Einleitung
Die Erkrankung der thorakalen Aorta ist ein interdisziplinäres Krankheitsbild. In
den letzten Jahren hat der endovaskuläre Ansatz die chirurgische Therapie ergänzt.
Durch den Fortschritt in der standardisierten Durchführung von Operationen an der
thorakalen Aorta ist zudem das Risiko der Eingriffe wesentlich gesenkt worden.
Aufgrund der komplexen Therapieformen thorakaler Aortenerkrankungen haben sich im
Lauf der letzten Jahre zunehmend Gefäßzentren gebildet, um den unterschiedlichen Therapieansätzen
bei der Behandlung gerecht zu werden. Hier sind die rein konventionellen (chirurgischen),
die hybriden (chirurgisch-interventionell) und die endovaskulären Formen zu nennen.
In diesem Rahmen vereinigen sich die Fachdisziplinen Herzchirurgie, Gefäßchirurgie,
Angiologie und Radiologie unter dem Dach interdisziplinärer Gefäßmedizin. Auf dieser
Basis sind die Fachexpertise in Diagnostik und Therapie gewährleistet und eine strukturierte
Nachsorge der behandelten Patienten gesichert.
Die im Folgenden genannten Erkrankungen der thorakalen Aorta können nahezu in jedem
Abschnitt vorkommen und definieren nicht die sich anschließende Prozedur:
-
thorakales Aortenaneurysma – verum, falsum, Prävalenz = 6/100 000/Jahr
-
Aortendissektion – Typ-A/B-Dissektion, Prävalenz = 3/100 000/Jahr
-
intramurales Hämatom – Einblutung in die Gefäßwand
-
Arteriosklerose der Aorta – Verkalkung der Hauptschlagader
-
Aortenwandulkus – penetrierendes Aortenulkus (PAU)
-
entzündliche Erkrankungen – Lues, Takayasu-Arteriitis
-
angeborene Anomalien – Isthmusstenose, Commerell-Divertikel, Lusoria
Aus der heutigen Sicht gibt vor allem die Lokalisierung und Ausdehnung der Schädigung
die optimale Therapieoption vor. Hierfür ist die isolierte Betrachtung der einzelnen
Abschnitte der thorakalen Aorta unabdingbar.
In Deutschland werden pro Jahr ca. 6000 Eingriffe im Bereich der Aorta ascendens und
des Aortenbogens durchgeführt. Größtenteils konzentrieren sich die Maßnahmen auf die
Aorta ascendens und nur zu ca. 16 % auf den Aortenbogen.
Systematische Einteilung der thorakalen Aorta
Die thorakale Aorta ist anatomisch in 3 grundlegende Abschnitte unterteilt (Abb. [1]):
-
Aorta ascendens (AA)
-
Aortenbogen (AB)
-
Aorta descendens (AD)
Abb. 1 Systematische Einteilung der thorakalen Aorta (AA = Aorta ascendens, AA I = Aortenklappe,
AA II = Koronararterienabgänge, AA III = sinutubulärer Übergang, AA IV = Aorta ascendens
bis Abgang Truncus brachiocephalicus, AB = Aortenbogen, AB I = Truncus brachiocephalicus,
AB II = A. carotis communis sinistra, AB III = A. subclavia sinistra, AD = Aorta descendens.
Aorta ascendens. Der aufsteigende Teil umfasst die Aortenklappe (AA I), die unmittelbar oberhalb abgehenden
Koronararterien (AA II), den sinutubulären Übergang (AA III), der in seiner Ausdehnung
und Form maßgeblich für die Indikationsstellung bei den chronischen Aneurysmata der
aszendierenden Aorta wichtig ist, und schließlich den weiteren Bereich der Aorta ascendens
bis zum Abgang des Truncus brachiocephalicus (AA IV).
Aortenbogen. Der Truncus brachiocephalicus definiert den Beginn des Aortenbogens (AB) mit seinen
supraaortalen Gefäßen. Dazu gehören der Truncus brachiocephalicus selbst (AB I), die
A. carotis communis sinistra (AB II) sowie die A. subclavia sinistra (AB III). Ventral
der A. subclavia befindet sich das Lig. arteriosum. Auf dieser Höhe ist der Aortenbogen
fixiert. Hier findet sich oft der Ausgangspunkt der traumatischen Aortendissektion
(Dezelerationstrauma).
Aorta descendens. Unmittelbar im Anschluss findet sich der absteigende deszendierende Abschnitt (AD)
der thorakalen Aorta. Dieser beinhaltet die arterielle Versorgung des Rückenmarks
und ist nach distal begrenzt vom Durchtritt durch das Zwerchfell.
Die im Folgenden beschriebenen unterschiedlichen Therapieansätze sind nach den beschriebenen
thorakalen Abschnitten sortiert und beinhalten konventionelle, interventionelle und
endovaskuläre Verfahren.
Therapieoptionen
Aorta ascendens. Die Therapieformen im Bereich der thorakalen Aorta sind sehr vielfältig und gekennzeichnet
durch einen unterschiedlichen Grad der Invasivität. So konzentrieren sich vor allem
die konventionell chirurgischen Verfahren auf die Aorta ascendens. Vereinzelt finden
sich erste Ansätze, auch in diesem Bereich interventionelle Lösungen anzubieten. Dennoch
sind die Problemzonen in der Aorta ascendens noch nicht eindeutig identifiziert.
Aortenbogen. Die Behandlung der pathologischen Veränderungen des Aortenbogens sind geprägt durch
hybride Therapieformen. Bei dieser Art von Behandlung vereinen sich chirurgische und
interventionelle Verfahren. Rein endovaskuläre Lösungen gibt es bereits, sie sind
aber noch nicht in der klinischen Routine etabliert.
Aorta descendens. Für die Aorta descendens sind es vorrangig endovaskuläre Verfahren, die zur Therapie
eingesetzt werden. Im Folgenden sind die unterschiedlichen Therapieformen näher beschrieben
und den verschiedenen thorakalen Aortenabschnitten zugeordnet.
Aorta ascendens
Operationsverfahren. Die sich auf diesen Abschnitt konzentrierenden Operationstechniken sind auch heute
noch vor allem mit ersetzenden oder rekonstruktiven Verfahren zu beschreiben (Tab. [1]). Neben diesen etablierten und standardisierten Operationen haben sich jedoch in
den letzten Jahren auch erste endovaskuläre Ansätze im Bereich der Aorta ascendens
entwickelt. In diesem Zusammenhang ist die transapikale Implantation thorakaler Stents
hervorzuheben.
Tabelle 1
Systematische Darstellung der unterschiedlichen Therapieoptionen bei Erkrankungen
der Aorta ascendens.
Betroffener Abschnitt
|
Therapie
|
Bestandteile der OP
|
AA I/II/III (von Aortenklappe bis zum sinutubulären Übergang)
|
Bentall-Operation [1]
|
Aortenklappenersatz + infrakoronarer Aszendensersatz + Reimplantation der Koronarostien
|
Cabrol-Operation [2]
[3]
|
Aortenklappenersatz + infrakoronarer Aszendensersatz + Transposition der Koronarostien
|
David-Operation [4]
|
Aortenklappenrekonstruktion + infrakoronarer Aszendensersatz + Reimplantation der
Koronarostien
|
Yacoub-Operation [5]
|
Aortenklappenrekonstruktion + infrakoronarer Aszendensersatz + Reimplantation der
Koronarostien
|
AA IV
|
Transkatheter-Aszendensstent [6]
|
Stentimplantation Aorta ascendens (transapikal/transfemoral)
|
Acar-Operation [7]
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suprakoronarer Aszendensersatz + Rekonstruktion (Sinus)
|
Aszendensersatz
|
suprakoronarer Aszendensersatz
|
AA I/IV
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Wheat-Operation [8]
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Aortenklappenersatz + suprakoronarer Aszendensersatz
|
Endo-Wheat [9]
|
TAVI + Stentimplantation Aorta ascendens (transapikal/transfemoral)
|
AA = Aorta ascendens, AA I = Aortenklappe, AA II = Koronarostien, AA III = sinutubulärer
Übergang, AA IV = Aorta ascendens bis Truncus brachiocephalicus, TAVI = „transcatheter
aortic valve implantation“
Zugangswege. Zugangsweg ist hierbei der Apex des Herzens, der in vielen Zentren zur klinischen
Routine bei den katheterbasierten Herzklappenimplantationen gehört und neben dem transfemoralen
Zugang eine sichere Alternative bietet. Bei einer Typ-A-Dissektion hat der Zugang
zum einen den Vorteil, dass er stets den Eingang zum wahren Lumen gewährleistet. Zum
anderen ist mit dem sehr kurzen Interventionsabstand eine sehr gute Steuerbarkeit
und Positionierung gegeben.
Fallbeispiele. Die beiden Fallbeispiele zeigen den Entwicklungsstand der Interventionen im Bereich
der Aorta ascendens und, dass diese Interventionen prinzipiell machbar sind – führen
aber zugleich die Limitationen dieser Eingriffe auf. Es ist in diesem Zusammenhang
die Weiterentwicklung der Medizinprodukte zu fordern, um den diffizilen Problemen
der Aorta ascendens gerecht zu werden. Im Bereich der Aorta ascendens ist die konventionelle
Herzoperation nach wie vor „Goldstandard“.
Endovaskuläre Therapie eines penetrierenden Aortenulkus
Nach erfolgreicher Implantation eines transapikalen Stents zeigt sich an der distalen
Landezone ein persistierendes Typ-I-Endoleak, sodass hier ein weiterer Stent implantiert
wird. Die Aorta ascendens ist jedoch stark verkalkt, weshalb dieser Therapieversuch
misslingt. Weil das Endoleak weiter besteht, wird der Eingriff als offene Operation
fortgesetzt (bei extensiv verkalkter Aorta im Kreislaufstillstand). Die Aorta ascendens
wird bis in Höhe des Truncus brachiocephalicus reseziert und ersetzt (Abb. [2]) [6].
Endo-Wheat-Intervention bei Typ-A-Dissektion
Bei einem 82-jährigen Patienten mit Typ-A-Dissektion besteht ein sehr hohes Operationsrisiko,
sodass man sich in der interdisziplinären Besprechung für ein interventionelles Vorgehen
entscheidet. Bei dem Eingriff wird eine selbstexpandierende Aortenklappenprothese
bei verkalkter Aortenklappenstenose implantiert. Unabdingbare Voraussetzung dafür
ist der erhaltene sinutubuläre Übergang, der als Landezone für die selbstexpandierende
Klappe dient. Das Implantat wiederum dient als proximale Landezone für die Stentprothese,
die im Anschluss an die Implantation im Bereich der Aorta ascendens gesetzt wird (Abb. [3]). Dieser Fall zeigt die Machbarkeit einer sog. „Endo-Wheat-Intervention“ [9].
Abb. 2 Explantierte Aorta ascendens mit den 2 implantierten Stents. Der Eingang des Endoleaks
ist sondiert. Ursache ist die sehr stark verkalkte Aortenwand, die verhindert hat,
dass sich die Stents an die Wand anlegen konnten [6].
Abb. 3 Typ-A-Dissektion. a CT-gesicherte Typ-A-Dissektion vor der Intervention. b, c Ergebnis noch während des Krankenhausaufenthalts (b) und nach 6 Monaten (c). Das kleine Endoleak Typ I ist weiterhin vorhanden, aber in stabilen Verhältnissen
[9].
Aortenbogen
Die pathologischen Veränderungen des Aortenbogens sind für den Herz- und Gefäßchirurgen
aufgrund ihrer engen Lagebeziehung zu den supraaortalen Gefäßen eine besondere Herausforderung.
Operationsverfahren. Die Eingriffe erfordern eine interdisziplinäre Planung und können teilweise von 2 – 3
unterschiedlichen Fachdisziplinen gleichzeitig bewerkstelligt werden (Tab. [2]). Für die Durchführung dieser sehr komplexen Operationen ist ein Hybrid-Operationssaal
unabdingbar.
Tabelle 2
Therapieoptionen bei Erkrankungen des Aortenbogens.
Betroffener Abschnitt
|
Therapie
|
Bestandteile der OP
|
AB I/II/III
|
konventioneller Bogenersatz [10]
[11]
|
Ersatz des Aortenbogens mit Transposition der supraaortalen Gefäße („Elephant Trunc
Operation“, ggf. „Frozen Elefant Trunc Technique“ – Debranching + Bogenersatz + Implantation
Stentprothese)
|
komplettes Debranching [12]
[13]
[14]
|
Transposition der linken A. subclavia auf die Aorta ascendens, seitliche Insertion
von A. carotis communis dextra und Truncus brachiocephalicus + Implantation Stentprothese
|
AB II – III
|
inkomplettes Debranching [13]
[14]
|
Transposition der linken A. subclavia auf die Aorta ascendens, seitliche Insertion
von A. carotis communis dextra + Implantation Stentprothese
|
AB III
|
inkomplettes Debranching [13]
[14]
|
Transposition der linken A. subclavia auf die Aorta ascendens + Implantation Stentprothese
|
AB = Aortenbogen; AB I = Truncus brachiocephalicus; AB II = A. carotis communis sinistra,
AB III = A. subclavia sinistra
Grundsätzlich stehen 3 unterschiedliche therapeutische Ansätze zur Verfügung:
Bei den pathologischen Veränderungen des Aortenbogens haben sich im Gegensatz zu den
Interventionsmöglichkeiten an der Aorta ascendens schon deutlich mehr „hybride“ Therapieformen
etabliert. Diese bestehen in der chirurgischen Vorbereitung, d. h. Schaffung einer
entsprechenden Landezone für eine Stentprothese (Debranching). Beim Debranching gibt
es das inkomplette/partielle oder das komplette Verfahren. Im Anschluss erfolgt die
endovaskuläre (transfemoral) oder die direkte aortale Implantation (Abb. [4]) der Stentprothese [14].
Abb. 4 Intraoperativer Situs im Kreislaufstillstand mit direkt antegrad implantierter Stentprothese.
Aorta ascendens und Aortenbogen sind reseziert. Die A. subclavia links ist mit einer
Prothese verlängert. Truncus brachiocephalicus und A. carotis communis sinistra sind
zur Insel-Re-Insertion vorbereitet.
Für die Eingriffe am Aortenbogen sind die hybriden Ansätze schon in der klinischen
Routine etabliert. Die beteiligten Fachdisziplinen ergänzen sich in ihren therapeutischen
Ansätzen.
Zugangswege. Alle Eingriffe können sicher über die mediane Sternotomie versorgt werden und sollten
die Erhaltung der antegraden Durchblutung des linken Arms anstreben. Alternativ steht
die partielle Sternotomie mit/ohne zusätzliche Hautinzisionen zur Verfügung.
Debranching. Für die sog. Debranching-Verfahren gibt es viele unterschiedliche Verfahren. Gemeinsames
Ziel ist es letztlich, adäquate Landezonen für die Stentprothesen im Bogenbereich
zu schaffen. Die linke A. subclavia ist gut kollateralisiert und verursacht selten
eine Claudicatio (< 5 %), sodass es nicht zwingend erforderlich ist, die A. subclavia
sinistra zu erhalten.
Entlastung. Oft sind die für den Aortenbogen beschriebenen Veränderungen nicht nur auf den Bogen
begrenzt, sondern betreffen die gesamte Aorta. Ein seitliches Ausklemmen ohne Entlastung
kann so zu einem erhöhten Operationsrisiko führen. Herz- und Lungenmaschine sowie
die antegrade Kopfperfusion in moderater Hypothermie bieten daher eine Sicherheit,
die sich vor allem in der Neuroprotektion und in der Protektion des Rückenmarks darstellt.
Darüber hinaus sind damit jegliche Eingriffe im Bereich der Aorta (AA I, AB II, AD III)
reproduzierbar und kontrolliert durchführbar. Es ist beim kompletten Debranching und
bei angeborenen Fehlbildungen der thorakalen Aorta ist ein hybrides Vorgehen mit Sternotomie
und Herz-Lungen-Maschine zu empfehlen.
Aorta descendens
Operationsverfahren. Ein großer Anteil der Veränderungen an der Aorta descendens betreffen ihren proximalen
Abschnitt. Für diesen Bereich der thorakalen Aorta wurde das therapeutische Vorgehen
(Tab. [3]) in einem Expertenkonsensus von 2008 zusammengefasst [15].
Tabelle 3
Unterschiedliche Therapieoptionen bei Erkrankungen der Aorta descendens (AD).
Betroffener Abschnitt
|
Therapie
|
Bestandteile der OP
|
AD
|
endovaskuläre Stentimplantation
|
transfemorale/transapikale Stentimplantation mit/ohne partielles Debranching
|
Endoleaks. Obwohl dieses Vorgehen schon weitgehend standardisiert wurde und die endovaskuläre
Stentimplantation bereits Bestandteil dieses Vorgehens ist, finden sich dennoch ungelöste
Probleme. Dazu gehört z. B. der distale Aortenbogen (AB III), in dem sich gehäuft
Typ-Ia/IIs-Lecks (Tab. [4]) der implantierten Stentprothese finden. Aufgrund der anatomischen Vorgaben des
distalen Bogens liegen die Stents oft nicht direkt an und lassen das „Bird-Beak“-Phänomen
entstehen [16].
Tabelle 4
Endoleak-Typen [15].
Endoleak-Typ
|
Beschreibung
|
I
|
Endoleak an der proximalen und/oder distalen Befestigungszone
|
|
Endoleak an der proximalen Landungszone
|
|
Endoleak an der distalen Landungszone
|
II
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Endoleak durch retrograden Blutfluss aus abgedeckten Seitenästen
|
|
Endoleak der A. subclavia sinistra
|
|
Endoleak einer bronchialen oder Interkostalarterie
|
III
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Endoleak durch Defekt des Endografts, z. B. durch defekte Verbindungen zwischen Graftbestandteilen
oder durch defektes Graftmaterial
|
IV
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Endoleak durch Porosität des Endografts
|
V
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Vergrößerung des Aneurysmas ohne erkennbare Ursache des Endoleaks (Endotension)
|
Trotz der stetig weiterentwickelten thorakalen Stents ist bei der Anwendung im Bereich
des distalen Aortenbogens und der proximalen Aorta descendens die Entstehung von Endoleaks
(Typ Ia/IIs) noch nicht beherrscht. Die Endoleaks sind dabei entweder im Bereich der
großen/kranialen oder kleinen/ventralen Kurvatur des Bogenausgangs zu finden. Ein
maßgeblicher Fakt ist die fehlende Landezone, sodass die Implantate unmittelbar nach
oder auf Höhe des Abgangs der A. subclavia sinistra (große Kurvatur) und der Mitte
des Aortenbogens (kleine Kurvatur) zur Landung kommen (Bird-Beak-Formation). Dieses
so umschriebene Phänomen Bird-Beak ist maßgeblich ein prognostischer Faktor für das
Auftreten von Typ-Ia/IIs-Leaks: Eine Bird-Beak-Formation geht mit einer Inzidenz an
Typ-I-Leaks von bis zu 40 % einher. Das Problem entsteht dadurch, dass der Stent zu
steif ist und sich dem Bogen nicht anpassen kann. Somit ist der Anpressdruck in der
großen/kranialen Kurvatur zu groß und in der kleinen/ventralen Kurvatur zu niedrig.
Dementsprechend sind die klassischen Typ-Ia-Leaks ventral und die Abscherungen kranial
im Bereich der Subklaviaabgänge lokalisiert (Abb. [5]).
Abb. 5 Endoleak-Typen Ia und IIs. Je nach anatomischem Aufbau des Bogens (gotischer Verlauf)
können diese Komplikationen gehäuft beobachtet werden. a Endoleak-Typ Ia im OP-Situs. Der Anteil des proximalen Stents (kleine Kurvatur) ist
nicht endothelialisiert, sodass hier oft erst eine Reoperation die Lösung ist. b Endoleak-Typ-IIs. Der Abgang der A. subclavia ist abgeschert.
Zugangswege. Als standardisierter Zugangsweg für die thorakale Stentimplantation dienen die Leistengefäße.
Doch sind diese z. T. bei sehr schwerer atherosklerotischer Veränderung verwehrt,
sodass als Alternative der Zugang über den Apex des Herzens genutzt werden muss. Über
diesen Zugang sind auch Pathologien bis in Höhe der mittleren Aorta descendens zu
erreichen. In einem speziellen Fall eines penetrierenden Aortenulkus ist dieser transapikale
Zugang für die Implantation einer Stentprothese gewählt worden [16].
Für die Therapie von Erkrankungen im Bereich der Aorta descendens sind die endovaskulären
Verfahren als Therapiemethode erster Wahl zu sehen.
Fazit
Die konventionelle Chirurgie ist bei Erkrankungen im Bereich der Aorta ascendens (mit
und ohne Aortenklappe) und des Aortenbogens die Methode der Wahl. Im Bereich der Aorta
descendens sind die Therapieverfahren weitgehend durch die endovaskulären Stentimplantationen
abgedeckt.
Mit der Etablierung standardisierter Operationstechniken wurde das Risiko von Eingriffen
im Bereich der thorakalen Aorta deutlich reduziert. Derzeit werden die Operationen
im Kreislaufstillstand mit einer adäquaten Neuroprotektion (antegrade Kopfperfusion)
in moderater Hypothermie (28 – 32 °C) sicher durchgeführt. Mortalität und neurologische
Komplikationen sind nach elektiver Aortenbogenchirurgie auf unter 5 % gesenkt worden
(vs. 14 % im Rahmen chirurgischer Notfalloperationen). Mit der Einführung der endovaskulären
Therapieverfahren sind zudem Operationen am Aortenbogen auch ohne die Verwendung der
Herz- und Lungenmaschine möglich. Insgesamt ist die chirurgische/endovaskuläre Therapie
der thorakalen Aorta eine komplexe Thematik, die in ständiger Entwicklung begriffen
ist.
Ausblick
Zukünftig sind weitere interventionelle Verfahren in der Therapie der thorakalen Aorta
zu erwarten. Auch die Auswahl des Zugangswegs steht hier im Vordergrund. So zeigt
die Arbeitsgruppe in Dresden den transapikalen Zugang als Alternative zum transfemoralen
Zugang, um einen thorakalen Stent zu implantieren [16]. Weiterführende Ansätze sind Überlegungen, diesen Zugang bei der Typ-A-Dissektion
zu nutzen. Im speziellen Fall der Typ-A-Dissektion ist der transapikale Zugang immer
mit einer Kanülierung des wahren Lumens verbunden und bietet somit optimale Voraussetzungen
für die Therapie. Praktisch ist schon heute ein Herzklappenersatz und ein Ersatz der
Aorta ascendens katheterbasiert möglich [9].
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Die thorakale Aorta mit ihren Veränderungen und speziellen Erkrankungen ist nicht
nur für den Herz- und Gefäßchirurgen eine therapeutische Herausforderung, sondern
greift über in weitere Fachgebiete wie die Radiologie und die Angiologie.
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Grundsätzlich stehen 3 therapeutische Optionen im klinischen Alltag zur Verfügung,
insbesondere für den Aortenbogen mit seinen supraaortalen Gefäßen: die konventionellen,
die hybriden und die rein endovaskulären Verfahren.
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Die konventionelle Chirurgie ist die Methode der Wahl bei Erkrankungen der Aorta ascendens
(mit und ohne Aortenklappe) und des Aortenbogens. Im Bereich der Aorta descendens
werden vor allem endovaskuläre Stentimplantationen eingesetzt.
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Für jeden Patienten muss ein maßgeschneidertes therapeutisches Konzept erarbeitet
werden. Maßgeblich für den Erfolg der eigentlichen operativen/interventionellen Therapieform
ist die korrekte Indikationsstellung.
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Die noch sehr neuen Therapiestrategien sollten als ergänzende und nicht als konkurrierende
Therapieoptionen bei Erkrankungen der thorakalen Aorta angesehen werden.