Einleitung:
Nach kritischen Lebensereignissen, wie einer Krebsdiagnose, ist es ein grundlegendes
Bedürfnis nach Erklärungen und Ursachen (kausalen Attributionen) zu suchen. Studien
zeigen einen starken Zusammenhang zwischen subjektiven Kausalattributionen von Krebspatienten
sowohl mit ihrem psychischen Wohlbefinden als auch mit dem Krankheitsstatus. Ziel
dieser Studie war die Identifizierung, Untersuchung und Zusammenfassung der Kausalattributionen
von Krebspatienten. Außerdem sollte der Zusammenhang von Kausalattributionen mit Bewältigungsstrategien
und Krankheitsstatus dargestellt werden.
Materialien & Methoden:
Eine systematische Literaturrecherche unter Verwendung von PsychINFO, PubMed und Web
of Science als Datenbanken wurde durchgeführt. Suchbegriffe waren „Krankheitswahrnehmung“
und „Krebs“. Die Einschlusskriterien waren ein Publikationsdatum nach 1997, die Untersuchung
der Kausalattributionen bei Krebspatienten, quantitative Methodik und englische Sprache.
Ergebnisse:
Die Literaturrecherche ergab 1096 Artikel, von denen 28 die Einschlusskriterien erfüllten.
Die meisten Erklärungen für die Entstehung von Krebs waren psychosozialer und biologischer
Natur. Psychosoziale Attributionen waren häufig mit dysfunktionalen Bewältigungsstrategien
und psychischem Stress verbunden. Unterschiede zwischen den Krebsarten wurden nicht
gefunden.
Diskussion:
Zwei Aspekte wurden deutlich:
-
Kausalattributionen haben einen großen Einfluss auf das Bewältigungsverhalten. Dieser
Zusammenhang kann durch die interne oder externe Zuschreibung der Kausalattributionen
sowie deren wahrgenommene Kontrollierbarkeit erklärt werden (locus of control theory;
Rotter, 1966). Neben biologischen werden vor allem psychosoziale Attributionen von
Krebspatienten angeführt, die meist internal begründet sind. Für eine adaptive Bewältigung
ist bei internalen psychosozialen Attributionen eine hohe wahrgenommene Kontrollierbarkeit
notwendig. Jedoch berichten die eingeschlossenen Studien hauptsächlich negative Assoziationen
mit psychosozialen Attributionen, was auf eine geringe wahrgenommene Kontrollierbarkeit
der Attributionen hindeutet.
-
Die Kausalattributionen der Krebspatienten unterscheiden sich von der gegenwärtigen
Expertenmeinung. Eine Erklärung könnte sein, dass Krebspatienten nicht ausschließlich
Informationen von Gesundheitsexperten beziehen, sondern auch auf der Grundlage von
individuellen Erfahrungen, emotionalen Reaktionen und körperlichen Symptomen eine
kognitive Krankheitsrepräsentation entwickeln (Common-Sense Modell; Leventhal, 1970).
Fazit:
Da Kausalattributionen mit dem Wohlbefinden und dysfunktionalen Bewältigungsstrategien
zusammenhängen, scheint es aus einer ärztlichen Perspektive sinnvoll, die Kausalattributionen
der Patienten zu erfassen. Die Diskussion und Modifikation von maladaptiven Attributen
kann möglicherweise das emotionale Wohlbefinden und die Therapieadhärenz der Patienten
erhöhen.