Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S145
DOI: 10.1055/s-0040-1717501
Poster
DKOU20-688 Schwerpunktthemen>3. Best Ager Plus – neue Herausforderungen für O&U

Das Alter als Prädiktor der Mortalität in der septischen Unfallchirurgie

M Elke
*   = präsentierender Autor
1   Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen, Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Siegfried Weller Forschungsinstitut, Tübingen
,
W Vera
2   Eberhard Karls Universität Tübingen, BG Unfallklinik Tübingen, Siegfried Weller Forschungsinstitut, Tübingen
,
I Christoph
2   Eberhard Karls Universität Tübingen, BG Unfallklinik Tübingen, Siegfried Weller Forschungsinstitut, Tübingen
,
Anna J Schreiner
2   Eberhard Karls Universität Tübingen, BG Unfallklinik Tübingen, Siegfried Weller Forschungsinstitut, Tübingen
,
Marie K Reumann
2   Eberhard Karls Universität Tübingen, BG Unfallklinik Tübingen, Siegfried Weller Forschungsinstitut, Tübingen
,
F Ingo
3   BG Unfallklinik Tübingen, Leiter der Abteilung für Septische Unfallchirurgie, Tübingen
,
N Andreas
2   Eberhard Karls Universität Tübingen, BG Unfallklinik Tübingen, Siegfried Weller Forschungsinstitut, Tübingen
› Institutsangaben
 

Fragestellung Seit 1840 verzeichnen wir einen Anstieg der Lebenserwartung der Normalbevölkerung Deutschlands um ca. 3 Monate/Jahr. Dies bildet sich in der Unfallchirurgie durch einen Anstieg des durchschnittlichen Alters von 37,6 Jahren (J) (1998) auf 48,7J (2013) ab. Ältere Patienten (Pat) sind aufgrund ihrer reduzierten physiologischen Reserve häufig anfällig für postoperative Komplikationen und Infektionen. Die Datenlage hinsichtlich des Einflusses des Alters auf die Mortalität in der septischen Unfallchirurgie (SUC) ist dünn. Ziel dieser Studie war es, die Altersentwicklung in der SUC, sowie den Einfluss des Alters auf die Mortalität über einen poststationären Zeitraum von 3J zu analysieren.

Methodik In einer prospektiven Studie wurden 2014/15 345 Pat der SUC anhand eines standardisierten Fragebogens zur Mobilität und Morbidität befragt. 2016/17 wurde eine telefonische Nachbefragung mittels speziell an die SUC angepassten Fragebogens durchgeführt. 274 (79.4 %) Pat wurden telefonisch erreicht, 36/274 (10.4 %) Pat hatten eine erneute Teilnahme abgelehnt. 20/274 (7.3 %) Pat waren während des Nachuntersuchungszeitraums von 3J verstorben.

Ergebnisse und Schlussfolgerung Die Patientenzahl der SUC unseres Level I Traumazentrums nahm um 55.1 % (2009: n=541; 2018: n=839) zu. Der Anteil der über 50-jährigen stieg von 61.9 % (2009) auf 65.9 % (2018) an. Das Krankheitsspektrum umfasste Implantat-assoziierte Infektionen (26.2 %), schwere Weichteilinfektionen (21.5 %), Osteomyelitiden (14.2 %), sonstige Infektionen (20.9 %) und sonstige Erkrankungen (17.2 %).

Mit 50J betrug die Sterbewahrscheinlichkeit in der SUC 0.02 % und entsprach der der Normalbevölkerung (Männer: 0.003 %/Frauen 0.002 %). Ab dem 60. Lebensjahr betrug sie in unserem Kollektiv 0.038 % und war damit fast 4mal so hoch wie in der männlichen und 7mal so groß wie in der weiblichen Normalbevölkerung. Ein sprungartiger Anstieg der Sterbewahrscheinlichkeit in unserer Kohorte war zwischen dem 60ten und 70ten (0.038 % auf 0.14 %) Lebensjahr, und zwischen dem 70ten und 80ten (0.14 % auf 0.36 %) Lebensjahr zu sehen. Die errechnete Sterbewahrscheinlichkeit eines 60-jährigen septisch-unfallchirurgischen Pat wäre mit der eines 80-jähigen (Männer: 0.058 %/Frauen 0.038) aus der Normalbevölkerung vergleichbar, die eines 70-jährigen septisch-unfallchirurgischen Pat mit der eines 90-jährigen der Normalbevölkerung (Männer: 0.18 %/Frauen 0.15 %). Wir konnten zeigen, dass das Alter, vor allem ab dem 60. Lebensjahr, einen gravierenden Einfluss auf die Mortalität in der septischen Unfallchirurgie hat. In Deutschland wird ein 60-jähriger Pat als erwerbsfähig angesehen. Eine Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67J oder 69J (2070) wird diskutiert. Dies sehen wir bei Patienten mit septischen Komplikationen als kritisch an, da ihre Lebenserwartung mit der eines 80-jährigen der Normalbevölkerung einhergeht. Wir empfehlen dies, bei der Begutachtung dieser Pat zu berücksichtigen.

Stichwörter Septische Unfallchirurgie, Alter, Mortalität



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
15. Oktober 2020

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