Vañó-Galván Sergio et al.
JEADV 2015;
29: 1750-1757
Die Folliculitis decalvans (FD) ist eine seltene Form der Alopezie. Typisch sind vernarbende,
mit neutrophilen Granulozyten gefüllte Areale. Die Erkrankung wurde erstmals im Jahr
1888 von dem Arzt Charles Quinquaud beschrieben. Sergio Vañó-Galván und Kollegen der
Universität Alcalá, Spanien, führten eine retrospektive Multizenter-Studie durch,
um die Krankheit genauer darzustellen.
JEADV 2015; 29: 1750–1757
Meistens sind junge Menschen beider Geschlechter betroffen. Die Pathogenese ist weitgehend
ungeklärt, aber eine Staphylococcus-areus-Infektion mit einer dysfunktionalen Immunantwort
scheint eine entscheidende Rolle zu spielen. Die Studienteilnehmer waren zwischen
2001 und 2014 an 12 spanischen dermatologischen Zentren mit FD diagnostiziert worden.
Die Diagnose wurde anhand des klinischen Bildes, der dermoskopischen Befunde und der
Histologie gestellt. Der Schweregrad der Läsionen wurde anhand des größten Alopezie-Areals
ermittelt (Grad I: < 2 cm, Grad II: 2–4,99 cm, Grad III: mind. 5 cm). Die Grade I
und II wurden als leichte und mittelschwere Form, der Grad III als schwere Form der
FD klassifiziert.
Insgesamt nahmen 82 Patienten (52 Männer, 30 Frauen) an der Studie teil. Das mittlere
Alter betrug 39,7 Jahre (17–80 Jahre). Mit Ausnahme von 3 Patienten (Hauttyp VI) ließen
sich alle Patienten den Hauttypen I–IV zuordnen. Das mittlere Alter bei Krankheitsbeginn
lag bei 35 Jahren (15–75 Jahre). 3 Männer hatten Brüder, die ebenfalls an einer FD
litten. 2 Patienten berichteten davon, sich vorher an der betroffenen Stelle verletzt
zu haben. Kein einziger Patient vermutete einen Zusammenhang zwischen Medikamenten
und ihrer FD. Von einer komorbiden Hypertonie waren 7, von einer Dyslipidämie 4, von
einer Thyreoiditis 2 Patienten betroffen.
33 Patienten (40 %) litten an einem Grad I, 32 (39 %) an einem Grad II und 17 (21
%) an Grad III einer FD. An Juckreiz litten 56 Patienten (68 %). Von einer Trichodynie
berichteten 25 Patienten (30 %); Haarbüschel kamen bei 72 Patienten (88 %) vor. Pusteln
und Krusten konnten die Ärzte bei 47 Patienten (57 %) feststellen. Am häufigsten war
die Scheitelregion betroffen (46 Patienten, 56 %), gefolgt von der Schläfenregion
(9 Patienten). 69 Patienten (84 %) wiesen nur ein einziges alopetisches Areal auf,
bei den übrigen Patienten waren mehr Areale zu sehen. Bei 5 Patienten zeigte sich
eine Beteiligung der Augenbrauen, bei einem Patienten eine Beteiligung des Bartes.
Wimpern und Körperhaare waren bei keinem einzigen Patienten betroffen. Eine Androgenetische
Alopezie (AGA) wiesen 28 Patienten (34 %) auf (6 Frauen und 22 Männer). Das Auftreten
der schweren Form der FD (Grad III) war verbunden mit einem Eintreten der FD vor dem
25. Lebensjahr (Odds Ratio [OR] 12,4; 95 %- Konfidenzintervall [KI] 1,49–103,08; p
= 0,020) und dem Vorhandensein von Pusteln im alopetischen Areal (OR 3,94; 95 %-KI
1,46–10,65; p = 0,007).
Die Folliculitis decalvans ist eine seltene chronisch verlaufende Entzündung der Haarbälge,
die zu vernarbender Alopezie führen kann. (© Sterry W, Burgdorf W, Paus, R. Checkliste
Dermatologie. Stuttgart: Thieme 2010.)
Die Patienten wurden im Schnitt 2,7 Jahre lang (0,5–13 Jahre) nachverfolgt. Zu den
häufigsten Behandlungen zählten orale Antibiotika bei 60 Patienten (73 %), topische
Steroide bei 52 Patienten (63 %), topische Antibiotika bei 35 Patienten (43 %), orales
Isotretinoin bei 16 Patienten (20 %), intraläsionale Steroide bei 12 Patienten (15
%), Finasterid bei 5 Patienten (6 %), photodynamische Therapie bei 4 Patienten (5
%), Dapson, orale Steroide und topisches Tacrolimus bei 3 (4 %) sowie Hydroxychloroquin
bei 2 Patienten (2 %).
Nach dem Kenntnisstand der Autoren liefert diese Studie die größte Patientengruppe
mit FD in der Literatur. Die Ätiologie dieser belastenden Erkrankung bleibt immer
noch unklar. Staphylococcus-aureus-Infektionen und dysfunktionale Immunantworten könnten
beteiligt sein. Die Erkrankung beginnt meistens als isolierter Haarausfall mit Pusteln,
Krusten und Haarbüscheln, meistens am Scheitel. Setzt die Erkrankung vor dem 25. Lebensjahr
ein und sind Pusteln vorhanden, kommt es häufig zu besonders schweren Verläufen. Die
adäquate Behandlung führt zu zeitweiligen Verbesserungen. Am hilfreichsten war die
Kombination von oralem Clindamycin und Rifampicin. Auch orale Tetrazykline und orales
Azithromycin waren effektiv.