Einleitung:
Befunde zeigen ein höheres Adipositas-Risiko für Kinder aus Familien mit geringem
Sozialstatus oder Migrationshintergrund. Die pädiatrische Beratung bietet großes Potential
für die Gesundheitsförderung und Adipositasprävention von Kindern aus Risikogruppen.
Mit dem neuen Präventionsgesetz eröffnet sich die Möglichkeit, den/die Pädiater*in
als „Mediator“ einer gesundheitsförderlichen Lebensweise von Kindern zu stärken. Daher
wurden die spezifischen Beratungsbedarfe aus Sicht beider Akteure untersucht.
Methode:
Ein qualitativer Mixed-Methods-Ansatz wurde angewandt. Hierfür wurden a) N = 18 Experteninterviews
mit Pädiater*innen und b) N = 19 teil-narrative Interviews mit Eltern aus Risikogruppen
durchgeführt. Das Datenmaterial wurde mittels der Dokumentarischen Methode (Bohnsack)
ausgewertet und im Sinne der Datentriangulation (Flick) verknüpft.
Ergebnisse:
Die bestehende Adhärenz-Problematik zwischen Patient*innen und Pädiater*innen trägt
zu einem Spannungsverhältnis bei: Einerseits kollidieren die Erwartungen an eine/n
gute/n Pädiater*in mit der Realität. Beispielsweise wurde der Bedarf an einem/r fürsorglichen
Pädiater*in ersichtlich, welche/r auch in erzieherischen Fragen unterstützt. Dieser
wird durch unter Zeitdruck empfohlene, eindimensionale und lebensweltferne Behandlungspläne
konterkariert. Andererseits werden die Ansprüche der Pädiater*innen an die Eltern
enttäuscht, wenn wiederholt ungünstige erzieherische Handlungsmuster und geringe Veränderungsbereitschaft
wahrgenommen werden. Diese überhöhten resp. unerfüllten Erwartungen verschärfen die
Adhärenz-Problematik.
Diskussion:
Als zentraler Kern dieser Adhärenz-Problematik offenbarte sich ein fehlender konjunktiver
Erfahrungsraum: die Beziehung zwischen Pädiater*in und Patient*in ist durch strukturelle
Machtdivergenzen sowie sozialräumliche Lebensweltferne charakterisiert. Wie können
diese Perspektiv- und Lebensweltdivergenzen überbrückt werden? Die Förderung einer
patientenzentrierten, entsprechend der Narrative Based Medicine ausgestalteten Arzt-Patient-Beziehung kristallisierte sich als Lösungsansatz heraus.
Zur Umsetzung bedarf es beratungsunterstützender, lebensweltnaher Tools. Die Implikationen
eines solchen Ansatzes und die Voraussetzungen für dessen Integration in den Praxis-Alltag
werden im Rahmen des Beitrags diskutiert.