Suchttherapie 2019; 20(S 01)
DOI: 10.1055/s-0039-1696200
Symposien
S31 Cannabis – (k)ein unbeschriebenes Blatt? – Erfahrungen mit der Substanz in der Suchtbehandlung von Jugendlichen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Cannabis und ADHS

M Noack
LWL Universitätsklinik Hamm Kinder- und Jugendpsychiatrie
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Publication Date:
03 September 2019 (online)

 
 

    Einleitung Der Substanz Cannabis und dem Störungsbild ADHS werden in der Literatur eine „schwierige Beziehung“ attestiert. In Querschnitt- wie in Längsschnittuntersuchungen finden sich bei Betroffenen mit ADHS Faktoren wie Impulsivität, inneres Unruheverhalten, Risikobereitschaft sowie Konsum und Missbrauch von psychotropen Substanzen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutlich erhöht.

    Cannabis wird nach Alkohol und Nikotin auch von ADHS-Betroffenen am häufigsten konsumiert. Spannungsreduktion und Stimmungsstabilisierung gehören zu den stärksten Wirkungserwartungen, aus medizinischer Sicht wird der Einsatz häufig auch im Sinne einer Selbstmedikation interpretiert.

    Methode Im Beitrag werden Zusammenhänge zwischen dem Konsum von Cannabis, Erfahrungen aus der klinischen Therapie von ADHS – wie auch jugendlichen Suchtpatienten mit dem aktuellen Stand der Forschung in Verbindung gebracht, Diagnostik und Behandlungsansätze vorgestellt.

    Ergebnis Die Diagnostik eines ADHS im Jugend- und Erwachsenenalter sollte mögliche Substanzgebrauchsstörungen in Betracht ziehen. Zugleich finden sich insbesondere bei männlichen jugendlichen Suchtpatienten neben anderen Komorbiditäten hohe Raten von ADHS. Die Entwicklung einer Cannabis-Konsumstörung wird durch Temperamentseigenschaften, Fehlen von Schutzfaktoren sowie durch psychosoziale Belastungen verstärkt. ADHS-Symptome haben starke Auswirkungen auf Konsumveränderungsmotivation und Behandlungs-Adhärenz in der Suchttherapie. Andererseits regt die durch Cannabiskonsum induzierte Sedierung bereits erste medizinische Behandlungsversuche von Patienten mit ADHS in kontrollierten Studien an.

    Diskussion Risikokonstellationen zwischen Cannabis-Konsumstörungen und ADHS sollen betrachtet und die Behandlung beider Störungsbilder diskutiert werden. Neben der Frage des Umgangs mit Cannabis bei ADHS-Patienten stellt sich ebenfalls die Frage, ab wann Patienten mit einer substanzgebundenen Suchtstörung im Rahmen eines Behandlungsregimes auch eine indizierte medikamentöse Therapie erhalten und wie sich der Umgang mit den ansonsten in der ADHS-Behandlung hoch wirksamen Stimulanzien gestalten sollte.