Gesundheitswesen 2019; 81(03): 245
DOI: 10.1055/s-0039-1679302
Vorträge
Fachausschuss Infektionsschutz
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Entwicklung einer aktiven Tuberkulose unter TB-Kontaktpersonen mit einem positiven IGRA, Hessen, 2008 – 2017

AM Hauri
1   Hessisches Landesprüfungs- und Untersuchungsamt im Gesundheitswesen, Infektionsepidemiologie, Dillenburg, Germany
,
G Bettge-Weller
2   HLPUG, Mikrobiologie, Dillenburg
,
HJ Westbrock
1   Hessisches Landesprüfungs- und Untersuchungsamt im Gesundheitswesen, Infektionsepidemiologie, Dillenburg, Germany
,
S Geis
3   Universitätsklinikum Marburg, Institut für Med. Mikrobiologie und Krankenhaushygiene, Marburg
,
U Götsch
4   Gesundheitsamt Frankurt, Infektionsschutz, Frankfurt
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
05 April 2019 (online)

 
 

    Hintergrund:

    Das Deutsche Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) empfiehlt Kontaktpersonen mit Nachweis einer latenten tuberkulösen Infektion (LTBI) eine Chemoprävention. Ziel dieser Studie war die Bestimmung der Progressionsrate zu einer behandlungsbedürftigen Tuberkulose unter IGRA-positiven Kontaktpersonen.

    Methoden:

    Wir analysierten Daten von Kontaktpersonen (KP), welche von Januar 2008 bis Dezember 2017 im Rahmen einer Umgebungsuntersuchung ein positives Ergebnis eines IGRA (Interferon-γ-Release-Assays) hatten. Wir erhoben Daten zu demographische Angaben der Indexpatienten und ihrer KP, Angaben zum Ort der Exposition und zu möglichen Risikofaktoren für die Entwicklung einer aktiven TB. An der Studie teilnehmende Gesundheitsämter übermittelten anonymisierte Daten zu IGRA-positiven KP, der Dauer der Überwachung und Art der Beendigung der Überwachung (Entwicklung einer aktiven TB, lost to follow-up, regulärer Abschluss). Wir berechneten die TB-Inzidenz als Anzahl neuer TB-Fälle pro 100 Personenjahre (PJ). Wir stratifizierten die KP in drei Gruppen auf Basis der IGRA-Laborwerte: 1. ≤1,0 IU/ml, 2. > 1,0 bis ≤8,0 IU/ml und 3. > 8,0 IU/ml.

    Ergebnisse:

    Von 10.057 getesteten Kontaktpersonen waren 1.477 (14,6%) IGRA-positiv. Von 1076 IGRA-positiven Kontaktpersonen mit (derzeit) verfügbaren Daten, entwickelten 34 (3,2%%) eine aktive TB, 121 (11,3%) Kontaktpersonen brachen die Überwachung ab. Bei 56 (5,2%) KP erfolgte aufgrund eines Umzugs aus dem Zuständigkeitsbereich des Gesundheitsamtes (40 KP), Versterbens (7 KP) oder anderer Gründe (9 KP) kein regulärer Abschluss der Überwachung bzw. liegen keine Daten vor.

    871 (81,0%) der 1076 IGRA-positiven KP mit verfügbaren Informationen nahmen keine präventive Chemotherapie ein. Hierunter entwickelten 30 KP eine aktive Tuberkulose für eine TB-Inzidenz von 2,23/100 PJ [95% Konfidenz-Intervall (KI): 1,36 – 3,44/100 PJ]. In der nach IGRA-Laborwert stratifizierten Analyse stiegt die Inzidenz von 0,96/100 PJ [95% KI: 0,12 – 3,46/100 PJ) in Gruppe 1 auf 1,5 TB-Fälle/100 PJ [95% KI: 0,55 – 3,28/100 PJ) in Gruppe 2 und 4,15 TB-Fälle/100 PJ [95% KI: 2,14 – 7,25/100 PJ) in Gruppe 3.

    Schlussfolgerung:

    Nur ein kleiner Anteil IGRA-positiver KP entwickelt während der Nachbeobachtungszeit eine aktive TB. Der Anteil IGRA-positiver KP, welche eine präventive Chemotherapie einnehmen, war gering. Die Ergebnisse legen nahe, dass durch eine Stratifizierung IGRA-positiver KP nach der Höhe des IGRA-Laborwertes KP mit einem höheren Risiko für die Entwicklung einer aktiven Tuberkulose identifiziert werden könnten.