Fragestellung:
Derzeit haben ca. 21% der Einwohner/-innen Deutschlands einen Migrationshintergrund
(MH). Eine australische Studie von Brown und Lumley 1998 zeigt, dass Migrantinnen
ihr Geburtserleben häufig negativer bewerten als Patientinnen ohne MH. In Deutschland
wurde bisher keine Studie zu dieser Thematik durchgeführt. Folgende Fragestellungen
wurden untersucht:
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Gibt es Unterschiede in der Zufriedenheit der peripartalen Versorgung zwischen Patientinnen
mit und ohne MH?
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Bestehen Unterschiede in der Nutzung des deutschen Gesundheitssystems?
Methodik:
Von Januar bis Mai 2017 wurde 742 Frauen auf der Wochenbettstation des Virchow-Klinikums
der Charité die Studienteilnahme angeboten. Eine adaptierte Version des international
validierten Migrant Friendly Maternity Care Questionnaire von Gagnon et al. 2014 wurde
in sechs verschiedenen Sprachen verwendet. Die vorherige Fallzahlschätzung auf Grundlage
der o.g. Studie ergab N = 360 Frauen.
Ergebnisse:
Es nahmen 184 Patientinnen ohne MH sowie 211 mit MH erster und 62 zweiter Generation
teil (Rücklaufquote 55,4%). Hinsichtlich der Primärfragestellung zeigt sich kein signifikanter
Unterschied zwischen den Gruppen. In der Nutzung des Gesundheitssystems bestehen Unterschiede:
Fast ein Viertel der Migrantinnen erster Generation kennt das System der Nachsorgehebamme
nicht (23% vs. 3% ohne MH). Es werden von Frauen mit MH im Schnitt weniger Betreuungsangebote
während der Schwangerschaft wahrgenommen:
Ohne MH 4,4; MH 1. Generation 3,6 (p = 0,000); 2. Generation 3,7 (p = 0,016).
Zusammenfassung:
Anders als in Australien zeigt sich für Berlin kein Einfluss des MH auf die subjektiv
erlebte Zufriedenheit mit der peripartalen Betreuung. Allerdings besteht ein Unterschied
in der Kenntnis über Angebote des Gesundheitssystems und des Nutzungsverhaltens. Es
ist zu diskutieren, ob diesbezüglich ein Interventionsbedarf besteht.