Im Juni 2015 hat mit dem selektiven Faktor-Xa-Inhibitor Edoxaban (LIXIANA®) ein neues Nicht-VKA orales Antikoagulanz (NOAK) die Zulassung in der europäischen
Union erhalten. Diese umfasst 2 Indikationen: Zum einen die Prävention von Schlaganfällen
und systemischen embolischen Ereignissen (SEE) bei erwachsenen Patienten mit nicht-valvulärem
Vorhofflimmern (nvVHF) und mindestens einem Risikofaktor[
*
] [
1
]. Zum anderen die Behandlung von tiefen Venenthrombosen (TVT) und Lungenembolien
(LE) sowie die Prophylaxe von rezidivierenden TVT und LE (zusammen venöse Thromboembolien;
VTE) bei erwachsenen Patienten [
1
]. Die zulassungsrelevanten Studien sind ENGAGE AF-TIMI 48 und Hokusai-VTE [
2
], [
3
].
Die NOAKs haben die über Jahrzehnte dominierende Rolle der Vitamin-K-Antagonisten
(VKA) in der oralen Antikoagulation ins Wanken gebracht. Obwohl VKA hochwirksam sind,
lassen sie sich häufig nur schwer steuern und gehen mit einem beträchtlichen Risiko
speziell für intrakranielle Blutungen einher. Die European Society of Cardiology (ESC)
favorisiert deshalb den Einsatz der NOAKs in der Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern
[
4
]. Deren neuester Vertreter Edoxaban zeichnet sich durch eine klare Handhabung aus:
Die Substanz wird standardmäßig für alle Indikationen in einer Dosis von einmal täglich
60 mg angewendet (bei VTE nach initialer Anwendung eines parenteralen Antikoagulanz
über mindestens 5 Tage). Bei Vorliegen von bestimmten klinischen Faktoren erfolgt
eine Reduktion der Edoxaban-Dosis von 60 auf 30 mg einmal täglich.
Die Phase-III-Studie ENGAGE AF-TIMI 48 [
2
], die Edoxaban mit Warfarin (Ziel-INR 2–3) verglich, umfasste insgesamt 21 105 Patienten
und gehört damit zu den umfassendsten Untersuchungen zur Schlaganfallprävention bei
nvVHF überhaupt. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 2,8 Jahre. Die Teilnehmer
repräsentierten ein breites Patientenklientel und spiegelten somit optimal den klinischen
Alltag wider. Ausgehend von der Standarddosierung von 60 mg wurde Edoxaban bei Patienten
mit bestimmten klinischen Faktoren (Kreatinin-Clearance [CrCl] 30–50 ml/min, Körpergewicht
≤ 60 kg, Komedikation mit einem starken P-Glykoprotein-Inhibitor) in der Dosis auf
30 mg einmal täglich reduziert.
Das Ergebnis: Edoxaban 60 mg (inkl. 30 mg Dosisreduktion) ist in der Prävention von
Schlaganfällen und SEE vergleichbar wirksam wie Warfarin (Abb. [
1
]). Die jährliche Inzidenz lag bei 1,18 % versus 1,50 % unter Warfarin (HR = 0,79;
97,5 %-KI = 0,63–0,99; p < 0,001 für Nicht-Unterlegenheit). Die Rate hämorrhagischer
Schlaganfälle war signifikant um 46 % verringert (p < 0,001). Ein signifikanter Vorteil
zugunsten von Edoxaban bestand ebenfalls bei der kardiovaskulären Mortalität (2,74
% vs. 3,17 %; HR = 0,86; p = 0,013).
Abb. 1 Zentrale Ergebnisse der Studie ENGAGE AF-TIMI 48: Edoxaban 60 mg (inkl. 30 mg Dosisreduktion)
ist vergleichbar wirksam wie Warfarin (blau) und dabei überlegen in der Sicherheit
und der Reduktion der kardiovaskulären Mortalität (rot) (mod. nach [
2
]).
Hinsichtlich der Reduktion schwerer Blutungen war Edoxaban 60 mg gegenüber Warfarin
überlegen. Die Rate schwerer Blutungen etwa war im Vergleich zu Warfarin um 20 % reduziert
(p = 0,0009). Intrakranielle, lebensbedrohliche und tödliche Blutungen traten unter
Edoxaban ebenso signifikant seltener auf. Die wirksamkeits- und sicherheitsrelevanten
Ergebnisse bei Patienten mit Dosisreduktion auf 30 mg Edoxaban entsprachen denen der
gesamten Studienkohorte.
IQWiG-Nutzenbewertung für Edoxaban (LIXIANA
®)
Am 2. November 2015 veröffentlichte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit
im Gesundheitswesen (IQWiG) seine Bewertung des Dossiers zu Edoxaban. Auf Grundlage
der ausgewerteten Studiendaten sieht es darin einen Hinweis auf einen beträchtlichen
Zusatznutzen im Vergleich zu VKA für Patienten mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern.
Mehr Sicherheit bei venösen Thromboembolien
Hokusai-VTE ist mit 8292 Teilnehmern die größte Zulassungsstudie zu einem NOAK bei
akuter VTE [
3
]. Ein wiederum praxisnahes Design zeigt sich beispielsweise daran, dass die beteiligten
Ärzte die Dauer der Antikoagulation flexibel zwischen 3 und 12 Monate durchführen
konnten. Mit einer numerisch geringeren Inzidenz an rezidivierenden symptomatischen
VTE während der 12-monatigen Studienlaufzeit war Edoxaban gegenüber Warfarin nicht
unterlegen (3,2 % vs. 3,5 %; p < 0,001 für Nicht-Unterlegenheit). Patienten mit schwerer
LE und nachgewiesener rechtsventrikulärer Dysfunktion hatten unter Edoxaban im Vergleich
zu Warfarin ein um 48 % reduziertes Risiko für eine rezidivierende symptomatische
VTE (3,3 % vs. 6,2 %; HR = 0,52; 95 %-KI = 0,28–0,98). Zudem bestätigte die Studie
Hokusai-VTE die größere Sicherheit von Edoxaban gegenüber Warfarin in Bezug auf klinisch
relevante Blutungen.
Martin Bischoff, Planegg
Der Beitrag entstand mit freundlicher Unter-stützung von Daiichi Sankyo Deutschland
GmbH.