Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2015; 50(6): 392-399
DOI: 10.1055/s-0041-100780
Fachwissen
Notfallmedizin
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Netzwerk Rechts- und Notfallmedizin – Retrospektive Evaluation präklinischer Notfallmaßnahmen[*]

Cooperation between emergency and forensic medicine – retrospective evaluation of pre-hospital emergency measures
Claas T Buschmann
1   Beide Autoren haben zu gleichen Teilen zum Manuskript beigetragen und teilen sich die Erstautorenschaft.
,
Christian Kleber
1   Beide Autoren haben zu gleichen Teilen zum Manuskript beigetragen und teilen sich die Erstautorenschaft.
,
Michael Tsokos
,
Klaus Püschel
,
Thorsten Hess
,
Thoralf Kerner
,
Markus Stuhr
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
06. Juli 2015 (online)

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Zusammenfassung

Die notfallmedizinische Forschung unterliegt besonderen Bedingungen. Notfallpatienten werden z. B. als einwilligungsunfähig angesehen. Notfallmedizinische Daten können demzufolge seltener erhoben werden als solche aus kontrollierten klinischen Studien. Nach notfallmedizinischer BehandlungVerstorbene werden dagegen nicht selten in rechtsmedizinischen Instituten untersucht. Eine Kooperation zwischen Trägern von Notfall- und Rechtsmedizin weist dabei nicht nur notfallmedizinisches Fortbildungspotenzial auf, sondern auch die Möglichkeit der retrospektiven Evaluation präklinischer Notfallmaßnahmen – sowohl im Einzelfall als auch unter epidemiologischen Gesichtspunkten. Aktuell sind derartige Kooperationen, z. B. zwischen dem Institut für Rechtsmedizin und dem Centrum für Muskuloskeletale Chirurgie an der Charité– Universitätsmedizin Berlin oder zwischen dem Institut für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und der Berufsfeuerwehr Hamburg, in Deutschland noch eine Ausnahme.

Abstract

Emergency medical research is subject to special conditions. Emergency patients e.g. are generally considered to be non-capable of giving consent. This results in sparse emergency medical data when compared to clinical observation studies under controlled conditions. After emergency medical treatment, deceased patients are not rarely subject to forensic investigation. The cooperation between emergency and forensic medicine has not only emergency medical training potential in individual cases, but also scientific innovation potential especially with respect to the retrospective evaluation of pre-hospital emergency measures. Such partnerships (like in Berlin at the Charité – Universitätsmedizin Berlin between the Institute of Legal Medicine and the Center for Musculoskeletal Surgery or in Hamburg between the Institute for Legal Medicine at the University Hospital and the Municipal Fire Brigade with the Emergency Medical Service) are yet exceptional in Germany.

Kernaussagen

  • Als Perspektive in der notfallmedizinischen Forschung werden Studiennetzwerke künftig an Bedeutung gewinnen.

  • Rechts- und Notfallmedizin weisen mehr Berührungspunkte auf, als auf den ersten Blick erkennbar ist.

  • Der Goldstandard der notfallmedizinischen Qualitätskontrolle im Todesfall ist eine Obduktion.

  • Nach frustraner Reanimation müssen notfallmedizinische Materialien am / im Leichnam belassen werden, v. a. bei ungewisser bzw. nicht natürlicher Todesart. Die sorgfältige Dokumentation der durchgeführten Notfallmaßnahmen ist obligat.

  • Interdisziplinäre Fallkonferenzen können im Einzelfall durchgeführt werden.

  • Die interdisziplinäre Kooperation von Rechts- und Notfallmedizin ermöglicht die Erhebung epidemiologisch relevanter Daten mit entsprechenden klinischen Implikationen.

  • Die Übergänge zwischen einer Reanimation aus innerer Ursache und einer Reanimation aus traumatischer Ursache sind fließend.

  • Die Invasivität in der Reanimationssituation nach Trauma ist aktuell nicht ausreichend.

  • Reanimationsverletzungen sind häufig nicht zu vermeiden, differenzialdiagnostisch aber relevant.

  • Das Unterlassen indizierter invasiver Notfallmaßnahmen kann im Rahmen einer (Trauma-)Reanimation gelegentlich beobachtet werden.

* Der Beitrag enthält Elemente der Habilitationsschrift von Claas T. Buschmann.


Ergänzendes Material