Führendes Symptom der Methämoglobinämien ist die Zyanose, welche bei einer Methämoglobinkonzentration
von mehr als 10% des Gesamthämoglobins oder 1,5 g/dl entsteht. Der beeinträchtigte
Sauerstofftransport führt bei höheren Konzentrationen zu neurologischen und kardiozirkulatorischen
Symptomen (Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen, Tachykardie, Dyspnoe und Vigilanzstörungen),
im Extremfall sogar zum Tod. Pathophysiologisch lassen sich erworbene toxische Methämoglobinämien
von angeborenen Formen durch Hämoglobine mit erhöhter Spontanoxidation, anomalem Hämoglobin
M oder einem Defekt im reduzierenden Enzymsystem der Erythrozyten unterscheiden.
Bei den Hämoglobinen mit erhöhter Spontanoxidation bestehen Überschneidungen mit instabilen
Hämoglobinvarianten oder Varianten mit gestörter Sauerstoffaffinität. Bei den M-Hämoglobinen
können die α-, β- oder γ-Globinketten betroffen sein. Während bei α-Methämoglobinen
(M-Iwate, M-Boston) schon Neugeborene Symptome einer Zyanose zeigen, manifestieren
sich β-Methämoglobine (M-Saskatoon, M-Milwaukee, M-Hyde Park) erst allmählich im Säuglingsalter.
Fetale Methämoglobinämien (HbFM-Osaka oder HbFM-Fort Ripley) sind durch eine fetale
und neonatale Zyanose bis zum frühen Säuglingsalter gekennzeichnet. Bei der ebenfalls
seltenen autosomal-rezessiven enzymopenischen Methämoglobinämie, die entsprechend
ihrer Pathophysiologie in 4 Typen klassifiziert werden kann, besteht eine quantitative
oder qualitative Störung der Cytochrom-b5-Reduktase oder von Cytochrom b5. Die toxische,
meist transiente Form der Methämoglobinämie wird durch oxidierende Substanzen oder
Medikamente (Nitrate, Nitrit, Nitroverbindungen, Lokalanästhetika, Chloroquin, Dapson,
Sulfonamide, Phenacetin) verursacht oder ist Begleitphänomen einer Kuhmilchproteinintoleranz.
Neben Grundlagen der Pathophysiologie und -biochemie werden die klinische Präsentation
sowie die differenziellen diagnostischen und therapeutischen Optionen der einzelnen
Entitäten im klinischen Alltag diskutiert.