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DOI: 10.1055/s-0039-1696003
Vaginalatresie: Eine seltene Diagnose – eine schwierige Diagnosefindung – ein Fallbericht
Publication History
Publication Date:
28 August 2019 (online)
Fragestellung:
Eine 38-jährige IIG/IIP stellte sich bei unklarer abdominaler Raumforderung ihres weiblichen Feten in unserer DEGUM-II-Sprechstunde vor. Bei der fetalen Sonografie wurde neben einer Hydronephrose der V.a. eine Ovarialzyste gestellt und die Patientin der Kinderchirurgie, sowie -urologie vorgestellt.
Material und Methode:
Nach zweiwöchentlichen Sonokontrollen zeigte sich keine Größenzunahme der intraabdominalen Raumforderung. Das Mädchen wurde mit 39+0 SSW als reifes Neugeborenes bei vorzeitigem Blasensprung und pathologischem CTG per sekundärer Re-Sectio geboren (3970 g, 54 cm L., 35,5 cm KU; Apgar 9/9/10, NA-pH 7,32, BE -1,5). Sonografisch bestätigte sich postpartal die pränatal intrauterin diagnostizierte Raumforderung. Klinisch fiel neben einer Hexadaktylie (anhängender Zeh) am linken Fuß, sowie an beiden Händen, vor allem ein fehlender Introitus vaginae bei orthotopem Meatus urethrae und Anus auf.
Ergebnisse:
Nachdem radiologisch (MRT, Zystogramm) und endoskopisch ein Sinus urogenitalis, eine kloakale Malformation oder andere Fehlbildungen des weiblichen Genitale ausgeschlossen wurden, erfolgte am zweiten postpartalen Tag die Entlastung der Vagina über eine kleine ventrale Kolpotomie und Eröffnung des Introitus über eine Inzision und Marsupialisation (modifiz. Raffensberger-Op). Der frühe Eingriff war aufgrund der Ausdehnung der Vagina bis in den subepigastrischen Raum, die Kompression der Blase und Harnleiter sowie der beginnenden Durchblutungsstörungen an den Beinen erforderlich. Aufgrund einer Re-Stenosierung des Vaginaleingangs, bedurfte es schließlich im 3. Lebensmonat einer vaginalen Eingangsplastik nach Fortunoff.
Schlussfolgerung:
Die isolierte Vaginalatresie ist eine sehr seltene Kanalisationsstörung der Müller-Gänge. Wesentlich häufiger ist sie Teil komplexer Fehlbildungen des Urogenital- und Analtraktes. Vor einer Operation muss stets die anatomische Situation sorgfältig geklärt werden (z.A. Sinus urogenitalis, kloakale Malformation oder ein Rokitansky-Küster-Mayer-Syndrom). Die klinische Untersuchung des äußeren Genitales ist entscheidend und bestimmt die weitere bildgebende und endoskopische Diagnostik. Eine Vaginalatresie in Kombination mit Hexadaktylie kann Hinweis auf ein McKusick-Kaufmann-Syndrom (autosomal rezessiv, MKKS-Gen 20p12) oder ein Bardet-Biedl-Syndrom (MKKS-BBS6-Gen) sein. In unserem Fall sind die genetischen Untersuchungen dazu derzeit noch nicht abgeschlossen.