Hintergrund:
In Folge der Hitzewelle 2003 wurden in Deutschland ein Hitzewarnsystem und Hitzeaktionspläne
etabliert. Die Prävention hitzebedingter Morbidität ist auch eine Aufgabe des öffentlichen
Gesundheitswesens. Das Gesundheitsamt Frankfurt am Main analysiert seit 2003 die Auswirkungen
der Hitze auf die Sterblichkeit in der Bevölkerung. Seit 2014 besteht in Frankfurt/Main
darüber hinaus die Möglichkeit, auch die Krankenhauseinweisungen per Rettungsdiensteinsatz
im Hinblick auf hitzeassoziierte Erkrankungen zu betrachten.
Methode:
Die Auswertung der (hitze-bedingten) Morbidität erfolgt mit dem Web-basierten IVENA
System (www.ivena.de), das minutenaktuell die Einweisungen per Rettungsdiensteinsatz
mit Diagnose, incl. weiterer Angaben wie Alter und Geschlecht erfasst und eine (mindestens)
tagesaktuelle Auswertung ermöglicht. Die Sterbefälle in Hessen werden wöchentlich
an das HLPUG übermittelt und können von dort von den Kommunen abgerufen werden. Aktuelle
meteorologische Daten können der Homepage des HLNUG entnommen und tagesaktuell ausgewertet
werden. Da einheitliche Definitionen z.B. für den Begriff „Hitzewelle“ fehlen, haben
wir Perioden von > 4 aufeinanderfolgende Hitzetage (> 32 °C) definiert (s. auch Steul
et al., 2018).
Ergebnisse:
In den Sommermonaten (Juni-August) 2014 – 2018 traten nach o.g. Definition in Frankfurt
am Main drei „Hitzewellen“ auf (1.-5.7.2015, 24.-28.08.2016 und 24.-28.07.2018). Im
Sommer 2018 kam es vom 24.07. bis zum 09.08.2018 zu einer Hitzeperiode von ungewöhnlicher
Intensität: an 13 (von 17) Tagen herrschten Maximaltemperaturen von über 32 °C („Hitzetage“),
in neun Nächten fielen die Temperaturen nicht unter 20 °C („Tropennächte“), lediglich
am 29.07.2018 wurden tags und nachts niedrigere Temperaturen gemessen (und dadurch
das Kriterium aufeinanderfolgende Hitzetage unterbrochen).
Bezogen auf die Zeiten außerhalb der Hitzewellen (2014 – 2018, je Juni-August) ergaben
sich für die drei Hitzewellen insgesamt (Hitzeperiode 2018 in Klammern) folgende Zunahmen
in der Sterblichkeit resp. den Krankenhauseinweisungen pro Tag: Mortalität +18% (21%),
Krankenhauseinweisung wegen Synkope + 74% (+45%), unklarem Fieber +56% (+129%), Hitzeerschöpfung
+867% (563%), Exsiccose +100% (+173%), hitzeassoziierten Erkrankungen insgesamt +100%
(+87%).
Diskussion:
Obwohl seit Jahren Hitzewarnungen ausgegeben werden und Hitzeaktionspläne implementiert
sind, ist weiterhin eine erhebliche Steigerung der Mortalität und Morbidität im Rahmen
von Hitzewellen und der Hitzeperiode 2018 erkennbar. Die Präventionsbemühungen müssen
also fortgeführt und intensiviert werden. Belastbare Mortalitätsdaten stehen methodisch
bedingt immer erst einige Wochen nach der Hitzewelle zur Verfügung. Demgegenüber ermöglicht
das IVENA-System eine mindestens tagesaktuelle Bewertung der Morbidität, sodass durchaus
schon innerhalb einer Hitzeperiode belastbare Daten vorliegen, die die Pressearbeit
und Kommunikation unterstützen können.