Aminosäuren bedacht werden.

  • Die Peritonealdialyse ist eine schonende und „physiologischere“ Alternative zur Blutwäsche, kommt aber nur als Akuttherapie infrage, wenn ein Zentrum die personellen und strukturellen Voraussetzungen schafft.

  • Ein Nierenersatzverfahren ist nicht indiziert zur Prophylaxe oder Behandlung der Kontrastmittel-Nephropathie.

  • Ein Nierenersatzverfahren ist nicht indiziert zur Prophylaxe oder Behandlung des durch Rhabdomyolyse ausgelösten akuten Nierenversagens.

  • Eine Plasmaseparation kann bei einer durch Hypertriglyceridämie ausgelösten Pankreatitis sinnvoll sein.